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Lymphödeme: Therapie erfordert viel Geduld

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Abb. 1 und 2: Mit diesem ausgedehnten Lymphödem kam die Patientin in die Klinik; Abb. 3 und 4: Zwei Monate intensiver Entstauungstherapie führten zu dieser deutlichen Verbesserung Abb. 1 und 2: Mit diesem ausgedehnten Lymphödem kam die Patientin in die Klinik; Abb. 3 und 4: Zwei Monate intensiver Entstauungstherapie führten zu dieser deutlichen Verbesserung © Lympho Opt Klinik für Lymphologie, Pommelsbrunn
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Die Behandlung von Lymphödemen erfordert viel Durchhaltevermögen – von Patient und Therapeut. Denn für einen anhaltenden Effekt müssen die Maßnahmen oft ein Leben lang weiterlaufen.

Lymphödeme können primär oder sekundär entstehen. Bei den sekundären Formen unterscheidet man zwischen benigne und maligne. Ursachen für primäre Ödeme sind Hypo- bzw. Hyperplasien des Lymphgefäßsystems oder eine Lymphknotenfibrose, erklärte Dr. Franz-Josef Schingale von der Lympho Opt Fachklinik in Pommelsbrunn. Kennzeichen der Erkrankung: Die Schwellung beginnt immer distal. Gutartige sekundäre Lymphödeme können durch Infektionen, Unfälle, benigne Tumoren, artifiziell oder iatrogen entstehen, maligne durch Primärtumoren, Rezidive oder Metastasen. 

Schwer fällt oft die Abgrenzung zum Lipödem. Im Unterschied zur lymphogenen Erkrankung hört hier das Ödem am Knöchel auf und das Stemmer-Zeichen ist negativ, d.h., die Haut am Vorfuß lässt sich abheben. Außerdem treten Lymphödeme oft asymmetrisch auf, Lipödeme dagegen symmetrisch. 

In 90 % der Fälle gelingt laut Dr. Schingale die Diagnose über Anamnese, Inspektion und Palpation. Zu den Basisuntersuchungen gehören dann die Messung von Hautfaltendicke, Volumen, BMI und des Verhältnisses von Taillenumfang zu Körpergröße sowie eine Bio-Impedanz-Analyse. Ergänzend können technische Hilfsmittel wie Sono, Lymphszintigraphie, CT, MRT oder Lymphographien (indirekt/mit Fluoreszenz) zum Einsatz kommen. 

Lymphödeme sind kein kosmetisches Problem, sondern chronische behandlungsbedürftige Krankheiten. Das Ziel lautet, die Schwellung zumindest in ein niedrigeres Stadium zu bringen, idealerweise verschwindet sie völlig. Als Standard gilt die komplexe physikalische Entstauungstherapie. Sie gliedert sich in Phase 1: Entstauung und Phase 2: Optimierung und Erhaltung des Ergebnisses. Beide Phasen enthalten dieselben Bausteine: manuelle Lymphdrainage, Hautpflege (pH-neutrale Seifen, fetthaltige Cremes), Übungen und Selbstmanagement. Dazu kommt die unverzichtbare Kompression (s. Kasten).

Warum Kompression hilft

Die Kompression hat zahlreiche Effekte. Sie vermindert die kapilläre Filtrationsrate sowie die Gefäßdilatation und verschiebt Flüssigkeit in nicht komprimierte Bereiche. Außerdem reduziert sie den lymphatischen und venösen Rückfluss, steigert die Lymphdrainage und bessert neben der Pumpfunktion den arterio-venösen Druckgradienten. Sie erfolgt in Phase 1 durch Bandagen, in Phase 2 durch Strümpfe nach Maß.

Eine intensive Atemtherapie bessert den Lymphfluss

In Phase 1 dienen die Maßnahmen dazu, vermehrt interstitielle Flüssigkeit zu mobilisieren, um die Homöostase im Gewebe zu normalisieren. Sie erfolgt in spezialisierten Einrichtungen. In Phase zwei, die ein Leben lang dauert, passt man die Komponenten an den Befund an und berücksichtigt zudem das Stadium des Ödems, Alter, Komorbiditäten sowie individuelle Lebensumstände des Patienten.  Unter die o.g. Rubrik „Übungen“ fallen entstauende Bewegungstherapien, um Muskel- und Gelenkpumpen zu aktivieren. Dazu eignen sich u.a. (Nordic-) Walking, Schwimmen, Radfahren, Wassergymnastik, medizinische Trainings oder moderates Krafttraining. Eine begleitende intensive Atemtherapie erhöht Lymph- und venösen Blutfluss.  Hautpflege, das Erlernen von Atemtechniken, Entstauungsgymnastik, Selbstbandage und die manuelle Lymphdrainage gehören zum Kapitel Selbstmanagement. Dafür sind die umfassende Aufklärung und Schulung obligat. Bei Adipositas empfiehlt sich zudem die Gewichtsreduktion. Wenn Patienten trotz leitliniengerechter komplexer physikalischer Entstauungstherapie nach sechs Monaten noch Leidensdruck haben oder zunehmend sekundäre Gewebeveränderungen auftreten, kann man eine chirurgische Intervention erwägen.

Kongressbericht: 03. Nürnberger Wundkongress DIGITAL