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FSME Neue Zecken, neue Gebiete, neue Impfstrategie?

Autor: Bianca Lorenz

Die Impfung bietet den besten Schutz vor FSME. Die Impfung bietet den besten Schutz vor FSME. © iStock/Leonsbox
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Zecken lieben milde Winter – und breiten sich weiter aus. Waren sie früher nur im Süden zu finden, sitzen sie heute bereits an Nord- und Ostsee. Die neue Auwaldzecke ist ganz vorne mit dabei. Experten raten, den FSME-Impfstoff anzupassen.

Nicht jeder Zeckenbiss ist gefährlich. Doch schwere Verläufe gibt es immer wieder, und für ca. 1 % der Patienten endet die Krankheit tödlich. Ist die sie erst einmal ausgebrochen, kann man nur die Symptome lindern. Vor schweren Schäden schützen kann nur eine Impfung. Und die wird – wie es scheint – in immer mehr Bundesländern und Land- und Stadtkreisen nötig.

So kamen im Jahr 2021 laut Robert-Koch-Institut in Brandenburg die Landkreise (LK) Oberspreewald-Lausitz, Oder-Spree und Spree-Neiße dazu. In Nordrhein-Westfalen ist erstmals der Stadtkreis (SK) Solingen ein Risikogebiet, und in Sachsen sind nunmehr auch die zwei SK Chemnitz und LK Görlitz betroffen.

„Wenn man einzelne Landkreise betrachtet, zeigen sich ganz unterschiedliche Entwicklungen“, sagt Dr. Rainer Oehme, Laborleiter des Landesgesundheitsamts im Ministerium für Soziales, Gesundheit und Integration Baden-Württemberg. „In manchen Kreisen nahmen die Fälle ab, in anderen traten hingegen mehr Fälle auf. Insgesamt sind in Süddeutschland besonders höher gelegene Landkreise betroffen.“ Das deute darauf hin, dass sich Zecken, die mit dem FSME-Virus infiziert sind, in höhere Gebiete bewegen. Auch auf Bundesebene gibt es regionale Unterschiede bei den FSME-Fällen.

FSME-Symptome

  • starke Kopfschmerzen
  • Fieber, Schüttelfrost 10 Tage nach dem Zeckenstich
  • nach kurzer Besserung zweiter Fieberanstieg (bei zwei Drittel der Patienten)
  • Wenn Gehirn und Rückenmark beteiligt sind: Koordinationsstörungen, Lähmungen, Sprach-, Sprech- und Bewusstseinsstörungen, epileptische Anfälle

Auwaldzecke breitet sich aus

Auch wenn das größte Risiko einer FSME-Infektion weiterhin vor allem in Bayern und Baden-Württemberg, in Südhessen, im südöstlichen Thüringen und in Sachsen besteht, so kommen neben den bereits bekannten, vereinzelten Landkreisen in Mittelhessen, im Saarland, in Rheinland-Pfalz und in Niedersachsen immer neue Gebiete im Norden dazu. Das liegt vor allem an der Ausbreitung der Auwaldzecke (siehe Kasten). Genau wie der Holzbock kann auch diese Zeckenart Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) übertragen. Im Rahmen einer „Citizen Science“ Studie, die Bürger dazu aufrief, Zeckenfunde einzusenden, sammelte Prof. Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim über 8.000 Zecken aus ganz Deutschland. „Der Großteil davon sind Zecken der Gattung Dermacentor, darunter vor allem die Auwaldzecke Dermacentor reticulatus. Die Einsendungen kamen aus allen Bundesländern. Daran sehen wir, dass sich die Auwaldzecke bundesweit ausbreitet", sagte sie im Vorfeld des 6. Zecken-Kongresses vom 28.-30. März 2022.

Die Auwaldzecke

Die Auwaldzecke Dermacentor reticulatus gehört zur Gattung der Buntzecken. Sie sind groß, ihr Rückenschild ist auffällig gemustert. Die Buntzecken sind eine heimische Art. Sie können Menschen befallen und Krankheiten übertragen, darunter die Frühsommer-Meningoenzephalitis. In der Regel bevorzugen Buntzecken Wildtiere als Wirt, im erwachsenen Stadium befallen sie aber auch häufig Haustiere wie Hunde oder Katzen

Mehr Hitze, mehr Tropen-Zecken

Auch die Tropenzecke Hyalomma ist in Deutschland auf dem Vormarsch. Sie wird durch Zugvögel eingeschleppt und ist stark vom Klima abhängig. „Im Jahr 2021 wurden uns nur 10 Tropenzecken zugesendet“, so Prof. Ute Mackenstedt von der Universität Hohenheim. In den Jahren 2019 und 2020 waren es insgesamt 191. „In den beiden Jahren hatten wir warme Sommer mit langen Trockenperioden, während die Temperaturen 2021 niedriger waren. Das deutet darauf hin, dass die Entwicklung der Tropenzecke von den Wetterbedingungen abhängt.“ Eine starke Population der Tropenzecken in Deutschland ist durchaus beunruhigend, da Hyalomma gefährliche Krankheitserreger, wie zum Beispiel das Zecken-Fleckfieber, überträgt. Dass sich FSME auch in Norddeutschland zunehmend ausbreitet, mache eine angepasste Impfstrategie erforderlich, sagt Prof. Dr. Gerhard Dobler, Leiter des Nationalen Konsiliarlabors FSME am Institut für Mikrobiologie der Bundeswehr in München. Auch der Forschungsbedarf zur Epidemiologie der FSME ist auch weiterhin erforderlich.

Quellen: Pressemitteilung der Universität Hohenheim, Epidemiologisches Bulletin des RKI vom 3. März 2022