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Intrauteriner Fruchttod Neues nationales Register für die Erfassung spezifischer Risikofaktoren startbereit

Autor: Antje Thiel

Das Risiko, das Baby in der zweiten Schwangerschaftshälfte zu verlieren, ist bei Schwangeren mit Diabetes höher. Das Risiko, das Baby in der zweiten Schwangerschaftshälfte zu verlieren, ist bei Schwangeren mit Diabetes höher. © Cinefootage – stock.adobe.com
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Frauen mit Diabetes haben ein erhöhtes Risiko, ihr Kind in der zweiten Schwangerschaftshälfte zu verlieren. Welche Faktoren dazu beitragen, soll mit einem neuen nationalen Register ermittelt werden.

Bei Schwangeren mit vorbestehendem Typ-1- oder Typ-2-Diabetes ist der intrauterine Fruchttod (IUFT) 4- bis 6-mal häufiger als bei Frauen ohne Diabetes. „Einer deutschen Studie vom Jahre 2019  zufolge liegt die Prävalenz bei 1,4 %, damit liegen wir im Durchschnitt der europäischen Länder“, berichtet Dr. Matthias Kaltheuner, Diabetologe aus Leverkusen und Geschäftsführer der winDiab gGmbH. „Die aktuelle allgemeine IUFT-Rate betrug in Deutschland im selben Jahr dagegen nur 0,39 %.“ Man geht von 100 bis 150 Fällen von IUFT pro Jahr aus, die im Zusammenhang mit Diabetes stehen. 

In den Leitlinien wird Schwangeren mit präexistentem Diabetes eine Geburtseinleitung bei Erreichen des Entbindungstermins empfohlen. Damit will man vor allem dem erhöhten IUFT-Risiko nahe dem Geburtstermin begegnen. „Doch ein Drittel der IUFT bei Diabetes tritt bereits vor der 37. Schwangerschaftswoche auf“, sagt Dr. Kaltheuner. Wie man besonders gefährdete Feten zuverlässig erkennt, ist noch nicht geklärt. „Ich persönlich glaube, dass die Stoffwechsellage – auch schon deutlich vor Beginn der Schwangerschaft – der wichtigste Risikofaktor ist“, meint der Diabetologe. Doch für genauere Aussagen fehlt es bislang an verlässlichen Registerdaten.

Diese Lücke wollen nun die Arbeitsgemeinschaft Geburtshilfe und Pränatalmedizin (AGG) der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG) und die AG Diabetes und Schwangerschaft der DDG gemeinsam mit dem wissenschaftlichen Institut der niedergelassenen Diabetologen (winDiab) schließen. Daher ist das größte Register zu Schwangerschaft bei Typ-1-, Typ-2- und Gestationsdiabetes (GestDiab) um ein nationales Register zur Erfassung von Risikofaktoren für den IUFT erweitert worden. 

Geburtshelfer*innen werden gebeten, IUFT-Fälle zu melden

„Wir informieren derzeit sämtliche diabetologischen Praxen, Perinatalzentren und Entbindungsabteilungen in Deutschland und bitten sie, uns in anonymisierter Form ihre entsprechenden IUFT-Fälle zusammen mit Informationen über Begleiterkrankungen, Alter, Stoffwechseldaten etc. zu melden“, berichtet Dr. Kaltheuner. „Die Erweiterung des Ethikvotums für die Datenerhebung liegt vor, wir können also loslegen.“ Alle Geburtshelfer*innen werden gebeten, prospektiv aktuell und retrospektiv bis einschließlich 2019 Fälle von IUFT per E-Mail an iuft.diabetes@gmail.com anonym zu melden. Das IUFT-Register sendet ihnen dann einen Datenerhebungsbogen zu. Ziel ist es, möglichst detaillierte Angaben zu Stoffwechsellage und verschiedenen geburtshilflichen Parametern zu erhalten; aus diesen sollen individualisierte Managementstrategien entwickelt werden.

Wenn sich mithilfe der Registerdaten belegen lässt, dass eine verbesserte Stoffwechsellage das Risiko für einen IUFT verringern lässt, könnte dies Auswirkungen auf die Versorgung schwangerer Frauen mit Diabetes haben. „Das würde bedeuten, dass alle Frauen, die schwanger werden können, viel intensiver beraten und behandelt werden müssten, einschließlich der Nutzung von mehr Diabetestechnologie“, sagt Dr. Kaltheuner, „denn schließlich sind viele Schwangerschaften – auch bei Frauen mit Diabetes – nicht geplant.

Quelle: Hauffe F et al. Diabetic Medicine 2019 (36); 2: 158–166;  DOI: 10.1111/dme.13861