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Nephropathie Perspektiven bei diabetischer Nierenerkrankung

Autor: Friederike Klein

Bei vielen Menschen mit Typ-2-Diabetes werden die Nieren nicht adäquat kontrolliert. Bei vielen Menschen mit Typ-2-Diabetes werden die Nieren nicht adäquat kontrolliert. © natali_mis – stock.adobe.com
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Eine adäquate multifaktorielle Therapie kann mikrovaskuläre Komplikationen eines Typ-2-Diabetes reduzieren. Allerdings nimmt die Zahl von Menschen mit terminaler Niereninsuffizienz immer noch zu – auch weil Betroffene mit Typ-2-Diabetes immer älter werden. Neue Therapieoptionen könnten dieser Entwicklung entgegenwirken.

Viele Menschen mit Diabetes mellitus Typ 2 würden nicht adäquat hinsichtlich ihrer Nierenfunktion kontrolliert und behandelt, berichtete Prof. Dr. anna Solini von der Abteilung für klinische und experimentelle Medizin der Universitätsklinik Pisa.1 Zur Therapie der chronischen Nierenerkrankung (CKD) bei Typ-2-Diabetes werden insbesondere Inhibitoren des Natrium-Glukose-Kotransporters 2 (SGLT2-I) und Rezeptoragonisten des Inkretins GLP1 (GLP1-RA) eingesetzt, die in Studien auch einen günstigen Effekt auf renale Endpunkte gezeigt haben. Seit Kurzem zugelassen ist außerdem der Mineralokortikoidrezeptor-Antagonist Finerenon, der Inflammation und Fibrose bei CKD und Typ-2-Diabetes entgegenwirkt.2 Das resultierte in den Zulassungsstudien in einem geringeren Risiko für den Progress einer CKD und für kardiovaskuläre Endpunkte unabhängig von der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (eGFR) zu Studienbeginn.3 Es gibt laut Prof. Solini Hinweise, dass der Effekt von Finerenon in Kombination mit SGLT2-I noch besser sein könnte.4

Inkretinbasierte Therapie als weitere Option 

Eine weitere wirksame Option bei diabetischer CKD könnte zukünftig die duale inkretinbasierte Therapie sein. Der GIP/GLP1-Rezeptoragonist Tirzepatid verlangsamte nach einer Post-hoc-Analyse der zulassungsrelevanten Studie SURPASS-4 bei Patientinnen und Patienten mit einem trotz Kombinationstherapie nicht ausreichend kontrollierten Typ-2-Diabetes und kardiovaskulären Risikofaktoren den Abfall der eGFR, verbesserte die Albumin-Kreatinin-Ratio im Harn (UACR) klinisch relevant und reduzierte renale klinische Endpunkte gegenüber einer Therapie mit Insulin glargin.5 Der Effekt war nicht abhängig von der Ausgangs-eGFR. Außerdem ist für Tirzepatid bereits eine verbesserte glykämische Kontrolle, Gewichtsreduktion, Blutdrucksenkung und Lipidkontrolle bei Typ-2-Diabetes belegt, berichtete Solini. Sie hofft, dass bald Vergleichsstudien zu den renalen Effekten von Tirzepatid und GLP1-RA anlaufen.

Wie kann eine diabetische Retinopathie verhindert werden?

Dr. Andreea Ciudin, Hospital Vall d‘Hebron, Barcelona, fasste in einem weiteren Vortrag des Symposiums zusammen, wie eine diabetische 
Retinopathie verhindert/verzögert werden kann:

  • Blutzucker und Blutdruck sollten engmaschig kontrolliert werden. 
  • Wichtig sei die Änderung des Lebensstils, wenn nötig (gesunde Ernährung mit Fisch und Olivenöl; Bevorzugung mediterraner Kost; regelmäßige Bewegung).
  • Noch unbekannt sei, ob Antidiabetika dazu beitragen können, das Entstehen/Fortschreiten einer diabetischen Retinopathie zu verhindern. 
  • Eine schnelle Senkung des HbA1c-Wertes sei ein Risikofaktor für die frühe Verschlechterung der diabetischen Retinopathie.

Weitere Therapieansätze in der Entwicklung

Es gibt weitere Ansätze zur Therapie der diabetischen Nierenerkrankung, die derzeit entwickelt werden:6 

  • Atrasentan ist ein Endothelinrezeptor-Antagonist, der proinflammatorische und profibrotische Signalwege herunterregulieren soll und auch auf die efferente arterielle Vasodilatation abzielt.
  • Selonsertib hemmt die ASK1 (apoptosis signal-regulating kinase 1) und soll auf diesem Wege proinflammatorische und profibrotische Signalwege hemmen. 
  • Baricitinib ist ein Inhibitor des JAK-STAT-Signalwegs, der ebenfalls bei Inflammation und Fibrosierung eine Rolle spielt. 

Zudem wird geprüft, inwieweit die Energierestriktion oder eine ­diätetische Reduktion von AGE (advanced glycation endproducts) die systemische Inflammation und die Inflammation im Magen-Darm-Trakt reduzieren und auf den Erhalt der Nierenfunktion einwirken kann.

Quellen:
1. Rodriguez F et al. Adv Ther 2021; 38: 4425-4441; doi: 10.1007/s12325-021-01777-9
2. Lerma EV, Wilson DJ. Exp Rev Clin Pharmacol 2022; 15(5):501-513. doi: 10.1080/17512433.2022.2094770
3. Agarwal R et al. Eur Heart J 2022; 43: 474–484; doi: 10.1093/eurheartj/ehab777
4. Rossing P et al. Diabetes Care 2022 Aug 15; doi: 10.2337/dc22-0294
5. Heerspink HJL et al. Lancet Diabetes Endocrinol 2022 Sep 21; doi: 10.1016/S2213-8587(22)00243-1
6. Tuttle KR et al. Kidney Int 2022; 102: 248–260; doi: 10.1016/j.kint.2022.05.012

Kongressbericht: 58th EASD Annual Meeting, Stockholm