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Schluckbeschwerden und Globusgefühl: Heterotope Magenschleimhaut im Ösophagus?

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Heterotopien treten oft auch im Kindes- und Jugendalter auf. Heterotopien treten oft auch im Kindes- und Jugendalter auf. © Schneider T, Friese M. internistische praxis 2021; 63: 211-231 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach
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Bevor Patienten mit Globusgefühl und Schluckproblemen zum Psychiater geschickt werden, sollte endoskopisch nach einer gar nicht so seltenen Ursache gesucht werden. Heterotope Magenschleimhaut im Ösophagus kann genau solche Symptome verursachen – auch bei Kindern.

Heterotope Inseln von Magenschleimhaut werden endoskopisch leicht übersehen, wenn man nicht genau hinschaut. Denn sie verstecken sich meist direkt unter dem oberen Ösophagus-Sphinkter. Bei unselektierten Endoskopien von Erwachsenen finden sich in 4–10 % der Fälle Heterotopien als Zufallsbefund. Obwohl die Magenschleimhaut-Inseln angeboren sind, gibt es kaum Daten für das Kindesalter. Dr. Thomas­ Schneider­, Kinder- und Jugend-Gastroenterologe in Hamburg, und Dr. Michael­ Friese­ von der Pathologie/Neuropathologie am Asklepios-Klinikum Heidberg, fanden in den letzten vier Jahren bei 800 unselektierten oberen Endoskopien bei unter 18-Jährigen in 16 Fällen (2 %) einen sogenannten „cervical inlet patch“.

Die Inseln entstehen im Zuge der Umwandlung von Zylinderepithel zu Plattenepithel im Ösophagus. Die Transformation wird durch Zytokine in der oberflächlichen Zellschicht gesteuert. In basalen Schichten, wo Zytokine wenig aktiv sind, können Zylinderepithelzellen stehen bleiben, die sich zu Magenschleimhaut differenzieren.

Bei etwa 50 % der Betroffenen kommt es nicht zu Symptomen

Die Zellen verhalten sich in der Speiseröhre ähnlich wie im Magen: Sie produzieren Magensäure, Hormone oder Schleim. Auch Helicobacter pylori kann die Bereiche befallen, ebenso sind Ulzera, Metaplasien, Dysplasien und eine maligne Transformation möglich. Bei Kindern hat man eine Assoziation mit der Ösophagusatresie festgestellt.

Die Hälfte der Patienten mit heterotoper Magenschleimhaut ist asymptomatisch. Ein Viertel hat Beschwerden, die klar auf die Heterotopie zurückzuführen sind. Dazu gehören Schluckstörungen, Schmerzen, Halsbrennen, Globusgefühl, Würgereiz, Übelkeit, Kehlkopfreizung mit ständigem Räuspern, Heiserkeit oder Husten und atypische Refluxbeschwerden. Betroffene vermeiden feste oder reizende Speisen. Die Inseln können die Peristaltik stören oder beim Schlucken selbst mechanisch lädiert werden.

Bei Erwachsenen haben die Magenschleimhautinseln inzwischen Eingang gefunden in die Rome-IV-Kriterien für Dysphagie. Auch für Stridor und Schluckprobleme bei Säuglingen sowie Übelkeit, Erbrechen und Fremdkörpergefühl bei Kindern kommen sie als Ursache in Betracht.

Im endoskopischen Bild scheinen die Inseln unter dem Plattenepithel zu quellen und dieses zu durchbrechen. Sie heben sich mit ihrer orange-lachsfarbigen Tönung kaum vom hellrosa Plattenepithel ab. Meist sind sie von einem leicht angehobenen Randwall von Plattenepithel umgeben. Und sie sind fast immer entzündet, ebenso wie das umgebende Plattenepithel.

Biopsie sollte immer gemacht werden

Um Heterotopien nicht zu übersehen, sollte man das obere Ösophagusdrittel beim Rückzug des Endoskops im NBI(narrow band imaging)-Modus betrachten, raten die Autoren aus ihrer Erfahrung. Diese Einstellung ermöglicht einen maximalen Kontrast zwischen Blutgefäß und umgebender Schleimhaut.

In jedem Fall sollte eine Biopsie gemacht werden, um die Histologie der Schleimhaut zu klären. Meist enthalten die Magenschleimhautinseln Kardia- und Korpusschleimhaut, d.h. schleimproduzierende Nebenzellen und säureproduzierende Belegzellen. Das Biopsat muss immer am Rand der Insel entnommen werden, um den Übergang zwischen Plattenepithel und Magenschleimhaut zu erfassen.

Nur wenn in der Histologie säureproduzierende Belegzellen vorhanden sind oder wenn Refluxbeschwerden, Halsbrennen und Globusgefühl bestehen, macht ein Behandlungsversuch mit Protonenpumpenhemmern Sinn. Therapie der Wahl von symptomatischen Heterotopien ist die Argon-Plasma-Koagulation. Damit lässt sich die heterotope Schleimhaut zerstören, ohne tiefere Schichten zu schädigen. Das Plattenepithel kann die Defekte dann überwachsen. Mit dem Verfahren lässt sich häufig eine anhaltende Beschwerdefreiheit erreichen, erklären die Kollegen. Kleine asymptomatische Inseln kann man entweder per Zangenbiopsie entfernen (vor allem bei Erwachsenen zur Krebsprävention) oder belassen.

Quelle Text und Abb.: Schneider T, Friese M. internistische praxis 2021; 63: 211-231 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

Bei diesem 14-Jährigen erkennt man deutlich erhabene Magenschleimhautinseln im zervikalen Ösophagus (rot) sowie weitere Inseln gegenüber (grün) und darüber (gelb). Bei diesem 14-Jährigen erkennt man deutlich erhabene Magenschleimhautinseln im zervikalen Ösophagus (rot) sowie weitere Inseln gegenüber (grün) und darüber (gelb). © Schneider T, Friese M. internistische praxis 2021; 63: 211-231 © Mediengruppe Oberfranken – Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach