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Diabetisches Fußsyndrom Periphere Gefäße immer im Blick behalten

Autor: Maria Weiß

Immer die peripheren Gefäße im Auge behalten – 
aber welche Methode ist wann geeignet? Immer die peripheren Gefäße im Auge behalten – aber welche Methode ist wann geeignet? © js-photo – stock.adobe.com
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Der Gefäßstatus sollte bei allen Menschen mit Diabetes mindestens einmal im Jahr überprüft werden. Spätestens, wenn die Fußpulse nicht gut tastbar sind, gehört auch eine Doppler-Druckmessung und gegebenenfalls auch eine Duplex­sonografie dazu.

Etwa zwei Drittel der proximalen Beinamputationen erfolgen in Deutschland aufgrund eines Diabetes. 2017 waren das 9.000, hinzu kommen circa 30.000 Fuß- oder Zehenamputationen. Etwa 6 % der Menschen mit Diabetes leiden unter einem Diabetischen Fußsyndrom (DFS) – die Wahrscheinlichkeit, ein DFS zu entwickeln, liegt bei 25 bis 40 %. Angesichts solcher Zahlen wird schnell klar, dass man die peripheren Gefäße bei Menschen mit Diabetes immer im Auge behalten muss, betonte PD Dr. med. Ludwig Caspary, niedergelassener Angiologe aus Hannover.

Bei nicht tastbaren Fußpulsen: weitere Untersuchungen

Hauptrisikofaktoren für eine Amputation sind Diabetische Polyneuropathie und PAVK, die vor allem in Kombination zur großen Gefahr werden. Auch wenn man ein DFS zur Abheilung gebracht hat, sollte man sich nicht zurücklehnen – das Risiko für Rezidive ist hoch und die Betroffenen bleiben dauerhaft gefährdet.

Bei einem DFS mit Angiopathie sollte so rasch wie möglich eine Revaskularisation erfolgen, da sich die Prognose und die Chance für eine Ulkusheilung dadurch deutlich verbessert. Bei Patient*innen mit PAVK finden sich zudem oft weitere atherogene Risikofaktoren und die Prävalenz der KHK ist deutlich erhöht. Eine erste orientierende Untersuchung ist das Tasten der Fußpulse. Wenn diese gut zu tasten sind und weder Claudicatio noch trophische Störungen bestehen, reicht eine jährliche klinische Kontrolle erst einmal aus.

Sind die Fußpulse nicht tastbar, sollte in jedem Fall eine Doppler-Druckmessung (ABI) erfolgen. Allerdings kann die Aussagekraft bei Patient*innen mit Diabetes hier durch eine Mediasklerose eingeschränkt sein – das gilt auch für automatisierte oszillografische Verfahren. Auch die technisch aufwendige Zehendruckmessung ist eng mit dem ABI korreliert und hat keinen wesentlichen diagnostischen Vorteil. Die transkutane Sauerstoffdruckmessung ist aufgrund des technischen und zeitlichen Aufwandes eher eine Klinikmethode. Bei Werten < 10 mmHg im Liegen (oder < 40 mmHg im Sitzen) ist eine Wundheilung ohne vorherige Revaskularisierung sehr unwahrscheinlich.

Duplexsonografie auch bei Diabetes aussagekräftig

Das aussagefähigste nicht-invasive Verfahren ist die Duplexsonografie. Hier lässt sich die periphere Perfusion valide bewerten, die Verschlusslokalisation erfassen und auch die Indikation für die Revaskularisierung einschätzen. Auch aus kalzifizierten Gefäßen sind Flusssignale ableitbar. Allein durch den Einsatz der Duplexsonografie konnte die Amputationsrate innerhalb von fünf Jahren um 25 % gesenkt werden.

Bei reduzierten Dopplerdrücken (oder pathologischen Befunden der alternativen Untersuchungen) kann es sich lohnen, noch einmal die Risikofaktoren wie LDL, Nikotin oder Übergewicht in Angriff zu nehmen. Bei Claudicatio intermittens mit geringem Leidensdruck steht ein Bewegungs- und Gehtraining im Vordergrund. Eine Duplexsonografie kann hier jährlich erfolgen – bei stabilen Verläufen auch seltener. Bei hohem Leidensdruck sollte aber auch kurzfristig eine Duplexsonografie angeboten werden, um Revaskularisierungsmöglichkeiten abzuklären.

Was bedeutet das in Zahlen?

Unter dem Strich benötigen pro Jahr mindestens 200.000 Patient*innen mit einem potenziellen Gefäßproblem beim DFS einen Termin bei Gefäßspezialist*innen, hinzu kommen noch einmal so viele Betroffene mit Claudicatio und Diabetes und ca. 5.000 in der Nachsorge nach Gefäßeingriffen. Geht man davon aus, dass in einer angiologischen Praxis 5.000 Patient*innen pro Jahr untersucht werden können, bräuchte man somit etwa 100 Gefäßspezialist*innen nur für die Versorgung von Menschen mit Diabetes. Dabei ist zu bedenken, dass nach dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) jeder Betroffene mit DFS einen Akuttermin innerhalb von vier Tagen erhalten sollte, der dann entbudgetiert ist.

Leiden die Betroffenen unter einem DFS, haben aber gut tastbare Fußpulse, können klinische Verlaufskontrollen ausreichen und Maßnahmen wie Wundversorgung und Druckentlastung stehen im Vordergrund. Sind die Fußpulse aber nicht tastbar oder kommt es zu einer klinischen Verschlechterung, ist eine umgehende Duplexsonografie erforderlich, um die Interventionsmöglichkeiten zu prüfen.  

Nach einem vaskulären Eingriff sollte bei stabilem Verlauf alle 3–6 Monate eine klinische Kontrolle erfolgen und anfangs auch eine jährliche Duplexsonografie. Bei jeder neuen Symptomatik ist aber auch hier eine kurzfristige Duplexsonografie erforderlich.

Quelle: Diabetes Herbsttagung 2022