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Sorgenkind HPV-Impfung Studie des RKI testet zwei Ansätze, um die Beteiligung zu steigern

DKK 2024 Autor: Lara Sommer

Je früher die HPV-Impfung durchgeführt wird, desto effizienter wirkt sie. Je früher die HPV-Impfung durchgeführt wird, desto effizienter wirkt sie. © diy13 - stock.adobe.com
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In der InveSt-HPV-Studie erheben Forschende, wie ein Einladungs- und Terminerinnerungssystem für die HPV-Impfung aussehen könnte. Darüber hinaus testen sie, welche Schulung medizinischem Personal dabei hilft, Skeptiker:innen erfolgreicher zu beraten.

Gemäß der Ziele von WHO und EU-Kommission sollen bis 2030 mindestens 90 % der weiblichen Jugendlichen vollständig gegen HPV geimpft sein. Dr. ­Anja ­Takla vom RKI in Berlin betonte, dass die Realität hierzulande anders aussieht: „Bei den 15-jährigen Mädchen haben wir eine Impfquote knapp über 50 %, und bei den Jungen ist es mit etwa 27 % die Hälfte davon.“ Europäisch bewege sich Deutschland damit im unteren Viertel, „in guter Nachbarschaft zu Ländern wie San Marino, Andorra oder Slowenien.“ Innerhalb Deutschlands existieren auch ausgeprägte regionale Unterschiede der Impfquote von bis zu 30 %, wobei die östlichen Bundesländer besonders gut abschneiden.

Da ein jährlicher Anstieg um momentan 3 % nicht ausreicht, den angestrebten Zielwert bis zum Ende des Jahrzehnts zu erreichen, entstand unter Federführung des RKI die ­InveSt-HPV-Studie. Die Wissenschaftler:innen verfolgen dabei zwei getrennte Ansätze zur Steigerung der Impfbeteiligung: Termin­erinnerungen sowie Fortbildungen des beratenden medizinischen Personals.

„Natürlich ist es so, dass jeder Praxiskontakt die Chance für die Durchführung einer empfohlenen Impfung bietet“, argumentierte die Referentin. Modul 1 der Studie soll deshalb klären, warum Termin­erinnerungssysteme, die bei einem zeitgerechten Ärzt:innenkontakt helfen können, in Deutschland nicht flächendeckend Anwendung finden. 

Zu diesem Zweck wurden unter anderem etwa 350 Pädiater:innen sowie mehr als 1.800 Eltern mit Kindern von 9–14 Jahren zu ihren Erfahrungen und Bedürfnissen befragt. Darüber hinaus führten die Verantwortlichen eine Bestandsaufnahme bei den gesetzlichen Krankenkassen durch. Im Laufe dieses Jahres wollen sie die Ergebnisse und potenzielle Lösungsvorschläge auf einem Workshop diskutieren. Ziel sei es, gemeinsam mit allen relevanten Akteuren an einem Einladungs- und Erinnerungssystem der Zukunft zu arbeiten. Dr. ­Takla hofft, dass dies in Form von Pilotprojekten Frucht trägt. 

Mehr Fachleute gefragt

An einer qualitativen Befragung durch Dr. Nobila Ouédraogo vom DKFZ Heidelberg und Kolleg:innen nahmen insgesamt 43 Expert:innen teil. Als Hauptgründe für die langsam steigende Impfquote benannten sie:

  • unzureichendes Wissen über HP-Viren und die Impfung in der Bevölkerung
  • Probleme, die Zielgruppe durch das aktuelle Angebot zu erreichen 
  • ein fehlendes Termin- und Erinnerungssystem für Vakzinierungen

Die Teilnehmenden hielten folgende Strategien für wichtige Lösungsansätze:

  • verstärkte Aufklärung (34/43)
  • Schulimpfungen (33/43)
  • Förderung der Teilnahme an der J1 (11/43)
  • Erinnerungssysteme (8/43)

Quelle: Ouédraogo N. DKK 2024; Vortrag „Ansätze zur Steigerung der HPV-Impfquote in Deutschland – Hindernisse und Chancen“

Andererseits führt nicht jeder Praxisbesuch zur zeitgerechten Durchführung einer empfohlenen Impfung. Im zweiten Teil der Studie liegt der Fokus deshalb auf Fortbildungs­angeboten, um Pädiater:innen und MFA besser für Aufklärungsgespräche zu wappnen. „Da geht es vor allem um die impf­skeptischen Eltern, denn bei denen, die sich impfen lassen, brauche ich nicht viel Kommunikation“, erörterte die Expertin. 

Das Bundesland Bremen sowie fünf Regionen Bayerns dienen als Interventionsregionen, da sie besonders niedrige Impfquoten aufweisen. Die Forschenden randomisieren teilnehmende Praxen in einen der folgenden drei Arme:

  • klassische Schulung durch die ÄGGF* 
  • Schulung zum „Motivational Interviewing“
  • keine Schulung

Beim Motivational Interviewing handelt es sich um eine Gesprächstechnik, die ursprünglich für die Beratung von Suchtkranken entwickelt wurde. Die diesbezügliche Fortbildung setzt sich aus theoretischem Input, praktischen Übungen und einer Handreichung für den Praxis­alltag zusammen. 

Die Wissenschaftler:innen wollen am Ende vergleichen, wie sich die HPV-Impfzahlen der einzelnen Praxen vor und nach der jeweiligen Intervention entwickelt haben. Darüber hinaus finden auch hier Befragungen des medizinischen Personals statt, um zu evaluieren, wie die Umsetzung im Praxisalltag gelingt und ob der Lerneffekt anhält.

*    Ärztliche Gesellschaft zur Gesundheitsförderung

Quelle: Takla A. DKK 2024; Vortrag „HPV-Impfquoten als Rationale für eine Interventionsstudie“