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Tonsillektomie verdoppelt das Risiko für Atemwegserkrankungen

Autor: Dr. Barbara Kreutzkamp

Für Kinder ergab sich nach Gaumen- bzw. Rachenmandelentfernung ein etwa zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko für Erkrankungen der oberen Atemwege. Für Kinder ergab sich nach Gaumen- bzw. Rachenmandelentfernung ein etwa zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko für Erkrankungen der oberen Atemwege. © Fotolia/Dan Race
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Werden Kindern die Mandeln entfernt, steigt ihr späteres Risiko für Erkrankungen der oberen Atemwege. Das zeigt eine pro­spektive Studie mit mehr als einer Million jungen Patienten.

Die Mandeloperation ist eine immer noch gern gewählte Option bei Kindern mit rezidivierenden Mittelohrentzündungen oder Schnarchproblemen. Kurzfristig liefern Adeno- und Tonsillektomie zwar meist den erwünschten Erfolg. Langfristig zeigt sich das Immunsystem aber nicht immer erfreut über den Verlust im Waldeyer‘schen Rachenring. So dokumentiert eine aktuelle bevölkerungsbasierte Studie ein erhöhtes Risiko vor allem für Erkrankungen der oberen Atemwege nach der Entfernung von Rachen- und Gaumenmandeln. Auch allergische und infektiöse Erkrankungen treten im späteren Leben leicht vermehrt auf.

Die Untersuchung stützt sich auf die gesundheitsbezogenen Daten von 1,2 Millionen Kindern, die zwischen 1979 und 1999 in Dänemark geboren wurden. 17 460 unterzogen sich in den ersten neun Lebensjahren einer Adenotomie, 11 830 einer Tonsillektomie und 31 377 der Kombination beider Eingriffe. Zum Vergleich dienten nicht mandel­operierte Teilnehmer aus derselben Kohorte. Die gesundheitliche Entwicklung der jungen Probanden wurde innerhalb der ersten 30 Lebensjahre beobachtet, unter besonderer Berücksichtigung von 28 Erkrankungen. Adjustiert wurde auf 18 Kovariablen, unter anderem Familienanamnese, Geschlecht und sozioökonomische Marker.

Idealerweise auf konservative Behandlung ausweichen

Danach ergab sich für Kinder nach Gaumen- bzw. Rachenmandelentfernung ein etwa zwei- bis dreifach erhöhtes Risiko für Erkrankungen der oberen Atemwege (RR 1,99 bzw. 2,72). Das relative Risiko für infektiöse Erkrankungen nahm nach einer Adenotonsillotomie nur um 17 % zu und das absolute Risiko stieg nur um 2,14 %. Die Studie ist nicht die erste, die nach Langzeitfolgen einer Adenoid- oder Tonsillektomie suchte. Frühere Kohortenstudien ergaben unter anderem erhöhte Inzidenzen für bestimmte Malignome und einen vorzeitigen Herzinfarkt.

Die Indikation für eine Mandel­operation sollte deshalb sorgfältig gestellt und wenn möglich auf wirksame konservative Behandlungen ausgewichen werden, fordert das Autorenteam. Neue Forschungsergebnisse zeigen nämlich, dass Tonsillen und Adenoide gerade für das sich noch entwickelnde Immunsystem wichtig sind.

Quelle: Byars SG et al. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2018; online first