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Transitionsprogramme: Wenn Kinder mit Diabetes erwachsen werden

Autor: Cornelia Kolbeck

Der Übergang von der Kinder- in die Erwachsenenmedizin sollte auch bei Diabetes strukturiert vorbereitet und begleitet werden. Der Übergang von der Kinder- in die Erwachsenenmedizin sollte auch bei Diabetes strukturiert vorbereitet und begleitet werden. © iStock/monkeybusinessimages
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„Diabetes – mitten im Leben“ überschrieb die DDG in diesem Jahr ihre Herbsttagung. Thematisiert wurden u.a. Probleme junger Erkrankter beim Übergang ins Erwachsenenalter, Übergewicht bei Kindern und Defizite in der Versorgung.

Für junge Patienten mit Diabetes Typ 1 zeichnet sich vielfach ein schwieriger Übergang von der Kinder- in die Erwachsenenmedizin ab, betonte Tagungspräsident Dr. Nikolaus Scheper. Er verwies da­rauf, dass die pädiatrische Betreuung in Deutschland in der Regel mit dem 18. Geburtstag endet. Für ca. 3200 jugendliche Patienten bedeutet das jedes Jahr, sich einen neuen Diabetesspezialisten suchen zu müssen.

Kontinuierliche Betreuung in der Transition ist notwendig

Zugleich stehen die jungen Erwachsenen vor grundlegenden Veränderungen im Leben, etwa einer Ausbildung oder dem Auszug aus dem Elternhaus. „Es gibt vielfältige Probleme und Herausforderungen, die auf die Kinder und ihre Familien zukommen“, so Dr. Scheper. Der Übergang zwischen Kindheit und Erwachsensein beinhaltet ebenso die biologischen und psychologischen Veränderungen der Pubertät. Die DDG empfiehlt deshalb in ihren Leitlinien eine kontinuierliche Betreuung der Patienten in einer qualifizierten spezialärztlichen Einrichtung.

Dr. Silvia Müther ist Leiterin des Diabeteszentrums für Kinder und Jugendliche an den DRK Kliniken Berlin|Westend und Vorstandsvorsitzende des Berliner TransitionsProgramm e.V.. Sie führte aus, dass für einen geordneten Übergang in die spezialisierte Erwachsenenmedizin ein Fallmanagement nötig ist, das kontrolliert, ob der Jugendliche in der Erwachsenenmedizin auch ankommt, und bei dem die vielen Themen, die Kinder und Jugendliche bewegen, angesprochen werden.

Es gebe bereits Unterstützungsmaßnahmen wie das TransitionsProgramm oder den ModuS-Transitionsworkshop sowie Verträge mit Krankenkassen, sagte die Ärztin. In vielen Fällen müssten die Maßnahmen dennoch individuell beantragt werden. „Um die Dinge in die Fläche zu bringen, bedarf es noch mehr Verträge mit den Kassen“, sagte sie.

Dr. Scheper erklärte hierzu, dass die DDG plant, über eine Kooperation mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung die Vertrags-Blaupause zu erarbeiten, die dann regional ausgebaut werden kann.

Etwa 1,9 Mio. Kinder und Jugendliche in Deutschland haben Übergewicht, 800 000 sind bereits adipös. Präventions- und Therapiemöglichkeiten, um Kinder vor dieser gesundheitlichen Fehlentwicklung zu bewahren, standen deshalb ebenfalls auf dem Themenplan in Leipzig. PD Dr. Susanna Wiegand, Leiterin des Bereichs Adipositas am Sozialpädiatrischen Zentrum der Charité, verwies auf mögliche Folgeschäden von Übergewicht wie Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen oder den krankhaft erhöhten Blutzuckerspiegel. „Bei bis zu 60 % der Jugendlichen mit starker Adipositas findet man bereits in der Pubertät mindestens eine dieser Folgeerkrankungen“, mahnte die Ärztin, die auch Vizepräsidentin der Deutschen Adipositas-Gesellschaft ist. Sie betonte jedoch, dass man diese Gruppe nicht stigmatisieren dürfe. Hätten Kinder bereits mit vier Jahren starkes Übergwicht, seien in 50 % der Fälle genetische Faktoren beteiligt.

Professor Dr. Monika Kellerer, Präsidentin der DDG, erinnerte erneut an Schätzungen, wonach die Zahl der an Diabetes Erkrankten in den kommenden Jahren auf bis zu zwölf Millionen steigen könnte. Die meisten der Betroffenen seien dann über 60 Jahre alt und multimorbide.

Sprechende Medizin in den Kliniken unterfinanziert

Der Bedarf an qualifizierten stationären Einrichtungen werde steigen. Im Moment zeichne sich hier aber eine deutlich gegenläufige Tendenz ab, sagte sie. Als Ursache nannte sie ein Fallpauschalensystem, das technische Leistungen besser vergütet als die sprechende Medizin für Diabetespatienten. Die Zahl der Krankenhausbetten im Schwerpunkt „Endokrinologie und Diabetologie“ habe sich deshalb im Gegensatz zu fast allen anderen internistischen Schwerpunkten in den letzten zwei Jahrzehnten dramatisch reduziert. „Die Gesundheits- und Wissenschaftspolitik muss hier rasch agieren“, so die Präsidentin.

Kongressbericht: Vorab-Pressekonferenz der 13. Diabetes Herbsttagung