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Übermüdete Berufskraftfahrer auf obstruktive Schlafapnoe screenen

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Bei nicht behandelter obstruktiver Schlafapnoe fährt die erhöhte Unfallgefahr mit. (Agenturfoto) Bei nicht behandelter obstruktiver Schlafapnoe fährt die erhöhte Unfallgefahr mit. (Agenturfoto) © iStock/izusek
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Gestörter Schlaf, erhöhtes Unfallrisiko: Diese Assoziation liegt auf der Hand und betrifft vor allem Berufskraftfahrer. Sie leiden im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung gehäuft an einer obstruktiven Schlafapnoe.

Taxi-, LKW- und Busfahrer haben besonders häufig Übergewicht und damit verbundene kardiovaskuläre Krankheiten sowie Diabetes. Deshalb wundert es nicht, dass auch die obstruktive Schlaf­apnoe (OSA) bei ihnen häufiger vorkommt als in der Allgemeinpopulation.

Die Fahrer mit OSA sind tagsüber meist übermäßig müde und weniger reaktionsbereit. Sie bauen deshalb zwei- bis dreimal mehr Unfälle als ihre Kollegen ohne OSA. Dennoch wird die Erkrankung bei ihnen selten diagnostiziert. Dies liegt zum einen daran, dass sie nur selten darüber reden, zum anderen gibt es kaum geeignete Screeninginstrumente. Folglich findet eine Überweisung ins Schlaflabor zur Polysomnographie nicht statt.

Dies muss sich ändern, fordern Professor Dr. Sophia E. Schiza und Dr. Izolde Bouloukaki vom Department of Thoracic Medicine der Universität Heraklion. Denn würde man die OSA wirksam behandeln, könnte man die Tagesmüdigkeit und das damit verbundene Crash-Risiko mindern.

In der Diagnostik gilt die Polysomnographie als Goldstandard, doch sie ist nicht immer breit verfügbar, ist aufwendig und kostet Geld. Die beiden Autorinnen prüften nun in einem Review, wie gut sich etablierte Tools zum OSA-Screening eignen. Zu den am besten Untersuchten gehören die Epworth Sleepiness Scale, der Berlin-Fragebogen und der STOP-BANG-Fragebogen.

Berlin-Test mit großer Streubreite

Die sehr gebräuchliche Epworth Sleepiness Scale (ESS) ist mit acht Situationen, für die das Risiko des plötzlichen Einschlafens quantifiziert werden muss, sehr einfach. Doch sie besitzt eine geringe Sensitivität und Spezifität für das Erkennen einer mittelschweren bis schweren OSA und eignet sich deshalb nur bedingt als Screeningtest für Kraftfahrer.

Etwas komplexer gestaltet sich der Berlin-Fragebogen mit zehn Fragen zu drei Kategorien (Schnarchen, Tagesmüdigkeit und Hypertonie/Adipositas), ergänzt durch Alter, Geschlecht, Gewicht und Größe. Positive Antworten in zwei Kategorien markieren ein hohes OSA-Risiko. Der Berlin-Fragebogen kam bereits bei Berufskraftfahrern zum Einsatz und hat eine große Streubreite von Sensitivität (zwischen 46 % und 93 %) und Spezifität (zwischen 16 % und 85 %) für einen Apnoe-Hypopnoe-Index ≥ 15/Stunde gezeigt.

STOP-BANG steht für Snoring, Tiredness, Observed you stop breathing, Blood Pressure, BMI > 35 kg/­m², Age > 50 Jahre, Neck Circumference > 40 cm, Male Gender. Der Fragebogen ist schnell und einfach zu erheben. Drei oder mehr positive Antworten trennen zwischen niedrigem und hohem OSA-Risiko mit einer hohen Sensitivität und mittleren Spezifität. Dieses Tool wurde in Studien schon zum Screening bei Berufskraftfahrern empfohlen.

Ein Check auf OSA sollte bei Berufskraftfahrern immer zur Gesundheitsuntersuchung gehören. Fragen zu Symptomen, Risikofaktoren und Komorbiditäten richtet man am bes­ten an den Patienten und seine Familienmitglieder bzw. Schlafpartner. Bestehen exzessive Tagesmüdigkeit, lautes Schnarchen, beobachtete Apnoephasen in der Nacht, Japsen nach Luft?

Fahrsimulatoren sind nicht sensitiv genug

Der ESS kann eingesetzt werden, um den Grad der Tagesschläfrigkeit zu erfassen, die allerdings auch andere Ursachen haben kann. Mit STOP-BANG lassen sich Patienten identifizieren, die dringend weitere Untersuchungen im Schlaflabor brauchen. Als nicht ausreichend sensitiv für das OSA-Screening haben sich Fahrsimulatoren erwiesen.

All das ergibt nur Sinn, wenn bei hohem Risiko dann auch eine Abklärung erfolgt. Dafür braucht man klare Screening- und Überweisungs-Richtlinien. Die Testungen sollten zudem von den Arbeitgebern initiiert und getragen werden, damit sich keiner darum herummogeln kann.

Quelle: Schiza SE, Bouloukaki I. Breathe (Sheff) 2020; 16: 19364; DOI: 10.1183/20734735.0364-2019