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Depression wegstimulieren Vier Verfahren – unterschiedliche Indikationen

Autor: Friederike Klein

Bei nicht-psychotischer Depression ist die rTMS
so wirksam wie die EKT. (Agenturfoto) Bei nicht-psychotischer Depression ist die rTMS so wirksam wie die EKT. (Agenturfoto) © iStock/ PKpix
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Einer therapieresistenten Depression kann man auch mit Stimulationsverfahren begegnen. Vier stehen mittlerweile zur Verfügung. Welche Stärken und Schwächen sie im Alltag haben, erklärte ein Experte.

Die Wirksamkeit der Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist seit Langem belegt. Laut der S3-Leitlinie zur unipolaren Depression ist sie bei Patienten mit schweren therapieresistenten depressiven Episoden in Betracht zu ziehen. In der Erhaltungstherapie hat sie ebenfalls ihren Platz, unter anderem wenn der
Depressive psychotische Symptome aufweist. Für Prof. Dr. Berthold Langguth von der Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Bezirksklinikum Regensburg sind psychotische Krankheitszeichen ein wichtiges Pro-EKT-Kriterium auch bei therapieresistenter Depression.

Zeit sparen mit Theta-Burst-rTMS

Die repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) ist zwar insgesamt weniger wirksam als die EKT, bei nicht-psychotischer Depression aber vergleichbar effektiv, berichtete der Kollege. Die S3-Leitlinie spricht eine Kann-Empfehlung für die rTMS des linken dorsolateralen präfrontalen Kortex bei therapieresistenter Depression aus.

Die Theta-Burst-rTMS hat gegenüber der herkömmlichen rTMS den entscheidenden Vorteil, dass sie nicht so lange dauert. Dadurch können mehr Patienten behandelt werden, auch diejenigen, denen es schwerfällt, lange still zu sitzen. In Zeiten der COVID-19-Pandemie bedeutet ein kürzerer Kontakt zudem auch einen verbesserten Infektionsschutz, erinnerte Prof. Langguth.

Eine spezielle evidenzbasierte, mit Experten konsentierte Leitlinie soll helfen, das Verfahren besser in die Routineversorgung von Betroffenen mit Depression in Deutschland zu implementieren. Bislang wird sie in der stationären Therapie nur über Zusatzentgelte vergütet, in der ambulanten Therapie fehlt bislang die Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen ganz.

Die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) wurde bislang weniger gut untersucht als die rTMS. Bei refraktärer Depression ist sie tendenziell etwas weniger wirksam, aber einfacher durchzuführen. Potenzial sieht Prof. Langguth insbesondere in der Weiterentwicklung für die telemedizinisch betreute Heimtherapie.

Die tiefe Hirnstimulation ist zur Behandlung von Zwangsstörungen etabliert und zugelassen. In der Depressionsbehandlung gilt sie noch als experimentell, große kontrollierte Studien gibt es nicht.

Direkte Vergleiche der verschiedenen Stimulationsverfahren bei therapieresistenter Depression fehlen bislang. Netzwerkmetaanalysen weisen immer wieder auf die besonders hohe Wirksamkeit der Elektrokonvulsionstherapie hin, während die rTMS mit etwas weniger guter Wirksamkeit, aber besserer Akzeptanz punktet, erklärte Prof. Langguth.

Für den klinischen Alltag hat der Kollege die folgenden Empfehlungen formuliert:

  • EKT bei schwerer, therapieresistenter Depression und bei psychotischen Symptomen
  • rTMS bei mittelschwerer bis schwerer Depression ohne psychotische Symptome, bei erhöhter Empfindlichkeit gegenüber medikamentösen Nebenwirkungen, bei Kontraindikationen für die EKT und bei Präferenz für eine ambulante Therapie
  • tDCS, wenn es auf eine sehr gute Verträglichkeit ankommt, wenn Kontraindikationen gegen die rTMS bestehen, und in Zukunft als Option zur Heimtherapie
  • tiefe Hirnstimulation bei einer Depression im Zusammenhang mit einer schweren Zwangsstörung, ansonsten nur experimentell im Rahmen von Studien.

Kongressbericht: 8 DGPPN*-Kongress

* Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde