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Dysphagie-Diagnostik Von Achalasie bis Zenker-Divertikel

Autor: Dr. Dorothea Ranft

In der Dysphagie-Diagnostik kann ein Bariumbreischluck sinnvoll sein, um den Beschwerden auf den Grund zu gehen. In der Dysphagie-Diagnostik kann ein Bariumbreischluck sinnvoll sein, um den Beschwerden auf den Grund zu gehen. © mr.suphachai praserdumrongchai/gettyimages
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Benigne oder maligne? So heißt die Kernfrage bei Patienten mit Dysphagie. Häufig gibt schon eine detaillierte Anamnese wichtige Hinweise auf die Ursache und eine etwaige Krebsgefahr. 

Bei Schluckstörungen sollte zunächst geklärt werden, wie lange diese bereits bestehen und ob die Symptome intermittierend auftreten oder progredient verlaufen, schreiben Kollegen vom Freeman Hospital in Newcastle upon Tyne. Außerdem ist zu prüfen, ob der Kranke noch genügend Nahrung und Flüssigkeit zu sich nehmen kann (Dehydratation, Gewichtsabnahme). Personen mit oralen oder pharyngealen Karzinomen können Flüssigkeiten meist besser schlucken als feste Nahrung. Bei der tumorbedingten Stimmbandlähmung (HNO-Bereich, Lunge und Brustkrebs) ist es gerade umgekehrt, was das Aspirationsrisiko erhöht. Typisch für die Achalasie ist die Dysphagie für flüssige Kost. Auch die Lokalisation der Beschwerden liefert wichtige Informationen. Eine suprasternale Wahrnehmung legt ein pharyngeales Problem nahe, die retrosternale eine ösophageale Veränderung. 

Aufschlussreich ist auch die Dauer der Beschwerden. Eine kurze Anamnese (Wochen oder Monate) spricht für eine maligne Genese. Fluktuierende oder schon jahrelang bestehende Symptome werden eher durch eine ösophageale Dysmotilität ausgelöst. Eine progrediente Schluckstörung ist ebenfalls eher typisch für einen Tumor. Sie kann aber zum Beispiel auch durch eine Achalasie oder eine neurodegenerative Erkrankung verursacht werden. 

Außerdem sollte man immer nach Warnsymptomen für ein Karzinom fragen (siehe Kasten). Schließlich sind dysphagieträchtige Vorerkrankungen und Behandlungen zu eruieren. Dazu zählen Kopf-Hals-Operationen ebenso wie eine Radiotherapie, aber auch Schlaganfälle und neurodegenerative Störungen. Zwei weitere Trigger, Achalasie und Barrett-Ösophagus, erhöhen zudem das Karzinomrisiko.

Red Flags

Kopf-Hals-Tumoren

  • Heiserkeit > 3 Wochen
  • unklarer Knoten am Hals
  • orale Schwellung > 3 Wochen
  • orales Ulkus > 3 Wochen
  • Dysphagie > 3 Wochen
  • Odynophagie
  • anhaltender Ohrenschmerz bei normaler Otoskopie
  • Otalgie +/- Kloßgefühl im Hals
  • Blut im Mund plus Kloßgefühl im Hals

Ösophaguskarzinom

  • Dysphagie oder
  • Alter ab 55 Jahre mit unbeabsichtigtem Gewichtsverlust sowie eines der folgenden Symptome:
    • Oberbauchschmerzen
    • Refluxbeschwerden
    • Dyspepsie

Auch chronische Atemwegs­erkrankungen wie die COPD können eine Dysphagie auslösen. Inhalative Steroide begünstigen eine (oro-)pharyngeale Candidiasis und asymptomatische Aspirationen machen sich häufig mit wiederholten respiratorischen Infekten bemerkbar. Schließlich kann ein Tabak- und Alkohol­abusus Karzinomen den Weg bereiten. 

Bei der klinischen Untersuchung lassen sich eventuell vergrößerte Lymphknoten palpieren. Auch eine Asymmetrie oder Ulzeration der Tonsillen spricht potenziell für ein malignes Geschehen, ebenso wie ein unangenehmer Mundgeruch. Bei HPV-bedingten Tumoren (junge Nichtraucher) sind die vergrößerten Lymphknoten oft das erste Zeichen. 

Wichtige Informationen liefert auch die Stimme. Heiserkeit, ein dumpfer Klang wie mit vollem Mund und eine hyper- oder hyponasale Aussprache können auf ein Malignom hinweisen. Die Kombination von normaler Otoskopie und einseitigen Ohrenschmerzen spricht ebenfalls für ein Karzinom.

Patienten mit Warnsignalen müssen unverzüglich zu einem Facharzt überwiesen werden. Hinweise auf ein Ösophaguskarzinom werden endoskopisch abgeklärt. Das häufigste Symptom sind epigastrische Beschwerden (ca. 70 %), aber auch Dysphagie, Nausea, Reflux und Anämie erfordern eine weitere Dia­gnostik. Bei Patienten mit mutmaßlichem Kopf-Hals-Tumor kann die flexible Pharyngo-Laryngoskopie dort lokalisierte Pathologien ausschließen. Halslymphknoten werden sonografisch und bioptisch abgeklärt. Der Bariumbreischluck kann bei einer Dysfunktion des oberen Ösophagussphinkters, einem Zenker-Divertikel und Motilitätsstörungen der Speiseröhre weiterhelfen. 

Quelle: Waters AM et al. BMJ 2022; DOI: 10.1136/bmj-2021-067347