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Kompressionssyndrom Wenn es eng wird im Tarsaltunnel

Autor: Dr. Franziska Hainer

Durch Quetschung des hinteren Schienbeinnervs entstehen beim Tarsaltunnelsyndrom Schmerzen vom Fußgelenk bis in die Zehen. Durch Quetschung des hinteren Schienbeinnervs entstehen beim Tarsaltunnelsyndrom Schmerzen vom Fußgelenk bis in die Zehen. © Chinnapong - stock.adobe.com
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Das hintere Tarsaltunnelsyndrom äußert sich durch Schmerzen und Missempfindungen im Bereich des Innenknöchels, die in Ferse, Fußsohle und Zehen ausstrahlen können. Ursache ist ein eingeklemmter N. tibialis. Die Krux: Die Beschwerden sind unspezifisch und die Aussagekraft der diagnostischen Optionen ist eingeschränkt. 

Der N. tibialis versorgt die Fußsohle mit sensiblen, motorischen und autonomen Ästen. Er verläuft zusammen mit Arterie, Vene und drei Sehnen im Tarsaltunnel. Dieser osteofibröse Kanal reicht von der Innenknöchelregion bis zur Fußmitte und wird medial begrenzt vom Retinaculum flexorum. Eine Kompression ist im gesamten Verlauf möglich, schreibt Dr. ­Heinrich ­Binsfeld, Algesiologe aus Drensteinfurt.

Auslöser, die den Nerv in Bedrängnis bringen können, gibt es viele. Häufig tritt das Tarsaltunnelsyndrom posttraumatisch auf (z.B. durch die Schwellung bei einer Innenbandverletzung). Weitere mögliche Ursachen sind Narben, Entzündungen, Fußfehlstellungen, hormonelle Störungen, Nerventumoren, extreme sportliche Aktivität („jogger‘s foot“), Varizen, Lipome, Ganglien oder Exostosen. „Etwa einem von fünf Tarsaltunnelsyndromen lässt sich keine eindeutige Ursache zuordnen,“ ergänzt Dr. Binsfeld.

Die konservative Therapie umfasst Lokalanästhetika, Kortikosteroide und Ruhe

Typische Symptome sind Parästhesien, Hyperästhesien oder Dys­ästhesien am Innenknöchel mit Ausstrahlung in Ferse, Fußsohle, Zehen oder auch nach proximal in den Unterschenkel. In der Regel handelt es sich um einseitige Beschwerden, die bei Belastung stärker werden. Bei fortschreitender Erkrankung kann es zu Paresen der Fußmuskulatur als Zeichen einer Nervenschädigung kommen, zunächst als Schwäche bei der Zehenspreizung erkennbar.

Gefühlsstörungen in den Füßen sind häufig. Oft handelt es sich um eine Polyneuropathie, die jedoch in der Regel beidseitig auftritt. Durchblutungsstörung, Radikulopathien, Plexusläsionen oder ein Kompartmentsyndrom kommen ebenfalls infrage. Bei einem verengten lumbalen Spinalkanal sind die Schmerzen abhängig von der Gehstrecke und treten meist beidseitig auf. Die Morton-Metatarsalgie geht mit einschießenden, elektrisierenden Schmerzen einher, während für das Tarsaltunnelsyndrom der anhaltende Brennschmerz charakteristisch ist. Weitere Ursachen für Fußschmerzen sind Fersensporn, Arthrose der Fußgelenke und entzündliche Veränderungen der Faszien und Bänder.  
Inspektion des Fußes und Palpation der Beugesehnen, die durch den Tarsaltunnel ziehen, sind Teil der klinischen Untersuchung. Zudem sollte auf eine Varus- oder Valgusfehlstellung geachtet werden. Ein positives Hoffmann-Tinel-Zeichen (Klopfen auf den Tarsaltunnel führt zu ausstrahlenden Schmerzen nach distal) spricht für ein Tarsaltunnelsyndrom. 

Mittels Elektromyografie und -neurografie werden komprimierte Nervenzweige bzw. Denervierungszeichen des Kennmuskels detektiert. Die MRT-Untersuchung im FATSAT-Modus (Fettunterdrückung) ist das Bildgebungsverfahren der Wahl. Allerdings sind spezielle Untersuchungstechniken erforderlich. Ergänzend kann die Neuro­sonografie zum Einsatz kommen.

Konservative Therapiemaßnahmen beinhalten Ruhigstellung, Infiltrationen mit Lokalanästhetika oder Kortikosteroiden (keine Mehrfach-Injektionen) und Behandlung der Grunderkrankung. Patienten mit Jogger’s Foot können verschiedene Maßnahmen testen: Trainingspause, Iontophorese, Physiotherapie, Kälte, Salben(verbände), Kompression, Ruhigstellung und entzündungshemmende Medikamente.

Der Erfolg einer OP schwankt zwischen 75 und 91 %

Die operative Therapie besteht in einer kompletten Spaltung des Retinaculum flexorum. Die Erfolgsrate gibt der Autor mit 75–91 % an. Komprimierende Ganglien oder Lipome sollten entfernt werden. Um Wundheilungsstörungen vorzubeugen, empfiehlt er, den operierten Fuß hoch zu lagern und 14 Tage nicht zu belasten. So lange sollte auch das Nahtmaterial belassen werden. Da klinisch kontrollierte Studien fehlen, sind „nur Aussagen von mittlerem Evidenzgrad möglich“, ergänzt Dr. Binsfeld.

Quelle: Binsfeld H. Schmerzmedizin 2023; 39: 32-35; DOI: 10.1007/s00940-023-4263-5