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Eine Frage des Typs Wie man Typ-1-Diabetes bei Erwachsenen zuverlässig erkennt

Autor: Dr. Anne Benckendorff

Die klinischen Diagnosekriterien von Typ-1- und Typ-2-Diabetes überlappen sich, daher kann man sich nicht allein auf diese verlassen. Die klinischen Diagnosekriterien von Typ-1- und Typ-2-Diabetes überlappen sich, daher kann man sich nicht allein auf diese verlassen. © LIGHTFIELD STUDIOS – stock.adobe.com
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Ein Typ-1-Diabetes, der erst im Erwachsenenalter beginnt, wird häufig lange als Typ-2-­Diabetes fehlgedeutet. Eine diagnostische Strategie, die die Wahrscheinlichkeit für den ein oder anderen Typ berücksichtigt, könnte Abhilfe schaffen.

Was die absolute Häufigkeit angeht, sind es keineswegs mehrheitlich Kinder und junge Erwachsene, die an Diabetes mellitus Typ 1 erkranken. Ab der vierten Lebens­dekade stellt jedoch der Typ-2-Diabetes den bei Weitem vorherrschenden Dia­betestyp dar. Deshalb kommt es bei einer Erstmani­festation nach dem 30. Lebensjahr häufig zu Fehldiagnosen, erläutern Dr. Nicholas­ Thomas­ und Dr. Angus­ Jones­, beide Universität Exeter­. Dieser Umstand stellt nicht nur ein individuelles Problem für die Betroffen dar, machen die beiden Autoren deutlich. Falsche Zuordnungen bei älteren Diabetespatienten führen auch zu verzerrten Beschreibungen des Typ-1-Diabetes im Erwachsenenalter. 

Inselzellantikörper weisen den Weg

Die klinischen Diagnosekriterien von Typ-1- und Typ-2-Diabetes überlappen sich, sodass man sich auf sie allein nicht verlassen kann. Um einen Dia­betes mellitus Typ 1 bei Erwachsenen zuverlässig identifizieren zu können, schlagen Dr. Thomas­ und sein Kollege das folgende Vorgehen vor: 

Bei klinischem Verdacht auf einen Typ-1-Diabetes (niedriges Körpergewicht, Ketoazidose, ausgeprägte Hyperglykämie) sollte man stets die Inselzellantikörper mit einem hochspezifischen Assay bestimmen. Ein positives Test­ergebnis bestätigt die Vermutung. Bei negativem Resultat könnte es sich auch um einen Typ-2-Diabetes handeln. Es sollte dann ein vorsichtiger Versuch Insulin abzusetzen, erwogen werden. Dies gilt insbesondere für ältere Patienten.

Bei einem vermuteten Typ-2-Dia­betes ohne frühen Insulinbedarf ist die routinemäßige Suche nach inselzellspezifischen Autoantikörpern oder die Bestimmung des C-Peptids nicht erforderlich. Der Nachweis eines einzelnen Inselzell­antikörpers ist kein Beweis für den autoimmun vermittelten Diabetes, erklären die Autoren. In dieser Situation halten sie eine Therapie für sinnvoll, wie sie beim Typ 2 üblich ist, inklusive adäquater Patientenschulung und angemessener Überwachung. Der Nachweis von zwei oder mehr Auto­antikörperspezies bestätigt in aller Regel einen Typ-1-Diabetes, unabhängig von der initialen Präsentation.

Bei augenscheinlichem Typ-2-­Diabetes mit Insulinbedarf innerhalb der ersten drei Jahre nach Dia­gnosestellung besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass es sich in Wirklichkeit um einen Diabetes mellitus Typ 1 handelt. Der Nachweis von mindestens einem inselzellspezifischen Autoantikörper bestätigt dann in aller Regel den Typ-1-Diabetes.

Bei einem Diabetes, der seit mindestens drei Jahren mit Insulin behandelt wird, sollte im Fall einer diagnostischen Unsicherheit das C-Peptid bestimmt werden. Dies gilt bei klinischen Hinweisen auf einen Typ-1-Diabetes ohne Nachweis spezifischer Autoantikörper sowie beim klinischen Bild eines Typ 2 mit Insulinbedarf innerhalb von drei Jahren. C-Peptid-Level unter 200–300 pmol/l bestätigen den Typ-1-Diabetes.

Quelle: Thomas NJ, Jones AG. Diabetologica 2023;  66: 2200-2212; DOI: 10.1007/s00125-023-06004-4