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Diagnostik Zöliakie unter Glutenexposition abklären

DGIM 2023 Autor: Maria Weiß

Die Diagnose Zöliakie bedeutet auch die Umstellung auf eine lebenslang glutenfreie Ernährung. Die Diagnose Zöliakie bedeutet auch die Umstellung auf eine lebenslang glutenfreie Ernährung. © anaumenko – stock.adobe.com
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Zöliakie kann zahlreiche gastrointestinale und extraintestinale Symptome hervorrufen, viele davon unspezifisch. Der Nachweis bestimmter Antikörper im Serum bei gleichzeitiger Zottenatrophie schafft Gewissheit und schließt Differenzialdiagnosen aus.

Die Prävalenz der Zöliakie liegt in Deutschland bei 0,3–1 %. Klassischerweise zeigt sich die Erkrankung meist schon im frühen Kindesalter mit chronischen Durchfällen, voluminösen fettreichen Stühlen, Eiweißmangelödemen und Gedeihstörungen. Diese Verläufe machen aber nur 10–20 % aller Zöliakiefälle aus, erläuterte Prof. Dr. ­Wolfgang ­Fischbach, niedergelassener Gastroenterologe aus Aschaffenburg. Häufig findet man überwiegend unspezifische gastrointestinale Symptome wie postprandiales Völlegefühl, geblähtes Abdomen oder chronische Bauchschmerzen, die auch mit einem Reizdarm vereinbar wären. Es gibt kein Symptom, das eine Zöliakie ausschließt – betroffene Patienten können durchaus auch übergewichtig oder obstipiert sein. Zu den extraintestinalen Symptomen einer Zöliakie zählen:

  • chronische Erschöpfung, Müdigkeit
  • unklarer Gewichtsverlust
  • Kleinwuchs oder verminderte Wachstumsgeschwindigkeit
  • Muskelschwäche
  • Myalgien/Arthralgien
  • Leistungsknick
  • Nachtblindheit
  • Kopfschmerzen
  • Ataxie

Bevor man die Diagnostik einleitet, sollte immer sichergestellt sein, dass der Patient in den vorangegangenen drei Monaten tatsächlich Gluten verzehrt hat, erinnerte Prof. Fischbach. Das Labor umfasst Gesamt-IgA und die spezifischen Gewebstransglut­aminase-IgA-Antikörper (tTG-IgA-AK). Letztere oder weitere Antikörper gegen Endomysium (EMA-IgG) müssen nur bei einem niedrigen Gesamt-IgA bestimmt werden. Zusammen mit dem Nachweis einer Zottenatrophie in der Ösophagogast­roduodenoskopie kann die Zöliakiediagnose bereits jetzt gestellt werden.

Die Bestimmung der HLA-Risikogene DQ2 und DQ8 gehört nicht zwingend zur Routinediagnostik, allerdings schließt ein negatives Ergebnis eine Zöliakie sicher aus. Der Test kann deshalb in unklaren Situationen sinnvoll sein, z.B. wenn eine Zottenatrophie bei gleichzeitiger Seronegativität vorliegt oder der Patient eine Glutenexposition ablehnt. Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren kann auf eine Biopsie verzichtet werden, wenn der serologische Befund mit einer Erhöhung der tTG-IgA-AK über das Zehnfache der Norm und zusätzlichen EMA-IgA-AK eindeutig ist.

Die Therapie sowohl der symptomatischen als auch der asymptomatischen Zöliakie besteht in einer lebenslangen glutenfreien Ernährungsweise (< 10 mg/d Gluten). Alle sechs Monate sollten die tTG-IgA-AK kontrolliert werden, nach Normalisierung alle 1–2 Jahre. Auch wenn heute eine Vielzahl glutenfreier Lebensmittel zur Verfügung steht, empfiehlt sich in jedem Fall eine professionelle Ernährungsberatung. Zu achten ist auf eine ausreichende Versorgung mit Mineralstoffen und Vitaminen. Im Alter von 50 Jahren (bei Risikofaktoren auch früher) sollte eine Knochendichtemessung zum Ausschluss einer Osteoporose erfolgen. 

Patienten mit „potenzieller“ Zöliakie, bei der nur die Antikörper erhöht sind, aber keine Zottenatrophie vorliegt, müssen nicht in jedem Fall eine glutenfreie Diät einhalten. Jedoch sollte bei ihnen der Befund alle 6–12 Monate klinisch und laborchemisch kontrolliert werden. Verschiedene Substanzen zur Behandlung der Zöliakie sind in Entwicklung und lassen darauf hoffen, dass Betroffene in Zukunft auf die Diät verzichten können.

Berichtet ein Patient trotz Ausschluss einer Zöliakie weiterhin über Probleme nach dem Verzehr von Weizenprodukten, kann eine Weizenallergie oder eine Nicht-Zöliakie-Weizen-Sensitivität (NCWS) dahinterstecken. Die echte IgE-vermittelte Weizenallergie ist sehr selten und tritt fast nur im Zusammenhang mit anderen allergischen Symptomen auf. Wesentlich häufiger ist die NCWS. Sie zeichnet sich durch eine dosisabhängige Symptomatik und Besserung bei Reduktion des Weizenkonsums aus.

Quelle: Kongressbericht 129. Kongress der Deutschen ­Gesellschaft für Innere Medizin