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Zöliakie Kann Spuren von Gluten enthalten

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Zukünftig könnte es für Zöliakie-Patienten mehr Therapieoptionen geben. Zukünftig könnte es für Zöliakie-Patienten mehr Therapieoptionen geben. © Andrey Popov – stock.adobe.com
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Für Patienten mit Zöliakie ist eine glutenfreie Kost die einzige, dafür aber sehr effektive Behandlung. Doch sich an die strengen Vorgaben zu halten, ist für Betroffene oft nicht einfach. Wer die Tücken der Therapie kennt, kann seinem Patienten das Durchhalten erleichtern und ihm zu mehr Lebensqualität verhelfen. 

Menschen mit Zöliakie haben derzeit nur eine einzige Möglichkeit, ihre Erkrankung in den Griff zu bekommen: Sie müssen Gluten nahezu komplett von ihrem Speiseplan streichen. Das ist gar nicht so einfach, erläutern Diana­ Studerus­ vom GastroZentrum Hirslanden in Zürich und PD Dr. Michael­ Schumann­ von der Charité­ – Universitätsmedizin Berlin. Denn dazu sind neben der erforderlichen Disziplin auch fundierte Kenntnisse zu möglichen Glutenquellen nötig, um auch die versehentliche Aufnahme kleiner Mengen zu vermeiden. Zugleich soll die Lebensqualität der Betroffenen trotz der strengen Vorgaben weitestgehend erhalten bleiben.

Als glutenfrei gelten gemeinhin Lebensmittel, die weniger als 20 mg/kg des Proteinkomplexes enthalten. Der Grenzwert für eine Kontamination mit dem Eiweiß liegt bei einem Gehalt zwischen 20 und 200 mg/kg, je nach nationaler Gesetzgebung. 

Studiendaten deuten darauf hin, dass das Risiko einer Kontamination bei der Zubereitung von Lebensmitteln in Großküchen oder im privaten Bereich vermutlich überschätzt wird. Selbst bei der Nutzung von Kochgeräten, Toastern oder Fritteusen zur Zubereitung sowohl von glutenhaltigen und als auch von glutenfreien Speisen könne bei vernüftiger Vorgehensweise eine Kontamination vermieden werden.

Sehr geringe Mengen führen oft nicht zu Symptomen

Während einige Betroffene beim Essen übervorsichtig sind, nehmen andere weiterhin unbewusst Gluten auf. Letztere können von einer fundierten Ernährungsberatung profitieren, in deren Rahmen versteckte Glutenquellen aufgedeckt werden. Der Verzehr geringer Mengen führt oft nicht zu Beschwerden und die Betroffenen bemerken ihren Diätfehler nicht.

Mittlerweile gibt es immun­chromatografische Verfahren, mit denen sich die Fragmente des Proteins, die sogenannten gluten immunogenic petides, in Stuhl oder Urin bestimmen lassen.

Als potenzielle Quelle für den Krankheitstrigger gelten auch Arzneimittel mit Weizenstärke als Hilfsstoff. Anders als bei Lebensmitteln muss Gluten bei ihnen nicht angegeben werden. Eine Untersuchung von 59 Medikamenten kam zu dem Ergebnis, dass 71 % der Präparate tatsächlich den Proteinkomplex enthielten. Allerdings liegen die Mengen in Arzneimitteln weit unter den als verträglich angenommenen 10 mg. Weizenstärkehaltige Tabletten, Pulver oder Säfte gelten für Patienten mit Zöliakie daher in der Regel als sicher.

Auch Hafer wird mittlerweile als unbedenklich eingestuft. Allerdings ist er oft infolge der Fruchtfolge auf den Äckern mit glutenhaltigem Getreide kontaminiert, berichten die beiden Autoren. Sie sprechen sich aber für die Einführung von Hafer in den Speiseplan aus, sobald eine stabile Remission erreicht ist, und verweisen auf die entsprechende Empfehlung in den Leitlinien.

Spezielle glutenfreie Nahrungsmittel haben im Vergleich zu herkömmlichen Produkten oft einen höheren Fett- und Zuckergehalt bei niedrigerem Ballaststoffanteil. Dies kann zu einem Mangel an Vitaminen (D, E, B1, B2, B6, B9), Mineralstoffen (Kalium, Kalzium, Magnesium) und Spurenelementen (Eisen, Zink, Jod, Selen, Mangan) führen. Daher ist es ratsam, laborchemische Kontrollen durchzuführen und ggf. zu supplementieren.

Zumindest bei der Erstdiagnostik erzielt die serologische Bestimmung des Transglutaminase-Immunglobulins A eine hohe diagnostische Genauigkeit. Bei glutenfreier Ernährung gehen die Titer meist innerhalb eines Jahres auf Normal­niveau zurück. Während ein positiver Antikörpernachweis im Verlauf auf Diätfehler oder Glutenkontaminationen hinweist, vermag ein unauffälliges Resultat die Exposition nicht zuverlässig auszuschließen.

Zukünftig wird es mehr Optionen geben

Eine generelle Verlaufsendoskopie ist laut Leitlinien nicht vorgesehen, scheint aufgrund kürzlich publizierter Daten aber für bestimmte Patienten sinnvoll zu sein. Einen guten Eindruck zur Therapieadhärenz erhalten Ärzte durch eine gezielte Befragung.

In Zukunft dürfte es über die glutenfreie Ernährung hinaus einige Therapieoptionen mehr geben, berichten Studerus­ und Dr. Schumann­. So wird es aller Voraussicht nach bald eine ergänzende Therapie für den Fall geben, dass ein Patient trotz entsprechender Kost an Restsymptomen der Zöliakie leidet. Andere Verfahren werden es den Betroffenen ermöglichen, die Striktheit ihrer Diät in bestimmten Situationen zu umgehen, etwa bei Restaurantbesuchen oder im Urlaub. 

Eine therapeutische Strategie ist etwa, die fehlende Immuntoleranz gegenüber den Glutenpeptiden wiederherzustellen, eine andere, die krankheitstriggernden Peptide mittels optimierter Glutenasen zu verdauen. Auch Hemmer der Gewebstransglutaminase und monoklonale Antikörper gegen das Interleukin-15, das als entscheidender Mittler in der mukosalen Immunreaktion gilt, werden derzeit in klinischen Studien untersucht.

Quelle: Studerus D, Schumann M. Inn Med (Heidelb) 2023; 64: 1162-1170; DOI: 10.1007/s00108-023-01621-y