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Zwei Subtypen des Typ-1-Diabetes identifiziert

Autor: Manuela Arand

Frühe Infektionen und Darmflora stehen im Verdacht, als Umwelttrigger für Autoimmunität zu wirken. Frühe Infektionen und Darmflora stehen im Verdacht, als Umwelttrigger für Autoimmunität zu wirken. © iStock/sorbetto
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Nicht bei allen Kindern mit hohem genetischen Risiko manifestiert sich ein Typ-1-Diabetes. Im Rahmen der TEDDY-Studie werden Umweltfaktoren und Biomarker analysiert, die Aufschluss über die Prognose geben sollen. Autoantikörper und Mikrobiom liefern Hinweise.

„Eine interessante Beobachtung ist, dass sich die Autoimmunität unterschiedlich entwickelt – es scheint zwei Endotypen des Typ 1 zu geben“, berichtete Professor Dr. Marian Rewers vom Barbara Davis Center for Diabetes der University of Colorado. Der eine entwickelt zuerst Antikörper gegen Insulin (IAA), der andere gegen Glutamatdecarboxlyase (GADA). Der „IAA first“-Phänotyp zeigt einen frühen Gipfel der Inzidenz, die dann rasch wieder abfällt, während die Entwicklung beim „GADA first“-Phänotyp langsamer verläuft.

Frühe Infektionen und Darmflora unter Verdacht

Typ-1-Diabetes ist also eine heterogene Erkrankung. Für die klinische Praxis folgt daraus, dass ein Screening auf Inselautoimmunität möglichst bereits in den ersten zwei Lebensjahren beginnen müsste, so der Referent. Aus den Informationen zu genetischer Ausstattung und Autoantikörpern ließen sich recht präzise Risikoscores ableiten, die dann spezifische Präventionskonzepte ermöglichen.

Als Umwelttrigger für Autoimmunität stehen bereits seit einigen Jahren frühe Infektionen und Komponenten der Darmflora in Verdacht. Aus Stuhlproben, die in den ersten vier Lebensjahren monatlich und dann alle drei Monate abgegeben wurden, isolierten und sequenzierten die TEDDY-Forscher das gesamte Virom. Fallkontrollanalysen zufolge korrelierte vor allem die Persistenz von Enterovirus B mit der Entwicklung von Inselautoantikörpern. Eine prolongierte Infektion mit positivem Nachweis über drei Entnahmezeitpunkte ging mit einem dreifach erhöhten Diabetesrisiko (p = 0,0005) einher. Eine besonders starke Korrelation ließ sich beim Phänotyp „IAA first“ nachweisen.

Umwelttriggern auf der Spur

In der TEDDY-Studie (The Environmental Determinants of Diabetes in the Young) werden seit 2004 Kohorten von Kindern begleitet, die aufgrund des Nachweises von mit hohem Risiko assoziierten Humanen Leukozyten-Antigenen (HLA) und/oder ihres familiären Hintergrunds als besonders gefährdet für einen Typ-1-Diabetes gelten. Eingeschlossen werden Kinder von der Geburt bis zum Abschluss des 15. Lebensjahres. In Abständen von anfangs drei, später sechs Monaten werden Blutproben genommen und auf Inselautoantikörper (GADA, 1A-2A, IAA und ZnT8A) untersucht. Ziel ist es, jene Umwelttrigger zu identifizieren, die bei gefährdeten Kindern zur Manifestation eines Typ-1-Diabetes führen. Außerdem suchen die Forscher nach Biomarkern für einen langsameren oder schnelleren Krankheitsverlauf. Insgesamt nehmen 8666 Kinder und Jugendliche an TEDDY teil. Stand 21. Mai 2020 hatten 844 von ihnen persistierende Autoantikörper entwickelt, 486 sogar multiple. Bei 376 Kindern wurde bereits die Diagnose Typ-1-Diabetes gestellt.

Die konkrete Zusammensetzung des intestinalen Mikrobioms nach dem ersten Lebensjahr hängt von verschiedenen Faktoren ab. Besonders großen Einfluss hat die Ernährung mit Muttermilch, aber auch Geburtsmodus, Geschwister und Haustiere spielen eine Rolle, erklärte Prof. Rewers. Auch hier zeigte die Fallkontrollanalyse substanzielle Unterschiede, vor allem bei Bakterien, die kurzkettige Fettsäuren produzieren – wie etwa Lactobacillus rhamnosus. Bei gesunden Kindern in der Kontrollgruppe enthielt der Stuhl mehr dieser Bakterien, insbesondere wenn sie schon früh Probio­tika bekommen hatten. Ein solches Zufüttern probiotischer Nahrung ist in Deutschland und Finnland viel weiter verbreitet als in den beiden anderen TEDDY-Ländern USA und Schweden. Weitere Analysen ergaben, dass die sehr frühe Gabe von Probiotika in den ersten Lebenswochen vor allem Höchstrisikokindern mit HLA-DR3/4-Genotyp Schutz zu bieten scheint.

Konkrete Empfehlungen noch nicht möglich

Ob sich daraus eine Präventionsstrategie ableiten lässt, muss noch in prospektiven Interventionsstudien geprüft werden, wie Prof. Rewers betonte. Gleiches gilt für Ergebnisse, denen zufolge Mikronährstoffe dosisabhängige günstige Effekte haben können, namentlich die Vitamine C und D sowie mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Konkrete Empfehlungen lassen sich bislang nicht daraus ableiten. TEDDY läuft jedenfalls weiter.

Kongressbericht: 80th Scientific Sessions der ADA