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Sechs Subgruppen des Prädiabetes – Differenzierung ist prognostisch relevant

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Die gebildeten Subgruppen haben ein unterschiedlich hohes Risiko einen manifesten Diabetes zu entwickeln. Die gebildeten Subgruppen haben ein unterschiedlich hohes Risiko einen manifesten Diabetes zu entwickeln. © Robert Kneschke – stock.adobe.com
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Bevor sich ein Typ-2-Diabetes manifestiert, gibt es eine mehr oder weniger lange prädiabetische Vorphase mit (leicht) erhöhten Blutzuckerwerten. Eine Studie des Instituts für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen an der Universität Tübingen hat jetzt mittels Clusteranalyse sechs verschiedene Typen dieses Prädiabetes definiert.

Sie unterscheiden sich vor allem darin, ob sich letztendlich überhaupt ein manifester Diabetes entwickelt, und wenn ja, wie hoch das Risiko für schwere Komplikationen ist.

Patienten mit Typ 3 und 5 erkranken besonders häufig

Bei 899 als noch gesund geltenden Teilnehmern aus der Tübinger Familienstudie und der Studie des Tübinger Lebensstilprogramms führten Professor Dr. Robert Wagner­ und seine Kollegen eine detaillierte Analyse durch. Sie bewerteten Insulinsensitivität und -sekretion, orale Glukosetoleranz, Körperfettverteilung (insb. subkutanes und viszerales Fettvolumen), Leberfettanteil, HDL-Cholesterin und einen genetischen Risikoscore. Dabei kristallisierten sich sechs distinkte Cluster-Typen heraus, die sich durch die Blutzuckerhöhe, die Insulinwirkung und -ausschüttung, die Körperfettverteilung, das Ausmaß der Leberverfettung und das genetische Risiko voneinander unterscheiden.

Drei Clustern konnte ein niedriges Diabetesrisiko zugeordnet werden: Cluster 1 und 2, die sich aus stoffwechselgesunden, im Cluster 2 vorwiegend schlanken Menschen zusammensetzen, sowie Cluster 4 mit Übergewichtigen, deren Stoffwechselparameter noch weitgehend normal waren.

Eine ungünstigere Prognose kennzeichnete die übrigen Cluster. Menschen mit dem Prädiabetes-Subtyp 3 bilden zu wenig Insulin und ihr Risiko, an Diabetes zu erkranken, ist hoch. Noch höher liegt es in Cluster 5 bei Menschen mit ausgeprägter Fettleber, die gleichzeitig mit einer ausgeprägten Insulinresistenz einhergeht. Prädiabetiker des Typs 6 haben einen hohen Anteil an viszeralem Fett und renalem Sinusfett. Das Risiko für einen manifesten Diabetes liegt zwar im Verhältnis niedrig. Aber sie entwickeln häufig bereits vor einer Diabetesdiagnose Nierenschäden und haben ein hohes Komplikations- und Mortalitätsrisiko.

Zukünftig individuell angepasste Therapie?

Die Existenz dieser sechs Subtypen konnte in einer größeren englischen Kohorte mit 7000 Teilnehmern validiert werden. Prof. Wagner und seine Kollegen forschen derzeit daran, für die verschiedenen Prädiabetes-Subtypen individuelle Konzepte für eine gezielte frühe Prävention und Therapie zu entwickeln.

Quelle: Wagner R et al. Nature Medicine 2021; 27: 49-57; DOI: 10.1038/s41591-020-1116-9