Leptospirose

Definition

Erreger der Leptospirose ist das Bakterium Leptospira interrogans, von dem mehr als 50 Serovaren existieren. Es handelt sich um eine weltweite Zoonose – natürliches Erregerreservoir sind vor allem Ratten, Mäuse und andere Nagetiere. Einige Serovaren werden auch durch Hunde und Schweine übertragen.

Die Übertragung erfolgt in der Regel über den Urin infizierter Tieren und damit über feuchten Erdboden (z.B. Überschwemmungsgebiete) oder Wasser. Möglich ist die Infektion bei Wasserkontakt über Haut- und Schleimhautläsionen. Gefährdet sind dementsprechend z.B. Angler, Wassersportler und bestimmte Berufsgruppen wie Kanal-, Feld- und Abwasserarbeiter oder Erntehelfer. In diesen Fällen kann die Erkrankung auch als Berufskrankheit gemeldet werden.

Die Infektiosität der Leptospiren kann je nach Umweltbedingungen (warme Temperaturen, konstante Feuchtigkeit) über Wochen bis Monate bestehen bleiben. Im Salzwasser sind Leptospiren nicht überlebensfähig und sie sind empfindlich auf direkte Sonneneinstrahlung.

Die höchsten Inzidenzen hat die Leptospirose in tropischen und subtropischen Ländern – sie kommt aber auch in Ländern mit gemäßigtem westeuropäischem Klima vor. In Deutschland wurden pro Jahr seit 2000 zwischen 37 und 166 Leptospirose-Fälle pro Jahr an das RKI gemeldet – die Dunkelziffer könnte aber noch höher sein.

Die Inkubationszeit liegt in der Regel bei 7 bis 14 Tagen bei einer Spannweite von 2 bis 30 Tagen.

Leptospiren können von erkrankten Personen in den ersten zwei Wochen nach Infektionsbeginn mit dem Urin ausgeschieden werden. Eine Übertragung von Mensch zu Mensch ist aber nur in seltenen Fällen beschrieben worden.

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Symptomatik

Das klinische Bild der Leptospirose ist sehr vielseitig und reicht von milden, grippeähnlichen Symptomen bis hin zu fulminant verlaufenden, septischen Erkrankungen, die innerhalb weniger Tage zum Tode führen können. Zwischen diesen beiden Extremen liegt ein Spektrum unterschiedlich schwerer Verläufe, die potenziell jedes Organsystem betreffen können. Man geht aber davon aus, dass sich über 90 % der Leptospirosen als milde, zum Teil subklinische Erkrankungen manifestieren. Der schwere Verlauf mit der klassischen Trias aus Nierenversagen, Ikterus und Splenomegalie wird auch als Morbus Weil bezeichnet. Hier liegt die Letalität bei über 20 %.

Oft ist der Verlauf biphasisch:

1. Frühstadium (Bakteriämie)

  • plötzlicher Beginn mit hohem Fieber (39-40 °C) und grippeähnlichen Beschwerden
  • Konjunktivitis
  • Exantheme (masernähnlich, diffus oder rumpfbetont)
  • Wadenschmerzen, Kopfschmerzen (vor allem retrobulbär)
  • evtl. gastrointestinale Symptome

2. Organmanifestationen

  • erneuter Fieberanstieg
  • Hepatitis (oft ikterisch)
  • Leptospiren-Nephritis (eher mit Hypokaliämie und polyurischem Nierenversagen)
  • Meningitis/Enzephalitis (starke Kopfschmerzen, Photophobie, Nackensteife und Vigilanzänderung)
  • respiratorische Symptome (u.a. pulmonale Hämorrhagien)
  • selten Myokarditis, Iridozyklitis, Pankreatitis/Cholezystitis, Rhabdomyolyse
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Untersuchung

Frühstadium:

  • hohes Fieber
  • masernähnliches Exanthem
  • Konjunktivitis (Bindehauthyperämie)
  • Rötung der Schleimhäute
  • relative Bradykardie, Hypotonie

Organmanifestation:

  • erneutes Fieber
  • Ikterus (bei Eintreten Verschlechterung des Allgemeinbefindens)
  • Splenomegalie
  • Anzeichen der Niereninsuffizienz
  • evtl. EKG-Veränderungen/Arrhythmie
Labor

Die Verdachtsdiagnose kann bei typischer Klinik und entsprechender Berufs- und Freizeitanamnese gestellt werden.

Laborveränderungen

  • Leukozytose mit Linksverschiebung
  • Thrombozytopenie
  • bei Hepatitis Hyperbilirubinämie mit fehlendem oder nur geringem Transaminasenanstieg
  • bei Nephritis Hypokaliämie

Bestätigung der Diagnose:

Direkter Erregernachweis in Körperflüssigkeiten oder Gewebe (PCR):

  • in den ersten zwei Wochen aus Blut- oder Liquorproben
  • Anzucht aus dem Urin am ehesten in der 2. Erkrankungswoche

Serologische Diagnostik:

  •  Mikroagglutinationstest (MAT) als Referenzmethode
  • Titer von > 1:100 gilt als positiv, nach 1-2 Wochen Kontrolle um Titeranstieg zu dokumentieren
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Differenzialdiagnostik
  • Influenza
  • je nach Reiseanamnese zahlreiche andere fieberhafte Erkrankungen (z.B. Malaria, Rickettsiosen, Typhus, Dengue-Fieber, Gelbfieber, akute Schistosomiasis)
  • Virushepatitis
  • akute HIV-Infektion
  • Hantavirus-Infektion (vor allem bei hämorrhagischer Lungenbeteiligung)
  • bei zentralnervöser Manifestation Meningoenzephalitis anderer Genese (z.B. FSME)
  • hämolytisch-urämisches Syndrom nach Infektion mit EHEC oder Shigellen
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Pharmakotherapie und nichtinvasive Therapie

Einheitliche Leitlinien liegen aufgrund mangelnder Evidenz nicht vor. Es besteht aber Konsens, dass vor allem in der Frühphase eine Antibiotika-Behandlung indiziert ist.

Leichte Verläufe: Doxycyclin (2 x 100 mg/d; p. o. für 7 Tage)

Schwere Verläufe: Penicillin G (1,5 Mio E/6 h; i. v. für 7 Tage) oder Ceftriaxon (1 g/d; i. v. für 7 Tage)

Bei schweren pulmonalen Verlaufsformen kann evtl. Methylprednisolon die Letalität reduzieren.

Meldepflicht:

Bei Labornachweis von humanpathogenen Leptospiren ist eine namentliche Meldung an das Gesundheitsamt erforderlich.

Prävention

Für Risikogruppen wird eine Expositionsprophylaxe empfohlen (geeignete wasserdichte Schutzkleidung, Handschuhe, ggf. Schutzbrille). Bei Exposition zu potenziell kontaminierten Gewässern sollten Wunden wasserdicht geschützt werden.

Hunde und andere Nutztieren sollten regelmäßig gegen Leptospirose geimpft werden, ein Impfstoff für Menschen steht nicht zur Verfügung.

Bei Kontakt mit infizierten Tieren (z.B. Hunden) sollten die betroffenen Personen zunächst auf die Entwicklung der typischen Initialsymptome (plötzlich einsetzendes Fieber, Gelenk- und Muskelschmerzen) beobachtet werden. Bei Auftreten von Symptomen sollte dann sofort eine Therapie erfolgen.

Forschung
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