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Alteplase unter NOAK Auf dem schmalen Grat zwischen Schlaganfall und Blutung

Autor: Dr. Andrea Wülker

Die Studie beantwortet die Frage nach der Sicherheit dieser Therapie nach NOAK-Einnahme noch nicht definitiv. Die Studie beantwortet die Frage nach der Sicherheit dieser Therapie nach NOAK-Einnahme noch nicht definitiv. © iStock/libre de droit
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Darf man Thrombembolien unter NOAK lysieren? Bisher galt das als strikt untersagt. Doch eine Studie gibt jetzt vorsichtige Entwarnung.

Nicht-Vitamin-K-abhängige orale Antikoagulanzien verhindern definitiv viele Thromboembolien. Wenn es unter der Einnahme aber doch zu einem ischämischen Schlaganfall kommt, raten aktuelle Leitlinien von der intravenösen Thrombolyse mit Alteplase ab, da ein erhöhtes Blutungsrisiko vermutet wird. Aber stimmt das wirklich?

Dr. Wayneho Kam vom Duke University Medical Center, Durham, und Kollegen analysierten in einer retrospektiven Untersuchung die Daten von über 163.000 Patienten (medianes Alter: 70 Jahre), die zwischen 2015 und 2020 einen akuten ischämischen Schlaganfall erlitten hatten. Alle waren innerhalb von 4,5 Stunden nach Symptombeginn mit intravenöser Alteplase behandelt worden. 2.207 dieser Patienten (1,4 %) hatten in den sieben Tagen vor der Alteplase-Therapie NOAK eingenommen. Primärer Endpunkt war eine symptomatische intrakranielle Blutung innerhalb von 36 Stunden nach der intravenösen Gabe von Alteplase.

NOAK-Patienten waren älter (medianes Alter: 75 Jahre), hatten häufiger kardiovaskuläre Begleiterkrankungen und erlitten schwerere Schlaganfälle als solche ohne Antikoagulation. Die nicht-adjustierte Rate an symptomatischen intrakraniellen Blutungen betrug 3,7 % in der NOAK-Gruppe bzw. 3,2 % in der Gruppe ohne Antikoagulation. Nach Adjustierung bezüglich klinischer Baseline-Faktoren unterschied sich das Risiko für eine symptomatische intrakranielle Blutung zwischen den beiden Gruppen nicht signifikant. Auch die Mortalität während des stationären Aufenthalts variierte nicht signifikant (6,3 % im NOAK-Kollektiv, 4,9 % unter denjenigen ohne Antikoagulation). Die Thrombolyse scheint also auch für derart Antikoagulierte sicher.

Zeitpunkt der NOAK-Einnahme entscheidend

Doch die Studie beantwortet die Frage nach der Sicherheit dieser Therapie nach NOAK-Einnahme noch nicht definitiv, schreibt der Neurologe Dr. David Seiffge vom Universitätsspital Bern. So ist z.B. unklar, zu welchem Zeitpunkt die letzte Dosis eingenommen wurde. Die Antikoagulanzien haben eine kurze Halbwertszeit, und es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass die Therapie mit Alteplase kein großes Sicherheitsproblem darstellt, wenn die letzte NOAK-Einnahme mindestens 48 Stunden zurückliegt. Bei einem kürzeren Intervall könnte die Sache anders aussehen.

Quelle:
1. Kam W et al. JAMA 2022; 327: 760-771; DOI: 10.1001/jama.2022.0948
2. Seiffge DJ. JAMA 2022; 327: 725-726; DOI: 10.1001/jama.2022.0068