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Antidepressiva in der Schwangerschaft Bei bestehender Dauertherapie offenbar die bessere Wahl

Autor: Dr. Franziska Hainer

Schwangere mit schweren psychiatrischen Erkrankungen sollten bezüglich ihrer medikamentösen Therapie beraten werden, um ein abruptes Absetzen zu vermeiden. (Agenturfoto) Schwangere mit schweren psychiatrischen Erkrankungen sollten bezüglich ihrer medikamentösen Therapie beraten werden, um ein abruptes Absetzen zu vermeiden. (Agenturfoto) © sosiukin – stock.adobe.com
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Frauen, die Antidepressiva nehmen und schwanger werden (wollen), sollten die Psychopharmaka nicht einfach nach gusto absetzen. In manchen Fällen ist es besser, die Medikation beizubehalten.

Schwangere Frauen mit antidepressiver Dauertherapie profitieren laut einer norwegischen Studie von der kontinuierlichen Einnahme ihrer Medikamente durch die Schwangerschaft hindurch. Wer dagegen eine schon länger andauernde antidepressive Therapie im zweiten oder dritten Trimenon absetzte, benötigte postpartal häufiger Neuroleptika oder eine akute psychiatrische Behandlung, berichtet eine Arbeitsgruppe um Dr. Nhung Trinh von der Universität Oslo.

Eingeschlossen in die Kohortenstudie waren Frauen aus dem dänischen und norwegischen Bevölkerungsregister. Sie alle hatten mindestens eine Arzneimittelverordnung für Antidepressiva in den sechs Monaten vor der Gravidität erhalten. Knapp 60.000 Teilnehmerinnen mit Einlingsschwangerschaften wurden auf vier Gruppen verteilt:

  • Frauen, die die Dosis ihrer Antidepressiva schon innerhalb von sechs Monaten vor der Schwangerschaft reduziert und diese kurz vor der Empfängnis ganz abgesetzt hatten (frühe Abbrecher)
  • Frauen, die innerhalb der sechs Monate vor Schwangerschaft ihre Antidepressivadosis erhöht, die Medikamente dann aber im zweiten oder dritten Schwangerschaftstrimester abgesetzt hatten (Kurzzeitnutzer)
  • Frauen, die die gesamten sechs Monate vor der Empfängnis kontinuierlich Antidepressiva eingenommen, diese aber im zweiten oder dritten Trimester abgesetzt hatten (späte Abbrecher)
  • Frauen, die sowohl in den sechs Monaten vor als auch während der kompletten Schwangerschaft kontinuierlich Antidepressiva eingenommen hatten (Dauernutzer)

Das Absetzen der Antidepressiva führte nur bei Schwangeren unter Dauertherapie zu einem moderat erhöhten Risiko, postpartal Neuroleptika zu benötigen (Hazard Ratio, HR, 1,13). Als Risikofaktor für einen Abbruch der Dauertherapie erwiesen sich vorangegangene affektive Störungen.

Für die Kurzzeitnutzer und diejenigen, die das Antidepressivum schon vor der Empfängnis abgesetzt hatten, ging das Abbrechen der antidepressiven Therapie ohne erhöhtes Risiko für eine Eskalation der Psychopharmakatherapie einher. Außerdem war ihr Risiko für eine psychiatrische Notfallbehandlung niedriger als bei den Dauernutzern (HR 0,73 bzw. 0,70). Die Autoren vermuten einen Zusammenhang mit den weniger schwerwiegenden psychiatrischen Grunderkrankungen dieser Patientinnen. Schwangere mit schweren psychiatrischen Erkrankungen sollten bezüglich ihrer medikamentösen Therapie beraten werden, um ein abruptes Absetzen zu vermeiden, empfehlen die Autoren.

Quelle: Trinh N et al. JAMA Psychiatry 2023; 8: e230041; DOI: 10.1001/jamapsychiatry.2023.0041