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Schwangerschaft Bei Verdacht auf peripartale Kardiomyopathie umgehende Abklärung

Autor: Dr. Judith Lorenz

Unter optimaler Therapie regeneriert sich in den meisten Fällen die Herzfunktion vollständig, was häufig die Frage nach der Möglichkeit einer weiteren Schwangerschaft aufwirft. Unter optimaler Therapie regeneriert sich in den meisten Fällen die Herzfunktion vollständig, was häufig die Frage nach der Möglichkeit einer weiteren Schwangerschaft aufwirft. © Kostia – stock.adobe.com
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Klagen Frauen gegen Ende der Schwangerschaft oder kurz danach über Dyspnoe, periphere Ödeme, Abgeschlagenheit und Herzrasen, kann eine peripartale Kardiomyopathie dahinterstecken. Frühzeitig erkannt und therapiert, ist die Prognose gut.

Die peripartale Kardiomyopathie (PPCM) betrifft zuvor herzgesunde Frauen und manifestiert sich in den letzten Schwangerschaftswochen oder in den ersten Monaten nach der Geburt in Form einer Herzinsuffizienz mit eingeschränkter systolischer linksventrikulärer Funktion, erläutert Dr. Tobias Pfeffer von der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover. Das klinische Spektrum reicht von leichten Einschränkungen bis hin zur akuten kardialen Dekompensation mit kardiogenem Schock. Im klinischen Alltag stellt die Diagnose dieser idiopathischen Kardiomyopathie oftmals eine große Herausforderung dar, da sich insbesondere bei leichten Verläufen die Symptome nur schwer von unspezifischen, nicht-kardialen peripartalen Beschwerden abgrenzen lassen, so Dr. Pfeffer.

Pathophysiologisch liegt der PPCM eine durch oxidativen Stress ausgelöste Spaltung des Stillhormons Prolaktin in ein 16 Kilodalton schweres Spaltprodukt, welches die Herzmuskelzellen schädigt, zugrunde. Mit dem Dopaminrezeptoragonisten Bromocriptin, der die Prolaktinausschüttung hemmt, bietet sich ein pharmakologischer Therapieansatz.

Die kardiologische Diagnostik der PPCM fußt neben der klinischen Untersuchung (Herzinsuffizienzzeichen) auf der Echokardiografie (reduzierte linksventrikuläre Auswurffraktion, meist in Verbindung mit dilatiertem linkem Ventrikel) und der Bestimmung des NT-proBNP (meist deutlich erhöht). Letztlich ist die PPCM allerdings eine Ausschlussdiagnose, betont Dr. Pfeffer.

Die Therapie erfordert die Zusammenarbeit von Kardiologen, Gynäkologen, Anästhesisten, gegebenenfalls Herzchirurgen sowie Neonatologen, führt der Experte weiter aus. Neben Bromocriptin muss eine leitliniengerechte medikamentöse Herzinsuffizienztherapie eingeleitet werden, die auch nach Erholung der linksventrikulären Funktion in der Regel über mindestens 12–24 Monate fortgeführt und anschließend nur schrittweise und unter engmaschiger Kontrolle reduziert werden sollte.

Besonders problematisch ist die Behandlung von Patientinnen im kardiogenen Schock: Diese benötigen zur hämodynamischen Stabilisierung Katecholamine, welche jedoch die PPCM-Prognose verschlechtern. In solchen Fällen empfiehlt Dr. Pfeffer die frühzeitige Verlegung in ein Zentrum mit der Möglichkeit zum Einsatz mechanischer Kreislaufunterstützungssysteme. Zum Schutz vor einem plötzlichen Herztod sollten PPCM-Patientinnen eine Defibrillatorweste tragen. Erholt sich die linksventrikuläre Funktion nicht ausreichend, muss ein implantierbarer Cardioverter-Defibrillator (ICD) erwogen werden.

Die Prognose der PPCM ist prinzipiell gut: Unter optimaler Therapie regeneriert sich in den meisten Fällen die Herzfunktion vollständig, was häufig die Frage nach der Möglichkeit einer weiteren Schwangerschaft aufwirft. Dies will jedoch gut überlegt sein: Frauen mit persistierend eingeschränkter linksventrikulärer Funktion sollten unbedingt davon absehen. Aber auch bei gut erholter Herzfunktion besteht ein Rezidivrisiko. Generell empfiehlt Dr. Pfeffer für Folgeschwangerschaften eine Betreuung durch ein interdisziplinäres Team inklusive engmaschiger kardiologischer Kontrollen während und nach der Schwangerschaft.

Quelle: Pfeffer TJ et al. Dtsch Med Wochenschr 2022; 147: 1537-1544; DOI: 10.1055/a-1810-9318