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Antiinflammatorische Therapie Den Diabetes am Interleukin packen

Diabetes Kongress 2023 Autor: Maria Weiß

Die antiinflammatorische Behandlung des Typ-2-Diabetes wird auch in Zukunft ein spannendes Feld bleiben. Die antiinflammatorische Behandlung des Typ-2-Diabetes wird auch in Zukunft ein spannendes Feld bleiben. © dragonstock – stock.adobe.com
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Immer mehr weist darauf hin, dass Inflammation bei der Pathogenese des Typ-2-Diabetes eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Lässt sich dies aber auch in neue Therapieansätze umsetzen?

Schon länger ist bekannt, dass erhöhte Glukosespiegel zu metabolischem Stress und damit zu einer vermehrten Freisetzung des proinflammatorischen Zytokins Interleukin(IL)-1β führen, sagte Prof. Dr. Marc Donath von der Abteilung für Biomedizin an der Universität Basel. Auch andere bei Diabetes erhöhte Stoffwechselprodukte wie Fettsäuren, Lipoproteine oder Harnsäure tragen zum metabolischen Stress und damit zur vermehrten Freisetzung reaktiver Sauerstoffspezies in den Mitochondrien bei. Ein spezifischer Sensor für diese Veränderungen ist das NLPR3*-Inflammasom, das die vermehrte Freisetzung von IL-1β vermittelt.

Bereits 2007 konnte eine Proof-of-concept-Studie belegen, dass die Gabe eines IL-1-Antagonisten bei Typ-2-Diabetes die Stoffwechsellage verbessert. Gezeigt wurde nicht nur eine Abnahme von HbA1c, sondern zudem eine Erhöhung der Insulinproduktion in den Betazellen. Auch eine Abnahme weiterer systemischer Entzündungsparameter wie CRP und IL-6 wurde beobachtet. Die positiven Ergebnisse einer IL-1β-Blockade ließen sich inzwischen in mehreren Studien bestätigen.

Eine besonders große Rolle spielt die Entzündung bei der proliferativen diabetischen Retinopathie. Daher ist es nicht verwunderlich, dass auch hier eine IL-1-Blockade (z.B. mit Canakinumab) therapeutisch positive Auswirkungen hat. Zurzeit laufen einige Studien zu diesem Therapieprinzip. Auch für die Behandlung anderer diabetischer Folgeerkrankungen wie Nephropathie oder Neuropathie sind IL-1-Antagonisten eine Option.

IL-1-Rezeptorantagonisten sind in einigen Ländern bei Gicht – ebenfalls eine metabolisch-inflammatorische Erkrankung – als sehr effektive Therapie bereits zugelassen. In Studien besserte sich bei Patienten, die zusätzlich an einem Diabetes litten, die Blutzuckerkontrolle deutlich. Diese Strategie ist Prof. Donath zufolge wesentlich günstiger als die Gabe von Steroiden, die die diabetische Stoffwechsellage noch zusätzlich verschlechtern.

Unter IL-1-Blockade weniger Infarkte und Schlaganfälle

In der CANTOS-Studie, an der u.a. viele Patienten mit Diabetes teilnahmen, reduzierte die IL-1-Blockade mit Canakinumab das Risiko für nicht-tödlichen Myokardinfarkt und Schlaganfall sowie kardiovaskulären Tod signifikant. Auch Hospitalisierungen aufgrund von Herzinsuffizienz gingen dosisabhängig zurück. Ein weiterer positiver Effekt war die Prävention von Neuerkrankungen an Typ-2-Diabetes. Der Schutz hielt über bis zu vier Jahre an.

In einer weiteren Studie erhielten Patienten mit der Doppeldiagnose rheumatoide Arthritis und Diabetes entweder den IL-1-Rezeptorantagonisten Anakinra oder einen TNF-Hemmer. Auch in diesem Fall zeigte sich ein deutlicher positiver Effekt durch den IL-1-Rezeptorantagonist auf den HbA1c, der unter TNF-Blockade nicht beobachtet wurde.

Neben IL-1β gibt es eine Reihe weiterer Kandidaten unter den proinflammatorischen Zytokinen, die als therapeutisches Target potenziell infrage kommen, so Prof. Donath. Die antiinflammatorische Behandlung des Typ-2-Diabetes wird somit auch in Zukunft ein spannendes Feld bleiben.

* NOD-, LRR- and pyrin domain-containing protein 3