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Polyneuropathie Diabetes tut auch in den Muskeln weh

Autor: Dr. Judith Lorenz

Die Wissenschaftler empfehlen für alle Patienten mit schmerzhafter diabetischer Polyneuropathie ein Routinescreening auf eine myofasziale Schmerzkomponente. Die Wissenschaftler empfehlen für alle Patienten mit schmerzhafter diabetischer Polyneuropathie ein Routinescreening auf eine myofasziale Schmerzkomponente. © Artur – stock.adobe.com
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Die diabetische Polyneuropathie ist häufig. Doch offenbar leiden Menschen mit Diabetes nicht nur unter Nervenschmerzen. Auch myofasziale Schmerzen machen ihnen zu schaffen und belasten die Betroffenen im Alltagsleben stark.

Etwa jeder zweite Diabeteskranke entwickelt eine Polyneuropathie, die bei einem großen Anteil der Patienten Schmerzen verursacht. Rund ein Viertel der Betroffenen leidet dabei offenbar nicht nur an Nerven-, sondern zusätzlich auch an myofaszialen Schmerzen, berichtet ein Forscherteam um Dr. Fabiola Escolano-Lozano von der Klinik und Poliklinik für Neurologie der Universitätsmedizin Mainz. Dies hat den Autoren zufolge sowohl dia-gnostisch als auch im Hinblick auf die gezielte, personalisierte Therapie eine große Relevanz.

Myofasziale Schmerzen bei 9 von 41 Patienten

Wie häufig die muskuloskelettale Schmerzkomponente beim Diabetes zusätzlich zur typischen Neuropathie ist, untersuchte die Arbeitsgruppe an 69 Personen, die infolge eines Typ-2-Diabetes an einer Polyneuropathie litten. Alle Teilnehmenden absolvierten umfangreiche klinische Tests zur genaueren Eingrenzung des Schmerz-Phänotyps. Außerdem machten sie Angaben zu polyneuropathiebedingten Beeinträchtigungen im Alltag sowie zu Symptomen von Depressivität und Ängstlichkeit.

Bei 41 Diabetikern (59 %) war die Polyneuropathie mit Schmerzen verbunden: Sie erfüllten alle die Kriterien für neuropathische Schmerzen. In neun dieser Fälle wiesen die Forschenden zusätzlich myofasziale Schmerzen nach, die sie durch Manipulation an sogenannten aktiven Muskel-Triggerpunkten in der Waden- und Fußsohlenmuskulatur gezielt auslösen konnten.

Patienten mit einer myofaszialen Schmerzkomponente wiesen im Vergleich zu Personen mit ausschließlich neuropathischer Problematik deutlich stärkere körperliche und psychische Beeinträchtigungen auf: Sie hatten eine höhere Schmerzintensität, eine schlechtere Schmerzkontrolle, waren häufiger durch Angst oder Depression belastet und litten im Alltag unter stärkeren Einschränkungen, etwa beim Schlafen, beim Arbeiten oder bei sozialen Aktivitäten.

Die Wissenschaftler empfehlen für alle Patienten mit schmerzhafter diabetischer Polyneuropathie ein Routinescreening auf eine myofasziale Schmerzkomponente. Auch bei anderen schmerzhaften Neuropathien sollte dem Phänomen stärkere Beachtung geschenkt werden.

Quelle: Escolano-Lozano F et al. Diabetes Care 2022; 45: e139-e140; DOI: 10.2337/dc22-1023