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Cannabis Ein Joint hat das pulmonale Schadpotenzial von bis zu fünf Zigaretten

Autor: Friederike Klein

Viele Experten äußern Bedenken, wenn es um die geplante Legalisierung von Cannabis geht. Viele Experten äußern Bedenken, wenn es um die geplante Legalisierung von Cannabis geht. © Michael – stock.adobe.com
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Die Legalisierung von Cannabis ist erklärtes Ziel der Bundesregierung. Doch nicht nur Suchtmediziner, Neurologen und Psychiater, auch Pneumologen sehen einen laxen Umgang mit der Droge kritisch.

Bereits im Jahr 2021 lag die Prävalenz des Cannabisgebrauchs in Deutschland dem Epidemiologischen Suchtsurvey des Bundesministeriums für Gesundheit zufolge bei 8,8 %. Cannabis ist damit die am häufigsten konsumierte illegale Droge. Wie in den USA ist auch hierzulande die Nutzung von E-Zigaretten mit einem nachfolgenden Cannabiskonsum assoziiert, berichtete Prof. Dr. ­Stefan ­Andreas von der Lungenfachklinik Immenhausen. Somit bietet die E-Zigarette nicht nur einen potenziellen Einstieg in die Raucherkarriere, sondern auch in den Cannabiskonsum. Erschreckend nannte es der Pneumologe, dass gerade die „braven“ Jugendlichen mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit nach der E-Zigarette auch zu Cannabis greifen.

Regelmäßiger inhalativer Cannabiskonsum kann zu Lungen­überblähung, chronischem Husten, Sputumproduktion, Luftnot, vermehrten respiratorischen Infekten, einem Verlust des Flimmerepithels und zu Plattenepithelmetaplasien führen. Vieles davon resultiert aus dem gleichzeitigen Konsum von Cannabis und Tabak. Für Effekte auf die Lungengesundheit, die allein Cannabis zuzuschreiben sind, gibt es bislang wenig Evidenz. Das Gesamtpaket ist aber in jedem Fall bedenklich, erläuterte Prof. Andreas. Denn ein gerauchter Joint aus Cannabis und Tabak hat in etwa das pneumologische Schädigungspotenzial von 2,5 bis 5 Zigaretten.

In einer prospektiven populationsbasierten Studie mit 1.037 Personen, die im Alter von 18 bis 45 Jahren regelmäßig Auskunft über ihren Cannabiskonsum gegeben hatten, zeigten sich durch Cannabis andere Effekte auf die Lungenfunktion als durch Tabak. Es traten höhere Lungenvolumina auf, die eine Hyper­inflation nahelegen. Gleichzeitig gab es Hinweise auf einen erhöhten Wiederstand der großen Atemwege und einen erniedrigten expiratorischen Fluss. Das Verhältnis aus Einsekundenkapazität und forcierter Vitalkapazität (FEV1/FVC) war aufgrund des größeren Volumens erniedrigt und es zeigte sich eine geringere Diffusionskapazität. Eine retrospektive Fall-Kontroll-Studie weist zudem bei Cannabisrauchern signifikant häufiger ein Emphysem auf als bei gleichaltrigen Zigarettenrauchern (93 % vs. 67 %).

Doch Cannabis schadet offenbar nicht nur bei Inhalation. Für Patienten mit COPD gibt es retrospektive Daten aus Ontario, die auf ein um 64 % erhöhtes Mortalitätsrisiko bei Anwendung verordneter oraler synthetischer Cannabinoide hinweisen. Häufiger Gebrauch erhöhte die Mortalität gegenüber Nie-Anwendern um mehr als das Dreifache. Gleichzeitig stieg die Wahrscheinlichkeit stationärer Behandlungen aufgrund einer akuten Exazerbation der COPD oder einer Pneumonie um den Faktor 2,78.

Ein Zusammenhang zwischen Cannabiskonsum und Lungenkrebsrisiko ließ sich bislang nicht verifizieren, scheint aber wegen des häufigen gemeinsamen Konsums mit Tabak plausibel. Insgesamt sieht die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin wesentliche gesundheitliche Risiken insbesondere im Rahmen des inhalativen Cannabiskonsums zum Freizeitgebrauch, betonte Prof. Andreas. Zu den pneumologischen Bedenken kommen weitere Risiken hinzu, beispielsweise die Suchtgefahr, das erhöhte Psychoserisiko und die Auswirkungen auf den Straßenverkehr. In Ontario verzeichneten Traumazentren nach der Cannabislegalisierung einen deutlichen Anstieg von Verletzten bei Verkehrsunfällen, in deren Blut THC nachweisbar war.

Quelle: Kongressbericht 63. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin