Anzeige

Entzugserscheinungen sind bei regelmäßigem Cannabisgenuss keine Seltenheit

Autor: Dr. Judith Lorenz

Laut einer Studie mit 23 0000 Konsumenten muss etwa jeder zweite, der häufig kifft, mit Entzugssymptomen rechnen. Laut einer Studie mit 23 0000 Konsumenten muss etwa jeder zweite, der häufig kifft, mit Entzugssymptomen rechnen. © eldadcarin – stock.adobe.com
Anzeige

Wer kifft oder sich Cannabis in anderer Form regelmäßig zu Gemüte führt, entwickelt bei Absetzen oder Dosisreduktion nicht selten Entzugssymptome. Beim medizinischen Einsatz z.B. gegen Angststörungen oder Depression, kann dadurch eine langfristige Entzugsproblematik drohen.

Cannabis ist die am häufigsten konsumierte illegale Droge. Ähnlich wie bei anderen Substanzabhängigkeiten tritt ein Entzugssyndrom in der Regel um einige Tage verzögert auf, berichten Dr. Anees Bahji vom Department of Public Health Sciences der Queen’s University in Kingston und Kollegen. Die Diagnose Cannabis-Entzugssyndrom wird gestellt, wenn innerhalb von sieben Tagen nach einer Dosisreduktion Symptome in drei der folgenden Kategorien auftreten:

  • Reizbarkeit/Aggression
  • Nervosität/Ängstlichkeit
  • Schlafstörungen
  • Störungen, die Appetit oder Gewicht betreffen
  • Ruhelosigkeit
  • depressive Stimmung
  • somatische Beschwerden

Um die Häufigkeit des Entzugssyndroms zu klären, werteten die Wissenschaftler die Daten von mehr als 23 000 Konsumenten aus, die an 47 Beobachtungsstudien teilgenommen hatten. Insgesamt betrug die Prävalenz bei regelmäßigem Cannabisgenuss bzw. Abhängigkeit 47 %. Je nach Studiensetting variierten die Anteile der Betroffenen von 17 % in Bevölkerungsstudien bis hin zu 54 % bzw. 87 % bei ambulant bzw. stationär betreuten Patientenkollektiven­.

Der tägliche Konsum, eine Cannabis-Gebrauchsstörung sowie eine begleitende Tabak- oder weitere Substanzabhängigkeit prädisponierten dabei für das Entzugssyndrom. Alter, Geschlecht und Ethnizität spielten dagegen keine wesentliche Rolle. Gleiches galt für einen begleitenden Alkoholmissbrauch sowie psychiatrische Vorerkrankungen.

Etwa jeder zweite Cannabiskonsument entwickelt nach Unterbrechung der Drogenzufuhr ein Entzugssyndrom, warnen Dr. Bahji und sein Team. Sie wollen das Bewusstsein des medizinischen Personals für diese Problematik schärfen – insbesondere unter dem Aspekt des zunehmenden medizinischen Gebrauchs, inkl. Cannabis-Selbstmedikation. Der Einsatz z.B. bei Angst oder depressiven Störungen könnte je nach Manifestation der Symptome bei reduzierter Dosis durch negative Verstärkung zu einer langfristigen Entzugsproblematik führen.

Quelle: Bahji A et al. JAMA Netw Open 2020; 3: e202370; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2020.2370