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Zeitdruck Fehlverordnungen bei Atemwegsinfekten und chronischen Schmerzen

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Zeitmangel in Arztpraxen kann zur Rezeptierung falscher Medikamente führen. Zeitmangel in Arztpraxen kann zur Rezeptierung falscher Medikamente führen. © Alexander Raths – stock.adobe.com
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Je größer der Zeitdruck in der Hausarztpraxis, desto mehr steigt die Gefahr, dass vorschnell Medikamente verordnet werden. Wie eine Studie zeigt, kann dies neben Antibiotika auch Härteres betreffen.

Zeitmangel wird oft als Quelle für Fehler in der alltäglichen Praxis vermutet. Amerikanische Wissenschaftler untersuchten, ob die Therapiequalität tatsächlich unter kurzen Behandlungszeiten leidet.

Für ihre Studie nutzten Dr. ­Hannah ­Neprash von der University of Minnesota in Delaware und Kollegen die elektronischen Krankenakten US-amerikanischer Hausärzte aus dem Jahr 2017. Quantifiziert wurde die Assoziation zwischen der Behandlungszeit und einer potenziell ungeeigneten Medikation. Dabei fokussierten sich die Studienautoren auf zwei Konstellationen: die Verordnung von Antibiotika bei oberen Atemwegsinfekten und den kombinierten Einsatz von Opioiden und Benzodiazepinen bei chronischen Schmerzzuständen. Außerdem erfassten sie die Verschreibung möglicherweise unpassender Wirkstoffe bei älteren Patienten.

Ausgewertet wurden die Daten von mehr als acht Millionen Praxisbesuchen. Beteiligt waren rund 8.000 Primärversorger und über vier Millionen Patienten. 

Längere Konsultationen waren erwartungsgemäß komplizierter, d.h. es ging um mehr Diagnosen und chronische Erkrankungen. Deshalb erfolgte eine Adjustierung auf Visitenlänge und Komplexität. Dabei zeigte sich, dass eine kürzere Dauer des Arztgesprächs mit einem erhöhten Risiko für die Verordnung nicht-erforderlicher Antibiotika einherging. Auch der nicht-indizierte Einsatz von Opioid plus Benzodiazepin erfolgte öfter, wie das Autorenteam ausführt. Zudem ließ sich für alte Patienten eine Korrelation zwischen Konsultationsdauer und der Rezeptierung ungeeigneter Wirkstoffe nachweisen.

Quelle: Neprash HT et al. JAMA Health Forum 2023; 4: e230052; DOI: 10.1001/jamahealthforum.2023.0052