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Hypertonie Grünes Licht für die renale Denervierung

Autor: Maria Weiß

Richtungsweisend waren v.a. die Ergebnisse aus vier multi­zentrischen Studien bei unkontrollierter Hypertonie, in denen im Doppelblind-Design RDN-Systeme der zweiten Generation zum Einsatz kamen. Richtungsweisend waren v.a. die Ergebnisse aus vier multi­zentrischen Studien bei unkontrollierter Hypertonie, in denen im Doppelblind-Design RDN-Systeme der zweiten Generation zum Einsatz kamen. © CasanoWa Stutio – stock.adobe.com
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Die renale Denervierung kann eine Therapie­option für Erwachsene mit schwer einzustellender Hypertonie sein. Was dabei zu beachten ist, haben zwei europäische Fachgesellschaften in einem gemeinsamen Konsensuspapier zusammengestellt.

Die letzte europäische Leitlinie zum Management der arteriellen Hypertonie wurde 2018 publiziert. Damals schätzte man die Datenlage zu devicebasierten Therapien noch als unzureichend für eine Empfehlung außerhalb von Studien ein. Seither ist eine ganze Reihe qualitativ hochwertiger Studien zur Effektivität und Sicherheit der katheterbasierten renalen Denervierung (RDN) bei Hypertonie gelaufen, darunter auch randomisierte und shamkontrollierte. Dies nahmen das Council on Hypertension der European Society of Cardiology und die European Association of Percutaneous Cardiovascular Intervention zum Anlass für ein Konsensus­statement.

Antihypertensiver Effekt rund um die Uhr nachweisbar

Richtungsweisend waren v.a. die Ergebnisse aus vier multi­zentrischen Studien bei unkontrollierter Hypertonie, in denen im Doppelblind-Design RDN-Systeme der zweiten Generation zum Einsatz kamen. In diesen Studien reduzierte die renale Denervierung den Blutdruck von Patienten mit oder ohne begleitende antihypertensive Therapie, berichten Prof. Dr. ­Emanuele ­Barbato vom Department of Clinical and Molecular Medicine an der Sapienza Universität Rom und Kollegen.

Der blutdrucksenkende Effekt war rund um die Uhr nachweisbar – unabhängig von Pharmakokinetik, Adhärenz und Dosierungsschemata. Die Intervention mithilfe eines Monoelektroden-Radiofrequenz-Kathetersystems erwies sich als genauso effektiv wie die ultraschallgestützte RDN. Die Studienpopulationen deckten ein breites Spektrum von Patienten mit leichter bis mittelschwerer, schwerer und resistenter Hypertonie ab.

Abgesehen von den üblichen Risiken eines femoralen Zugangs wurden keine mit der Prozedur assoziierten Sicherheitsprobleme festgestellt. Eine Nierenarterienstenose als mögliche sekundäre Folge einer Gefäßverletzung trat nach dem Eingriff nicht öfter auf als bei anderen Patienten mit Hypertonie. Auch eine Verschlechterung der Nierenfunktion wurde nicht häufiger beobachtet.

Wie lange der positive Effekt der RDN anhält, lässt sich nicht genau abschätzen, da hier zusätzliche Faktoren wie Alterung, Lebensstil­interventionen, Veränderung der Medikation und Komorbiditäten eine wesentliche Rolle spielen, so die Autoren des Konsensuspapiers. Bisherige Daten aus Registern und shamkontrollierten Studien sprechen aber für einen blutdrucksenkenden Effekt von bis zu drei Jahren.

Die RDN kann bei einer unkontrollierten resistenten Hypertonie inklusive einer eGFR ≥ 40 ml/min/1,73m2 eine therapeutische Option sein. Als resistent gilt eine Hypertonie mit Drücken ≥  140/90 mmHg trotz Lebensstiländerungen und einer anti­hypertensiven Dreifachkombination einschließlich Diuretika in maximal tolerierter Dosis. Eine sekundäre Hypertonie muss ausgeschlossen sein – genauso wie eine Pseudoresistenz etwa durch eine fehlende Therapieadhärenz.

Indikationsstellung durch ein multidisziplinäres Team

Aber auch Patienten, die Antihypertensiva nicht vertragen oder die Einnahme aus sonstigen Gründen ablehnen, kann man unter Umständen eine renale Denervierung anbieten. Insbesondere bei Letzteren sind die akribische Aufklärung über den Eingriff und eine gemeinsame Entscheidungsfindung von besonderer Bedeutung.
Bei allen Patienten sollten das individuelle kardiovaskuläre Risiko abgeschätzt und hypertoniebedingte Organschäden evaluiert werden. Vor allem dienjenigen mit hohem kardiovaskulärem Risiko können von einer RDN profitieren – insbesondere bei Komorbiditäten mit Überaktivierung des sympathischen Nervensystems.

Den Autoren zufolge sollten Indikationsstellung und Durchführung der Denervierung durch ein multidisziplinäres Team erfolgen, das sowohl Experten für Hypertonie als auch für perkutane kardiovaskuläre Interventionen einschließt. Der Eingriff sollte nur an spezialisierten Zentren mit ambulanter und stationärer Versorgung, Katheterlabor, intensivmedizinischen Möglichkeiten und entsprechender Erfahrung bei renal-arteriellen Interventionen durchgeführt werden.

Die aktuell vorliegenden Daten lassen allerdings noch einige Fragen offen, die es in zukünftigen Studien zu untersuchen gilt. So ist unklar, ob es neben dem erhöhten Blutdruck weitere hämodynamische Parameter oder Biomarker gibt, die einen Behandlungserfolg der RDN voraussagen können. Auch existiert bisher keine Möglichkeit, den Therapieerfolg bereits während der Intervention zu beurteilen.
Die Auswirkung der sympathischen Denervierung auf Organsysteme jenseits der Nieren ist ebenfalls noch nicht vollständig geklärt. Auch fehlen Studien zur Kos­teneffektivität.

Quelle: Barbato E et al. Eur Heart J 2023; 44: 1313-1330; DOI: 10.1093/eurheartj/ehad054