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STIKO-Empfehlungen Impfen in Schwangerschaft und Stillzeit

Autor: Dr. Judith Lorenz/Stephanie Käufl

Viele Infektionen können durch Impfungen vermieden werden – davon profitieren Schwangere, Stillende und Kinder. Viele Infektionen können durch Impfungen vermieden werden – davon profitieren Schwangere, Stillende und Kinder. © iStock/Maria Petrishina
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Ob vor, während oder nach der Schwangerschaft: Bestimmte Infektionen können für Mutter und Kind gefährlich werden. Da viele durch Impfen vermeidbar sind, sollte man rechtzeitig zur Spritze greifen.

In den aktualisierten STIKO-Empfehlungen findet sich ein neues Unterkapitel. Die Experten widmen sich dem Thema „Impfungen zum Schutz der reproduktiven Gesundheit, bei Kinderwunsch und während Schwangerschaft und Stillzeit“. 

Für das ungeborene Kind ist der lückenlose Impfschutz der Mutter gegen Röteln und Varizellen von größter Bedeutung. Ungeimpfte gebärfähige Frauen sowie Frauen mit unklarem Impfstatus sollen daher vor der Gravidität die zweimalige Impfung gegen Röteln mit einem M(asern)-M(umps)-R(öteln)-Impfstoff erhalten. Ist die Frau schon einmal geimpft worden, reicht eine zweite MMR-Dosis. Frauen mit Kinderwunsch, die keine Windpocken durchgemacht haben und seronegativ sind, bekommen zudem eine zweimalige Varizellenimpfung.

Rötelnembryopathie durch Impfvirus?

In einer systematischen Literaturrecherche werteten Epidemiologen über 3.500 dokumentierte Impfungen in der Schwangerschaft aus. Geimpft worden war mit monovalentem Röteln- oder MMR-Impfstoff. In keinem der Fälle wurde eine Rötelnembryopathie durch das Impfvirus festgestellt.

Auch Masern sind für Schwangere und ihr Kind gefährlich: Sie erhöhen das Risiko für Pneumonien, Spontanaborte und vorzeitige Wehen. Frauen im gebärfähigen Alter sollten deshalb, z.B. mit dem MMR-Impfstoff, ausreichend dagegen geschützt sein. Die Vakzinen gegen Röteln, Masern & Co. sind Lebendimpfstoffe und während einer Schwangerschaft kontraindiziert. Deshalb ist es wichtig, bestehende Impflücken frühzeitig zu schließen. Sicherheitshalber sollte zudem zwischen Lebendimpfung und Empfängnis ein Monat Abstand liegen. Ist es aus Versehen in der Frühschwangerschaft zu einer Lebendimpfung gekommen, stellt dies keinen Grund für einen Schwangerschaftsabbruch dar. 

Keine Totimpfstoffe im ersten Trimenon geben

Ebenfalls vor einer Schwangerschaft sollte der Impfschutz gegen Tetanus, Diphtherie und Polio komplettiert sein. Dabei gelten die allgemeinen Impfempfehlungen der STIKO. Für gebärfähige Frauen mit erhöhtem Risiko für eine Hepatitis B (Dialyse­patientinnen, Drogenkonsumentinnen, Laborpersonal) ist eine Hepatitis-B-Impfung angezeigt. Sie vermeidet bei einer Infektion in der Gravidität die vertikale Übertragung des Virus auf das Neugeborene und erspart ihm dadurch eine meist chronisch verlaufende Hepatitis B. Auch in der Schwangerschaft können Impfungen erforderlich sein. Totimpfstoffe sind zwar laut STIKO unbedenklich. Ihre Gabe ist jedoch im ersten Trimenon zu vermeiden, damit die in diesem Zeitraum ohnehin häufigen Spontanaborte nicht (fälschlicherweise) mit der Impfung in Zusammenhang gebracht werden. Ausdrücklich erlaubt und empfohlen sind in der Schwangerschaft die Impfungen gegen Influenza und Pertussis. Erstere schützen die Schwangere vor schweren Verläufen. Letztere sollen verhindern, dass sich Neugeborene und junge Säuglinge mit Pertussis anstecken. Wurde die Mutter in der Schwangerschaft nicht gegen Pertussis geimpft, kann man dies im Wochenbett nachholen. Außerdem macht es Sinn, den Pertussisschutz auch bei den engen Kontaktpersonen des Kindes zu überprüfen und frühzeitig aufzufrischen. Für die Stillzeit ergeben sich aus impfmedizinischer Sicht folgende Besonderheiten: Mit Ausnahme der Gelbfieberimpfung – es sind weltweit vereinzelte Fälle beschrieben, in denen gestillte Säuglinge nach Impfung der Mutter an einer Enzephalitis erkrankt sind – können Stillende alle von der STIKO empfohlenen Impfungen erhalten.  Die Mutterschaftsnachsorge bietet sich zudem an, einen mangelhaften Rötelnschutz aufzufrischen. Frauen, die bisher nur einmal gegen Röteln geimpft worden sind oder in der Schwangerschaft seronegativ für Röteln getestet wurden, sollten direkt postpartal den regelrechten Impfschutz erhalten.

Quelle: STIKO. Epid Bull 2022; 27: 3-66; DOI: 10.25646/9285