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Körperliche Aktivität Komplementär gegen den Krebs

Autor: Dr. Andrea Wülker

Mit Bewegung und ausgewogener Kost können Krebskranke eine Menge für ihr Wohlbefinden tun. Mit Bewegung und ausgewogener Kost können Krebskranke eine Menge für ihr Wohlbefinden tun. © VectorMine – stock.adobe.com
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Viele Krebspatienten erhoffen sich Hilfe von der Naturmedizin oder von komplementären und alternativen Verfahren. Für einige Methoden ist der Nutzen eindeutig belegt, für andere fehlt der Wirksamkeitsnachweis. Was kann man guten Gewissens empfehlen?

Jeder zweite Krebskranke nutzt alternativ- oder komplementärmedizinische Methoden. Von den Frauen mit Brustkrebs sind es sogar neun von zehn. Angesichts der großen Verbreitung der nicht-konventionellen Behandlungsmethoden sollte ein Arzt seine Krebspatienten regelmäßig fragen, ob sie derartige Verfahren anwenden, schrei­ben Prof. Dr. ­Jutta ­Hübner von der Medizinischen ­Klinik II am Universitätsklinikum ­Jena und Kollegen. Die Autoren verweisen auf die S3-Leitlinie zur komplementären Medizin beim onkologischen Patienten, die eigens zu diesem Zweck einen Fragebogen beinhaltet.

Nahezu jeden Tumorpatienten bewegt die Frage, was er selber für seine Gesundheit tun kann. Generell ist angemessene Bewegung hilfreich, ergänzt durch ausgewogene Ernährung, so die Experten. Körperlich aktive Patienten haben generell weniger Nebenwirkungen, sie können Therapien öfter nach Plan durchführen und haben bessere Überlebens­chancen.

Bewegung ist auch der entscheidende Faktor, um einer Fatigue zu begegnen und die Lebensqualität zu verbessern. Das Sportprogramm muss natürlich auf den Patienten abgestimmt sein und Tumorentität, Krankheitsstadium und Therapiephase sowie die Einschränkungen durch Nebenwirkungen der Therapie berücksichtigen. Gut angeleitet hat Training keine negativen Folgen, so die Experten. Geeignet ist z.B. Reha­sport, und das bereits während der Therapie.

Die Ernährung ist ein weiteres und viel diskutiertes Thema unter Krebspatienten. Normal- und untergewichtigen soll leitliniengemäß keine ketogene Ernährung empfohlen werden, betonen die Autoren. In der Regel ist eine ausgewogene Kost angemessen, wie sie auch für Gesunde empfohlen wird, inklusive zwei Portionen Obst und drei Portionen Gemüse täglich. Um Mangel­ernährung beizeiten zu erkennen, sollte der Patient regelmäßig auf Malnutrition gescreent werden.

Auf Vitamin-D-Spiegel und Osteoporoserisiko achten

Was ist mit Vitaminen, Spuren­elementen und pflanzlichen Präparaten? In Deutschland besteht bei vielen Menschen ein Vitamin-D-­Mangel, verschiedene Arbeiten berichten über eine Häufigkeit von 25–50 % in der Bevölkerung. Daher ist bei Tumorpatienten der 25-OH-Vitamin-D-Spiegel regelmäßig zu überprüfen und ein Defizit auszugleichen. Dies verringert das Osteoporoserisiko und bessert u.U. die Prognose. Auch ein nachgewiesener Mangel an Vitamin B12 sollte behoben werden.

Alternativ und komplementär ist nicht das Gleiche

Unter dem Begriff alternative Medizin fasst man nicht-evidenzbasierte Methoden zusammen oder Verfahren, deren Risikopotenzial höher liegt als der mögliche Vorteil. Im Gegensatz dazu besteht für die Effektivität und den Nutzen der Komplementärmedizin wissenschaftliche Evidenz. Ihre Methoden haben sich in Studien als wirksam erwiesen und werden als Ergänzung nach der konventionellen Medizin oder auch parallel zu ihr angewandt. Im Wesentlichen kann die Komplementärmedizin die Lebensqualität der Patienten verbessern und Nebenwirkungen der Krebstherapien reduzieren.

Von der Einnahme oraler Anti­oxidanzien wie Vitamin C, Vitamin E oder Beta­carotin während einer ­Chemo- oder Strahlentherapie raten die Autoren ab, da sie mitunter mehr Schaden als Nutzen bringt. Zink kann zur Prävention einer durch Strahlentherapie induzierten Entzündung der Mundschleimhaut erwogen werden. Studien zeigen auch eine Schutzwirkung von Natrium­selenit auf die radio­therapieassoziierte orale Mukositis bei Kopf-Hals-­Tumoren und auf die Diar­rhö bei gynäkologischen Tumoren. Vor und während der Substitution ist es wichtig, die Selenspiegel im Serum oder Vollblut zu ­kontrollieren.

Bei etlichen Tumoren ist die Misteltherapie kontraindiziert

Ingwer wirkt gegen Übelkeit und kann begleitend zur leitliniengerechten Anti­emese erwogen werden. Klagen Brustkrebspatientinnen infolge einer endokrinen Therapie über Hitzewallungen und andere meno­pausale Symptome, kann ein Extrakt aus der Traubensilberkerze (­Cimicifuga ­racemosa) helfen. Für Patienten unter anti­androgener Therapie ist Salbeiextrakt (­Salvia ­officinalis) eine Option. Bei soliden Tumoren kann die subkutane Gabe von Mistelgesamtextrakt (­Viscum ­album) die Lebensqualität verbessern. Kontraindiziert ist die Misteltherapie aber u.a. bei Leukämien, Lymphomen, Hirntumoren und -metastasen sowie bei Melanomen.

Quelle: Hübner J et al. Innere Medizin 2023; 64: 3-9; DOI: 10.1007/s00108-022-01452-3