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Lungenkrebs Post-Op-Chemotherapie für die Behandlung des resektablen NSCLC nicht vernachlässigen

DKK 2022 Autor: Friederike Klein

Unabhängig vom Zeitpunkt, könnte eine zusätzliche Immuntherapie beim frühen Lungenkrebs das Gesamtüberleben verbessern. Unabhängig vom Zeitpunkt, könnte eine zusätzliche Immuntherapie beim frühen Lungenkrebs das Gesamtüberleben verbessern. © SciePro – stock.adobe.com
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Bisher ist noch unklar, ob man beim frühen Lungenkrebs eine neoadjuvante Behandlung der adjuvanten vorziehen sollte. Egal welches Timing – die Chemotherapie vor oder nach der Operation verbessert das Gesamtüberleben nur leicht. Eine zusätzliche Immuntherapie könnte das ändern. 

Die neoadjuvante Chemo-Immuntherapie könnte vorübergehend der Standard zumindest für eine Subgruppe von Lungenkrebs-Patient:innen werden, glaubt PD Dr. Daniel Christoph, Evangelische Kliniken Essen-Mitte. Er stellte aber auch die offenen Fragen und Limitationen dieses Ansatzes vor.

Mit der perioperativen Chemo allein sei die Verbesserung des medianen Fünf-Jahres-OS bei NSCLC-Erkrankten im Stadium IB bis IIIA überschaubar, so der Referent: Für die Neoadjuvanz im Stadium IB und II bezifferte er den Gewinn im medianen Fünf-Jahres-OS mit 5 %, für die Adjuvanz im Stadium IIIA mit 4 %. In einer Metaanalyse wurden keine Unterschiede bezüglich des krankheitsfreien Überlebens (DFS) oder OS in Abhängigkeit vom Chemotherapie-Timing beobachtet. 

Viele Fragen sind noch offen. So sei unklar, wie viele neoadjuvante Zyklen man einsetzen sollte. Ein Konsensus kam zu der Empfehlung, wie in der Adjuvanz vier Zyklen Chemotherapie zu geben. Evidenz gibt es dafür nicht. Sie fehlt auch für den Austausch von Cisplatin durch Carboplatin, obwohl das in Deutschland laut Dr. Christoph bei jedem dritten Betroffenen passiert. 

Nivolumab plus Chemotherapie steigert ereignisfreies Überleben

Durch die Hinzunahme von drei Zyklen Nivolumab zur neoadjuvanten Chemotherapie ergab sich in der CheckMate-816-Studie für resektable Lungenkrebs-Erkrankte eine sehr hohe Odds Ratio für das pathologische Komplettansprechen von fast 14, berichtete der Referent. Viel wichtiger sei aber die Verbesserung klinischer Endpunkte, betonte er: Das mediane ereignisfreie Überleben verlängerte sich mit Nivolumab plus Chemotherapie neoadjuvant auf 31,6 Monate vs. 20,8 Monate mit alleiniger Chemo (HR 0,63). Die Mediane des OS wurden zwar noch nicht erreicht, die HR betrug aber bereits 0,57 zugunsten der Kombination; diese ist allerdings noch nicht zugelassen. Vorrangig profitierten drei Subgruppen: Personen mit einer anderen als einer Plattenepithelhis­tologie, solche mit einer hohen PD-L1-Expression und – für den Experten überraschend – Patient:innen, die Carboplatin erhalten hatten. Noch ist unklar, wer diese Behandlung nach Zulassung erhalten sollte und was danach adjuvant kommen kann.

Atezolizumab ist nach einer adjuvanten Chemotherapie für das resektable NSCLC bereits zugelassen. Komparator in der IMpower010-Studie war eine bestmögliche supportive Versorgung bei Betroffenen im Stadium IB bis IIIA. Die Behandlung mit dem Checkpoint-Inhibitor verbesserte das DFS von Erkrankten im Stadium II-IIIA unabhängig von der PD-L1-Expression mit einem nicht erreichten Median vs. 35,3 Monate deutlich (HR 0,66). Für Tumoren ohne PD-L1-Expressionsnachweis war die HR mit 0,79 allerdings schwächer und in der Gesamtpopulation (Stadium IB-IIIA) mit 0,81 grenzwertig signifikant, sagte Dr. Christoph. Der positive Ausgang der Studie wurde seiner Darstellung nach vorrangig von den Patient:innen getrieben, die eine hohe PD-L1-Expression aufwiesen. „Im Grunde ist das Ergebnis nur für die Gruppe mit PD-L1 TPS ≥ 50 % relevant“, resümierte er.

EGFR-TKI: hoch wirksam für bestimmte Alterationen

Einen besonders großen Vorteil erzielte adjuvantes Osimertinib mit oder ohne Chemotherapie bei NSCLC-Erkrankten im Stadium Ib bis IIIa. Die HR für das DFS zugunsten des TKI betrug im Stadium II bis IIIA 0,17, und 0,20 über alle inkludierten Stadien hinweg. Besonders klinisch relevant war die Verbesserung auch bei ZNS-Beteiligung. Der Haken ist laut Dr. Christoph allerdings, dass nur Betroffene mit EGFR-Exon 19-Deletion und L858R-Punktmutation in die Studie eingeschlossen worden waren.

Die Autor:innen der PEARLS-Studie – Synonym KEYNOTE-091 – setzten placebokontrolliert Pembrolizumab adjuvant ein. Eine Chemotherapie war nicht obligat, betonte Dr. Christoph. Der primäre Endpunkt DFS zugunsten des Checkpoint-Inhibitors wurde erreicht (HR 0,76); allerdings profitierten Teilnehmende mit hoher PD-L1-Expression nicht und bislang ergab sich durch die Immuntherapie kein OS-Vorteil. Pembrolizumab ist bislang nicht für die Adjuvanz des resektablen NSCLC zugelassen. 

Dr. Christoph warnte davor, dass die gut etablierte adjuvante Chemotherapie zu kurz kommen könnte. Betroffene selbst präferieren häufig die Immuntherapie. Das könnte dazu führen, dass die adjuvante Chemo von vorneherein nur einen Zyklus lang gegeben oder sogar noch früher abgebrochen wird, um dann schnellstmöglich die Gabe von Checkpoint-Inhibitoren anzuschließen.

Kongressbericht: 35. Deutscher Krebskongress (DKK 2022)