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Schilddrüse: Was in drei wichtigen Notfällen zu tun ist

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Je nachdem, wie schlimm es um die Schilddrüse steht, muss rasch gehandelt werden. Je nachdem, wie schlimm es um die Schilddrüse steht, muss rasch gehandelt werden. © iStock/AndreyPopov
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Endokrinologische Notfälle der Schilddrüse verlaufen ohne Therapie meist tödlich. Entsprechend schnell müssen Sie handeln.

1. Kontrastmittelinduzierte Hyperthyreose

Darf ich meinen Hyperthyreosepatienten ein jodhaltiges Kontrastmittel applizieren? Eine Frage, mit der sich sicher einige Kollegen im klinischen Alltag konfrontiert sehen. Auch wenn Risiken und Nutzen stets gegeneinander abgewogen werden sollten gilt es, die Exposition soweit wie möglich hinauszuzögern. Am besten so lange, bis sich die Schilddrüsenfunktion unter der thyreostatischen Therapie normalisiert hat, empfehlen Dr. Rebekka­ Giger und Kollegen vom Inselspital, Universitätsklinik Bern.

Ist der Patient zwingend auf das Kontrastmittel angewiesen, dann niemals ohne protektive Begleittherapie mit Carbimazol und Natriumperchlorat injizieren – möglichst schon vier Stunden vorher. Natriumperchlorat verhindert die Aufnahme von Jod in die Schilddrüse.

Laborkontrolle sieben Tage nach Kontrastmittelgabe

Zu einer kontrastmittelinduzierten Hyperthyreose kann es noch acht Wochen später kommen. Damit das nicht passiert, empfehlen die Autoren, eine erste Laborkontrolle von TSH, fT4 und fT3 sieben Tage nach der Applikation durchzuführen. Wenn sich die vorbestehende Überfunktion nicht verschlechtert hat, kann man Natriumperchlorat absetzen und Carbimazol auf die Erhaltungsdosis reduzieren.

2. Dekompensierte Thyreotoxikose

Die thyreotoxische Krise kann als Folge einer bereits länger bestehenden, unbehandelten Hyperthyreose auftreten, meist findet sich jedoch ein Auslöser, z.B. Infekt, Trauma, Operation oder akute Jodbelastung. Bei der akuten Exazerbation handelt es sich um einen lebensbedrohlichen Zustand, der unbedingt intensivmedizinisch überwacht und behandelt werden muss. Die medikamentöse Therapie zielt darauf ab, die Konversion von fT4 zu biologisch aktivem fT3 zu hemmen. In der Regel besteht sie aus

  • Betablockern (bevorzugt Propranolol),
  • Thyreostatikum wie Propylthiouracil,
  • Iodiden, z.B. Lugol‘sche Lösung 2 % und
  • Glukokortikoiden.

Thionamide blockieren dabei die de novo Hormonsynthese, beeinflussen aber nicht die Freisetzung bereits gebildeter Hormone. Deshalb wird Propylthiouracil trotz seiner Hepatotoxizität oft Carbimazol vorgezogen.

Jodhaltige Lösungen verhindern die Freisetzung von T4 und T3 aus der Schilddrüse. Sie dürfen frühes­tens eine Stunde nach den Thionamiden appliziert werden, damit das Jod nicht als Substrat für die erneute Synthese von Schilddrüsenhormonen dient. Steroide wiederum verringern die periphere Umwandlung von fT4 zu fT3. Um ein eventuell begleitendes Fieber zu senken, raten Dr. Giger und Kollegen zu Paracetamol. ASS ist kontraindiziert, da es fT3 und fT4 aus der Eiweißbindung lösen und die Serumkonzentration erhöhen kann.

3. Myxödemkoma

Dieses Krankheitsbild ist die schwerste Verlaufsform der Hypothyreose und mit einer hohen Mortalität verbunden. Für Sie bedeutet das: rasch handeln! Um Schlimmeres zu verhindern, leiten Sie umgehend eine intravenöse Hormonersatztherapie ein, kombiniert mit intensivmedizinischen Begleitmaßnahmen. Die Schweizer Autoren raten dazu, eine Behandlung mit Levothyroxin i.v. und Liothyronin i.v. bereits bei Verdacht zu starten und nicht erst auf Post aus dem Labor (TSH, fT3, fT4, Cortisol) zu warten.

Bewusstseinsveränderung gilt immer als Warnsignal

Bis zum Ausschluss einer begleitenden Nebennierenrindeninsuffizienz erhalten die Betroffenen zusätzlich Hydrocortison. Weiterer Baustein ist die Therapie der auslösenden Faktoren, inklusive Infektsuche. Meist lassen sich die Symptome so binnen einer Woche in den Griff bekommen. Dann kann die Behandlung bei gesicherter Resorption auf orales Levothyroxin umgestellt werden.

Um es nicht zu dieser lebensbedrohlichen Komplikation kommen zu lassen, sollten Sie bei jeder unklaren Bewusstseinsveränderung (Verwirrtheit, Lethargie, Stupor, Koma) ein Myxödemkoma als Ursache in Betracht ziehen, schreiben die Schweizer. Insbesondere dann, wenn verdächtige Zusatzbefunde vorliegen, etwa Hypothermie, Bradykardie, Hypoventilation, Hypoglykämie, Hyponatriämie oder verlangsamte Muskeleigenreflexe.

Oft findet sich ein zweiter Auslöser

Das namensgebende Myxödem kann bestehen, muss aber nicht. Jene nicht eindrückbare Schwellung entsteht durch eine subkutane Ablagerung von Glykosaminoglykanen und betrifft vor allem Gesicht sowie Hände. Bei den meisten Patienten findet sich neben der unzureichend oder nicht behandelten Hypothyreose ein weiterer Auslösefaktor, beispielsweise ein Infekt (auch ohne Fieber) oder Myokardinfarkt.

Quelle: Giger R et al. Swiss Med Forum 2018; 18: 748-754