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So kommen Sie seltenen Pannikulitiden auf die Spur

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Die Erythema nodosum als wohl bekannteste Form der Pannikulitis äußert sich in roten Flecken auf der Haut. Die Erythema nodosum als wohl bekannteste Form der Pannikulitis äußert sich in roten Flecken auf der Haut. © wikimedia/James Heilman, MD (CC BY-SA 3.0)
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Das Erythema nodosum als häufigste Pannikulitis kennt wohl jeder. Allerdings kann sich die lokal begrenzte Entzündung des subkutanen Fettgewebes auch ganz anders präsentieren, was eine gründliche Abklärung verlangt.

Klare Herkunft, gut nachzuweisen, aber selten und deshalb oft vergessen – die Rede ist von sechs unterschiedlichen Krankheitsbildern, die unter dem Begriff „Pannikulitis“ firmieren. Professor Dr. Thomas Schwarz von der Universitäts-Hautklinik Kiel stellte sie vor.

Kältepannikulitis

Betroffene entwickeln an den Stellen äußerer Kälteeinwirkung flächenhafte, livide Knoten, die praktisch nie ulzerieren. Zu den gängisten Ursachen gehören therapeutische Kälteapplikation und berufliche Exposition. Letztere trifft praktisch ausschließlich Reiter. „Da sollten Sie die Entzündung unbedingt erkennen, denn bei Pferdewirten und Reitlehrern ist sie als Berufskrankheit anerkannt und muss an die Berufsgenossenschaft gemeldet werden“, betonte der Referent.

Pannikulitis bei α1-Antitrypsinmangel

Durch den angeborenen Mangel an α1-Antitrypsin gewinnen verschiedene eiweißabbauende Enzyme die Oberhand, zum Beispiel die Leukozytenproteinasen. Die Krankheit manifestiert sich vor allem an Lunge (COPD, frühes Emphysem) und Leber (Zirrhose) und kann in jedem Lebensalter auftreten.

Die assoziierte Pannikulitis entwickelt sich meist plötzlich nach einem stumpfen Trauma, besonders an Rumpf und Extremitäten. Beim Unfall freigesetzte Leukozytenproteinasen werden nicht abgebaut und führen zur Kollagenolyse bzw. Elastolyse sowie zu Fettzellnekrosen.

Pannikulitis in der Mamma

Tiefsitzende, zum Teil großflächige Infiltrate der weiblichen Brust lassen die Alarmglocken schrillen. Doch was, wenn sich feinnadelbioptisch kein inflammatorisches Karzinom nachweisen lässt? Dann sollte man an die Lupusmastitis denken, eine Sonderform des Lupus erythematodes profundus, sagte Prof. Schwarz. In der tiefen Gewebeprobe findet sich eine lymphozytäre, lobuläre Pannikulitis bzw. im Verlauf eine hyaline Sklerose des Fettgewebes. Sie gilt als typisch für das Krankheitsbild. Therapeutisch eignen sich systemische Steroide und Antimalariamittel (z.B. Hydroxychloroquin).

Die meist großflächigen, oft hämorrhagischen Läsionen neigen zu Exulzerationen und Fistelbildung. Auch bei postpartal erscheinenden Inflammationen des Unterhautfettgewebes sollte man an den α1-Antitrypsinmangel denken, denn nach der Geburt sinkt der in der Schwangerschaft erhöhte α1-Antitrypsinspiegel erheblich ab. Um den Mangel nachzuweisen, bestimmt man die Enzymkonzentration. Liegt der Wert unter 0,5 g/l, folgt die genetische Untersuchung. Bestätigt sich die Diagnose, gilt die Substitution mit gereinigtem α1-Antitrypsin (60 mg/kg KG/Woche) als Mittel der Wahl.

Lupuspannikulitis

Eine Herausforderung stellt die Dia­gnose einer Lupuspannikulitis dar, auch Lupus erythematodes profundus genannt. Denn leider fehlen meist die typischen Merkmale des klassischen Lupus. Außerdem liefert die Immunfluoreszenz nicht immer positive Ergebnisse und erhöhte antinukleäre Antikörper (ANA) haben nur drei Viertel der Betroffenen. Derbe Knoten an Schulter- und Beckengürtel, seltener im Gesicht, mit oft eingezogenen Narben prägen das Bild. Beschwerden machen die Läsionen kaum. Zur Therapie eignet sich in erster Linie Natriumthiosulfat, das sich bei kutanen Kalzinosen bewährt hat. Für oberflächliche Befunde reicht die topische Applikation, sonst kann es auch intraläsional oder sys­temisch angewendet werden.

Posttraumatische Pannikulitiden

Sie betreffen vor allem Kinder und machen sich durch schmerzhafte indurierte Knoten oder Plaques bemerkbar. Oft liegt das Trauma länger zurück, sodass sich die Betroffenen gar nicht mehr daran erinnern.

Lipodermatosklerose

Mehr fibrosierend als entzündlich erscheint die Lipodermatosklerose, an der fast nur Frauen um das 60. Lebensjahr erkranken. Zwischen Knien und Knöcheln bilden sich erst gerötete, dann bräunliche derbe Verhärtungen, die ihre Umgebung einengen. Das klinische Bild lässt sich mit einer auf dem Kopf stehenden Champagnerflasche vergleichen, erklärte Prof. Schwarz. Die Krankheit scheint multifaktoriell bedingt, chronisch venöse Insuffizienz, Übergewicht, Hypertonie, eine abnorme fibrinolytische Aktivität und Rauchen prädisponieren dafür. Histologisch lässt sich ein Ersatz von Fettgewebe durch Fibrose erkennen, im Fett entstehen Pseudozysten, entzündliche Infiltrate gibt es kaum. Die Therapie ist eher unbefriedigend, Kompression, topische/systemische Steroide und Antiphlogistika kommen zum Einsatz, die Rückbildung der sklerosierenden Veränderungen darf man aber nicht erwarten.

Richtig biopsieren!

Die Diagnose einer Pannikulitis steht und fällt mit der Gewebeprobe, mahnte Prof. Schwarz. Und da führt kein Weg an der Spindelbiopsie vorbei. Denn mit der einfachen Stanzbiopsie erfasst man immer nur die oberen Teile des Fettgewebes. Befürchtungen vor ausgedehnten Narben hält der Dermatologe für eher unbegründet, weil die Probe zwar aus der Tiefe kommen sollte, dafür aber nicht groß sein muss.

Pankreatische Pannikulitis

Etwa 2–3 % der Patienten mit Pankreatitis entwickeln die „Läppchenentzündung“, bevorzugt an den Extremitäten. Die Herde, in denen sich Lipase und Amylase nachweisen lassen, schmelzen oft ein und hinterlassen atrophe Narben. Gelegentlich kommt – vermutlich durch Fettgewebsnekrosen – ein multipler Gelenkbefall dazu; das Ganze heißt dann PPP-Syndrom (Pankreatitis, Pannikulitis, Polyarthritis). In der Regel werden die Läsionen kurz nach Beginn der Pankreatitis sichtbar, doch Vorsicht: Manchmal gehen sie ihr voraus. Prof. Schwarz empfahl daher, bei jeglicher Form einer Pannikulitis die Pankreas­enzyme zu bestimmen, auch wenn es noch an entsprechender Klinik fehlt. Interessanterweise korreliert die Höhe der Werte eher mit der Schwere des subkutanen Befalls als mit der abdominellen Symptomatik.

Quelle: 12. Dermatologie-Update-Seminar