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Typ-1-Diabetiker verbessern im Lockdown ihre Gesundheit

Autor: Dr. Judith Lorenz

Während dem Lockdown überprüften viele Diabetespatienten häufiger ihren Glukosewert, ernährten sich besser und bewegten sich mehr. Während dem Lockdown überprüften viele Diabetespatienten häufiger ihren Glukosewert, ernährten sich besser und bewegten sich mehr. © iStock/Chinnapong
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Während der ersten COVID-19-Welle im Frühjahr 2020 hatte man Dia­betespatienten dringend dazu geraten, zu Hause zu bleiben. Trotz dieser belastenden Situation brachte dies offenbar einige Vorteile.

Während hierzulande die Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie erst langsam an Fahrt aufnahmen, ging Frankreich bereits am 17. März 2020 in einen allgemeinen Lockdown. Dies löste vor allem bei Menschen mit Diabetes große Verunsicherung aus, berichtet eine Gruppe französischer Wissenschaftler um Dr. Louis­ Potier­ vom Hôpital Bichat in Paris.

Um sie während dieser schwierigen Zeit besser zu unterstützen, rief die Fédération des Services Hospitaliers de Diabétologie in Paris eine interaktive, frei zugängliche Webapplikation ins Leben. Registrierte Nutzer konnten sich so gezielt über SARS-CoV-2 und COVID­-19 informieren. Im Zuge dessen lud das Forscherteam die Besucher der Seite 38 Tage nach Beginn der Beschränkungen dazu ein, einen Fragebogen auszufüllen. Mit diesem erfassten sie unter anderem das Verhalten im Hinblick auf Lebensstil, Blutzuckerkontrolle sowie Therapien vor und während der Maßnahme. Anschließend analysierten sie die Daten von 1378 Personen mit Typ-1-Dia­betes im mittleren Alter von 46 Jahren. Etwa zwei Drittel von ihnen gaben als Geschlecht „weiblich“ an, rund jeder Zehnte verließ nur aus beruflichen Gründen das Haus.

Jünger, ängstlicher und ein initial höheres HbA1c

Als primärer Studienendpunkt diente die durchschnittliche Veränderung der Glukoselevel der Teilnehmenden zwei Monate vor bis einen Monat nach Beginn des Lockdowns. Darüber hinaus wollte die Forschergruppe wissen, welche Faktoren mit einer besseren glykämischen Kon­trolle korrelierten.

Wie sich zeigte, sanken die Glukosewerte von mittleren 163,5 ± 31,2 mg/dl (9,1 ± 1,7 mmol/l) vor den Beschränkungen auf durchschnittlich 155,7 ± 30,3 mg/dl danach (8,7 ± 1,7 mmol/l). Personen mit einer besseren Blutzuckerkontrolle waren tendenziell jünger, ängstlicher und wiesen initial ein höheres HbA1c auf. Im Vergleich zu Befragten mit einer schlechteren glykämischen Kontrolle hatten diese außerdem während der Maßnahme weniger gegessen (vor allem weniger Snacks), was sich auch häufiger auf der Waage bemerkbar machte: Zwischen einem und drei Kilogramm an Körpergewicht nahmen sie im Durchschnitt ab.

Ebenfalls hatten mehr von ihnen beschlossen, ab sofort regelmäßig in die Turnschuhe zu schlüpfen und öfter den Blutzucker zu kontrollieren. Auf zusätzliche Insulindosen waren sie hingegen weniger angewiesen. Mit dieser verbesserten glyk­ämischen Kontrolle korrelierte eine Reihe von Faktoren, darunter

  • ein geringerer Alkoholkonsum (Odds Ratio [OR] 1,75),
  • häufigere FGM-Scans (Flash Glucose Monitoring, OR 1,48) sowie
  • die subjektiv als „einfach“ erlebte Diabeteskontrolle (OR 1,71).

Halten die Effekte auch den Lockerungen stand?

Die Wissenschaftler resümieren, dass zumindest einige in Frankreich lebende Personen mit Typ-1-Diabetes den ersten COVID-19-Lockdown im Frühjahr 2020 für sich und ihre Gesundheit nutzen konnten. Viele der Befragten änderten ihre Ernährungsgewohnheiten, achteten vermehrt auf ihre Glukoselevel und bewegten sich häufiger. Ein neuerlicher Beweis, dass sich solche positiven Lebensstilveränderungen in einer verbesserten Blutzuckerkon­trolle niederschlagen. Nun sei zu klären, ob diese Effekte auch nach den Lockerungen anhalten.

Quelle: Potier L et al. Diabetes Care 2020; DOI: 10.2337/dc20-2019