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Polyneuropathie Umwelt setzt peripheren Nerven zu

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Alle vier Risikofaktoren gemeinsam steigerten das Polyneuropathierisiko um etwa 40 %. Alle vier Risikofaktoren gemeinsam steigerten das Polyneuropathierisiko um etwa 40 %. © ZayNyi – stock.adobe.com
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Saubere Luft, Grünflächen und weniger Lärm wirken protektiv gegen die Entwicklung einer Polyneuropathie. Umwelteinflüsse könnten dabei einen ähnlich großen Einfluss auf das Krankheitsrisiko haben wie ein Diabetes oder eine kardiovaskuläre Erkrankung.

Bisher bekannte Risikofaktoren wie Diabetes und Adipositas erklären das Auftreten einer distalen sensomotorischen Polyneuropathie nicht vollständig. Mögliche weitere Risikofaktoren könnten in der Umwelt liegen, berichten Prof. Dr. Christian Herder vom Deutschen Diabetes-Zentrum in Düsseldorf und Koautoren.

Die Forscher werteten Daten aus dem Augsburger KORA-Register aus, um potenzielle Umwelteinflüsse auf die Entwicklung einer distalen Polyneuropathie zu identifizieren. Eingeschlossen waren 423 Teilnehmer, die zu Beginn der Untersuchung zwischen 62 und 81 Jahre alt waren und keine Neuropathie aufwiesen.

Während eines Follow up von rund 6,5 Jahren entwickelten 188 Patienten eine Polyneuropathie gemäß dem Michigan Neuropathy Screening Instrument. Vier als Entzündungstrigger bekannte Faktoren wurden, basierend auf dem exakten Wohnort der Befragten, anhand von Datenbanken ermittelt: Verkehrslärm, Luftverschmutzung (Partikelanzahlkonzentration und Feinstaub), die durchschnittliche Tagestemperatur sowie Grünflächen bzw. das Fehlen derselben im Umkreis von einem Kilometer um die Wohnadresse. Da diese Einflussgrößen miteinander zusammenhängen, untersuchten die Wissenschaftler sie sowohl einzeln als auch in Form eines kumulativen Risikofaktors.

Teilnehmer, die eine distale Neuropathie bekamen, waren im Schnitt älter, wiesen einen höheren BMI auf und litten häufiger an kardiovaskulären Krankheiten als jene, die nicht daran erkrankten. Die Regressionsmodelle zu den Umweltfaktoren wurden auf Alter, Geschlecht, Größe und Bauchumfang der Teilnehmer adjustiert. Auch Rauchen und Alkoholkonsum, körperliche Aktivität, Bildungsgrad und sozioökonomisches Niveau des Wohngebiets berücksichtigten die Forscher.

Als stärkster Umweltrisikofaktor erwies sich die Luftverschmutzung, vor allem der Anteil ultrafeiner Partikel. Auf den weiteren Plätzen folgten eine niedrige Temperatur, Lärm (vor allem nachts) und das Vorkommen von Vegetation im Wohnumfeld.

Adipöse sind besonders durch die Umwelt gefährdet

Alle vier Risikofaktoren gemeinsam steigerten das Polyneuropathierisiko um etwa 40 %. Bei Individuen mit Adipositas hatten diese vier einen doppelt so starken Einfluss wie bei normalgewichtigen Menschen. Damit erhöhe die Kombination schädlicher Umwelteinflüsse das Polyneuropathierisiko ähnlich stark wie ein Diabetes oder eine kardiovaskuläre Erkrankung, schreiben die Autoren. Das unterstreiche erneut, wie wichtig es aus medizinischer Sicht ist, für saubere Luft, weniger Lärm und mehr Grünflächen zu sorgen.

Quelle: Herder C et al. Sci Total Environ 2023; 858: 159878; DOI: 10.1016/j.scitotenv.2022.159878