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Kasuistik Unordentlicher Salzhaushalt

Autor: Dr. Melanie Söchtig

Im Verlauf musste der Patient zweimal wegen Hochdruckkrisen notfallmäßig versorgt werden. Im Verlauf musste der Patient zweimal wegen Hochdruckkrisen notfallmäßig versorgt werden. © New Africa – stock.adobe.com
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Einer refraktären Hypertonie können viele Ursachen zugrunde liegen. Eine davon ist der primäre Hyper­aldosteronismus. Ihn aufzuspüren und zu behandeln ist manchmal knifflig, wie ein Fallbeispiel zeigt.

Ein 38-jährige Patient wurde wegen seines schwer einstellbaren Bluthochdrucks in der Hypertoniesprechstunde des Universitätsspitals Bern vorstellig. Begleitend machten ihm okzipitale Kopfschmerzen, ungerichteter Schwindel und Konzentrationsstörungen zu schaffen. Hinzu kamen ein Wärmegefühl in Armen und Beinen, Nausea und Kribbelparästhesien an den oberen Extremitäten.

Zehn Monate zuvor hatten Heimmessungen hypertensive Entgleisungen bis 180/115 mmHg ergeben. Darüber hinaus hatte die Hausärztin des Mannes eine Hypokaliämie (3,4 mmol/l) festgestellt.

Alle Medikamentenkombis blieben wirkungslos

Im Verlauf musste der Patient zweimal wegen Hochdruckkrisen notfallmäßig versorgt werden. Trotz mehrfach angepasster Medikation mit teils bis zu vier Medikamenten inklusive Diuretika war die Hypertonie nicht in den Griff zu bekommen, berichten Alex­ Mettraux­ vom Universitätsspital Bern und Kollegen.

Abgesehen vom adipösen Ernährungszustand des Mannes (BMI 30 kg/m2) ergab die klinische Untersuchung keine relevanten Befunde. Als weiterer kardiovaskulärer Risikofaktor lag ein inzwischen aufgegebener Nikotinkonsum vor. Ein Dia­betes und eine Hypercholesterinämie waren im Vorfeld durch die Haus­ärztin ausgeschlossen worden. Die standardisierte Blutdruckmessung war mit 131/73 mmHg unauffällig, die Niere arbeitete einwandfrei. Das EKG zeigte einen normokarden Sinusrhythmus ohne Hinweis auf linksventrikuläre Hypertrophie, die ­Laborwerte eine leichte Hypokali­ämie von 3,3 mmol/l.

Die in der Folge durchgeführte nächtliche Pulsoxymetrie ergab keine relevanten Entsättigungen. Die normwertigen freien Meta­nephrine machten ein Phäochromozytom unwahrscheinlich. Der Serumwert für das thyroidea­stimulierende Hormon sprach für eine normale Schilddrüsenfunktion, eine Nierenarterienstenose konnten die Schweizer Kollegen per Duplexsonografie ausschließen. Der deutlich erhöhte Aldosteron-Renin-Quotient bestärkte sie allerdings in der Vermutung, dass der therapierefraktären Hypertonie ­ihres Patienten ein primärer Hyperaldosteronismus zugrunde lag. Der pathologische Befund eines Kochsalzbelastungstests bestätigte diese Diagnose.

Quelle der Hormonsekretion war nicht sicher darzustellen

Um einem möglichen Nebennieren­adenom auf die Spur zu kommen, schlossen die Ärzte eine MRT des Abdomens und die funktionelle Diagnostik per Nebennierenvenen-Katheter an. Im Vergleich zur Peripherie ergab sich eine erhöhte Aldosteronsekretion der rechten Nebenniere des 38-Jährigen. Aufgrund einer anatomischen Besonderheit links ließ sich die Lokalisation der pathologischen Aldosteronsekre­tion aber nicht eindeutig klären. Eine ­Adrenalektomie schied daher aus.

Das Behandlungsteam entschied sich für eine medikamentöse Therapie mit Spironolacton. Der Aldo­steronrezeptorantagonist wurde schrittweise aufdosiert und alle anderen Antihypertensiva ausgeschlichen. Da der Patient im Verlauf eine Gynäkomastie entwickelte, wurde er auf Eplerenon umgestellt. Unter der Medikation normalisierten sich Blutdruck und Kaliumspiegel, die anfallsartigen hypertensiven Entgleisungen gingen vollständig zurück.

Quelle: Mettraux A et al. Swiss Med Forum 2023; 23: 1346-1348; DOI: 10.4414/smf.2023.09178