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Corona und Myokarditis Virus greift Herz selten direkt an

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Nur ganz selten liegt bei COVID-Infizierten eine Myokarditis vor. Nur ganz selten liegt bei COVID-Infizierten eine Myokarditis vor. © iStock/Dr_Microbe
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Viele hospitalisierte COVID-19-Patienten haben eine kardiale Beteiligung. Das Coronavirus­ greift das Herz aber nur selten direkt an. Vielmehr bringt es das Immunsystem aus dem Takt.

Bei 36 % aller hospitalisierten COVID-19-Patienten findet sich ein Troponinanstieg, vor allem bei solchen mit kardialen Vorerkrankungen. Dieser Anstieg geht mit einer etwa dreifach höheren Mortalität einher, berichtete Privatdozent Dr. Andreas Rolf, Abteilung für Kardiologie, Kerckhoff-Klinik Bad Nauheim. Ein positives Troponin plus Auffälligkeiten im transösophagealen Echo ist mit der schlechtesten Prognose verbunden.

Ein Drittel der Kranken mit positivem Troponin hat eine eingeschränkte Myokardfunktion, eine klassische Myokarditits liegt aber nur in 5 % der Fälle vor, erklärte der Arzt. In der Mehrzahl der Fälle handelt es sich um ein Immunphänomen, wie Studien und Autopsien zeigten. Das entzündliche Infiltrat unterscheidet sich von dem der typischen Myokarditis, außerdem lassen sich in PCR-positiven Herzmuskelproben mit In-situ-Hybridisierung keine myozytären RNA-Stränge nachweisen.

Zytokinsturm mit Hyperkoagulabilität

Wichtigster Mechanismus für den Myokardschaden ist die Hyperinflammation durch das Virus. Sie löst einen Zytokinsturm mit nachfolgender Hyperkoagulabilität aus, die entscheidend zu sein scheint.

Auch beim Long-COVID-Syndrom beobachtet man in bis zu 78 % der Fälle eine kardiale Beteiligung – mit recht guter Prognose. Typische Symptome sind Leistungsknick, Brustschmerzen, Dyspnoe, orthostatischer Schwindel oder rezidivierende Perikard-/Pleuraergüsse. Dem kardialen Long-COVID-Syndrom liegen ebenfalls autoimmune Vorgänge zugrunde, wenngleich man die genauen Mechanismen noch nicht kennt.

Gruß aus Ischgl

Dr. Rolf präsentierte den Fall eines 48-Jährigen, der im Januar 2020 wegen einer akut dekompensierten Herzinsuffizienz aufgenommen wurde. In der Bildgebung sah man einen riesigen intrakavitären Thrombus im linken Ventrikel und diffuse Infiltrationen des Myokards. An Corona dachte noch niemand, unter dem Verdacht einer Vaskulitis erhielt der Mann Ciclosporin, das anschlug. Drei Monate später, als er zum Follow-up kam, berichtete er, dass er vor der Dekompensation in Ischgl gewesen war, und vermutete retrospektiv selbst eine Coronainfektion, die sich dann mittels PCR im Myokard bestätigen ließ.

Die Diagnostik erfolgt am bes­ten mit der MRT. Dr. Rolf riet zur Durchführung, wenn klinische Veränderungen mit positivem Troponin zusammentreffen. Die MRT gilt auch als Goldstandard, um Post-­COVID-­Myokarditiden aufzudecken. Eine spezifische Therapie gibt es weder für die akute noch für die chronische Entzündung. Zum Einsatz kommen Immun­suppressiva. Abgesehen von der kardialen Beteiligung durch das Virus selbst beschäftigt Experten natürlich weiterhin die Frage nach Myokarditiden im Gefolge von mRNA-Impfstoffen gegen SARS-CoV-2. Dazu erschien aktuell die bislang größte Studie aus den USA. Nach Verabreichung von 354.100.845 Impfdosen an 192.405.448 Menschen wurden insgesamt 1626 Herzmuskelentzündungen gemeldet – das entspricht 0,0005 %. Der Zusammenhang zwischen Vakzin und Inflammation ließ sich histologisch belegen. Es handelt sich wiederum um eine Autoimmunreaktion. Pathophysiologisch liegt eine Anti/Antikörperbildung zugrunde, daher tritt die Erkrankung typischerweise erst nach der zweiten Immunisierung oder bei Menschen, die bereits einmal infiziert waren, auf. Die Mehrzahl der Fälle verzeichnet man in den ersten drei Tagen nach der Impfung und es sind viel mehr Männer als Frauen. Obwohl rund 96 % der Betroffenen hospitalisiert werden mussten, hat diese Komplikation wohl eine sehr gute Prognose: Kein Patient aus der Studie ist daran verstorben. Die Therapie erfolgt in der Regel nur mit NSAR.

Quelle: Rhein-Main-Herztage 2022