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Wie Sie der Ursache von Insomnie und Hypersomnie auf die Spur kommen

Autor: Dr. Angelika Bischoff

Ein- oder Durchschlafstörungen, frühes Erwachen trotz angemessener Rahmenbedingungen oder eine Kombination dieser Probleme kennzeichnen eine Insomnie Ein- oder Durchschlafstörungen, frühes Erwachen trotz angemessener Rahmenbedingungen oder eine Kombination dieser Probleme kennzeichnen eine Insomnie © iStock/amenic181
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Sind Dauer, Qualität oder Zeitpunkt des Schlafs nachhaltig und dauerhaft gestört, geht die Suche nach den Auslösern los. Die Unterscheidung von Insomnie und Hypersomnie ist dabei elementar und bildet die Grundlage für eine funktionierende Behandlung.

Eine exzessive Tagesschläfrigkeit sowie Ein- oder Durchschlafstörungen kommen als Sym­ptome organischer oder psychischer Leiden daher. Sie können aber auch als eigenständige Krankheitsbilder auftreten, schreiben ­Markus B. ­Specht, DKD ­Helios ­Klinik, und Professor Dr. ­Richard ­Schulz, ­Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken, beide in Wiesbaden. Die exzessive Tagesschläfrigkeit bei Hypersomnie findet man bei mindestens 5 % der hiesigen Bevölkerung, als eigenständige Diagnose jedoch bei weniger als jedem Hundertsten. Abzugrenzen ist die „Schlafsucht“ von einer Tagesmüdigkeit, also einer allgemeinen anhaltenden Schlappheit im Sinne eines Fatigue-Syndroms, so die beiden Autoren.

Ausgeprägter Einschlafdrang, unerwünschtes Einschlafen in Situationen mit geringer zentralnervöser Aktivierung tagsüber und übermäßig langes Schlafen mit erschwerter Erweckbarkeit in der Nacht kennzeichnen die Hypersomnie. Die Schlafqualität ist objektiv gesehen meist gut. Das erhöhte Schlafbedürfnis während des Tages kann im einfachsten Fall auf verkürzten Schlafzeiten beruhen, was sich mit einem entsprechenden Protokoll leicht feststellen lässt.

Ursächlich können Tumor­erkrankungen sein, Infektionen, Endo­krinopathien, Herz-, Leber- und Niereninsuffizienz, Anämien sowie neurologische und psychische Erkrankungen. Auch Medikamente wie Neuroleptika, Hypnotika, dämpfende Antidepressiva, L-Dopa, Anti­histaminika und Antihypertensiva kommen infrage. Nach anderen Grundleiden wie Restless-­Legs-Syndrom oder Schlafapnoe sollte man ebenfalls suchen.

Apparativen Tests kommt eine wichtige Rolle zu

Erhöhte Schläfrigkeit am Tag verschlechtert Vigilanz und Dauer­aufmerksamkeit. Erfassen lässt sie sich mit der ­Epworth ­Sleepiness ­Scale. Für insgesamt acht Situationen quantifiziert der Patient dabei die Wahrscheinlichkeit einzuschlafen mit einem Wert zwischen null und drei. Kommen elf Punkte oder mehr zusammen, ist eine Tagesschläfrigkeit wahrscheinlich.

Von besonderer Bedeutung sind apparative Verfahren wie der Multiple Schlaflatenztest und der Multiple Wachbleibetest. Zur Beurteilung der Fahrtauglichkeit ist häufig ein Gutachten durch einen verkehrsmedizinisch qualifizierten Arzt erforderlich.

Patienten mit Verdacht auf Narkolepsie oder idiopathische Hypersomnie sollten im Schlaflabor untersucht werden. Das ist auch anzuraten, wenn andere Schlafstörungen vermutet werden oder wenn eine Behandlung keinen Erfolg bringt.

Die Behandlungsmöglichkeiten sind ebenso vielfältig wie die Ursachen. Sie reichen von der nächtlichen Überdrucktherapie über Medikamente, verbesserte Schlafhygiene und die Behandlung organischer Grundkrankheiten hin zu Lebensstiländerung und Psychotherapie.

Ein- oder Durchschlafstörungen, frühes Erwachen trotz angemessener Rahmenbedingungen oder eine Kombination dieser Probleme kennzeichnen eine Insomnie. Die insgesamt zu kurze Schlafdauer führt zu Müdigkeit am Tag. Insomnien betreffen etwa 6 % der deutschen Bevölkerung. Tritt die Schlafstörung öfter als drei Mal in der Woche über mehr als drei Monate hinweg auf, spricht man von chronischer Insomnie. Typisch sind die anhaltenden Sorgen, die sich die Betroffenen wegen des Schlafmangels und seiner Folgen machen. Allerdings unterschätzen diese Personen ihre tatsächliche Schlafdauer während der Nacht regelmäßig um bis zu zwei bis drei Stunden. Patienten mit chronischer Insomnie entwickeln zudem dysfunktionale Verhaltensweisen: Sie bleiben beispielsweise zu lang im Bett, ziehen sich sozial zurück und/oder verlieren sich in ein pessimistisches Denken.

Zur Abklärung der Insomnie setzt man Fragebogen wie den ­Pittsburgh ­Sleep ­Quality ­Index ein, den ­Insomnia ­Severity ­Index oder die Regensburger Insomnie Skala. Ergänzend kann der Patient ein Schlaftagebuch führen. Auch nach körperlichen und psychischen Grundkrankheiten muss geforscht werden. Eine Insomnie kann zunächst als Begleitproblem einer anderen Erkrankung akut beginnen und sich dann als chronisches Leiden verselbstständigen. Beides – Grundkrankheit und Insomnie – muss dann parallel behandelt werden.

Benzodiazepine höchstens kurzfristig einsetzen

Etabliert hat sich die kognitive Verhaltenstherapie für Insomnie. Vier bis acht Sitzungen reichen meist aus. Diese multimodale Therapie hilft vor allem, dysfunktionale Einstellungen und Verhaltensweisen abzubauen, die die Insomnie am Laufen halten. Medikamentös sollte man die Ein- oder Durchschlafstörungen nur angehen, wenn die spezifische Verhaltenstherapie nicht verfügbar ist oder nicht funktioniert. Benzo­diazepine oder sedierende Anti­depressiva sollten höchs­tens kurzfristig eingesetzt werden. Bestehen Störung oder schlafbezogene Ängste trotz Behandlung fort, kann die stationäre Untersuchung im Schlaf­labor weiterhelfen.

Quelle: Specht MB, Schulz R. Hessisches Ärzteblatt 2020; 10: 538-542