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Schlafapnoe und Krebs Zeit mit reduzierter Sauerstoffsättigung beeinflusst Karzinogenese

Autor: Manuela Arand

Die Sauerstoffsättigung spielt im Schlaf eine wichtige Rolle, denn gestörter Schlaf verschlechtert sowohl die Prognose, als auch die Therapiechancen von Tumoren. Die Sauerstoffsättigung spielt im Schlaf eine wichtige Rolle, denn gestörter Schlaf verschlechtert sowohl die Prognose, als auch die Therapiechancen von Tumoren. © Paolese – stock.adobe.com
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Der Verdacht erhärtet sich: Gestörter Schlaf trägt nicht nur zur Tumorentstehung bei, sondern verschlechtert auch Prognose und Therapiechancen. Eine wesentliche Rolle scheint die Sauerstoffsättigung im Schlaf zu spielen.

Malignome wissen Hypoxien zu schätzen – natürlich keine permanenten, denn auch Tumoren brauchen Sauerstoff zum Wachsen. Aber rezidivierende Sauerstoffarmut scheint ihnen gut zu bekommen. Hypoxie vermindert das Ansprechen auf Bestrahlung und Chemotherapie, beschleunigt das Tumorwachstum und fördert die Metastasierung, berichtete Prof. Dr. Maritta Orth, Abteilung Pneumologie am Theresienkrankenhaus Mannheim.

Eine zentrale Rolle scheint der hypoxieinduzierte Faktor(HIF)-1 zu spielen, ein Transkriptionsfaktor, der es Zellen ermöglicht, sich an eine sauerstoffarme Umgebung anzupassen. Intermittierende Hypoxie führt zur Überexpression von HIF-1 und VEGF, was zusammen mit anderen Noxen und Mediatoren systemische Inflammation, Angiogenese und Tumorwachstum stimuliert. In einer Studie konnte gezeigt werden, dass Monozyten von Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe (OSA) deutlich erhöhte Spiegel von VEGF aufweisen, die unter erfolgreicher CPAP-Therapie auf Normalmaß sinken. Das könnte eine Erklärung für das erhöhte Krebsrisiko bei Adipositas sein, mutmaßte Prof. Orth –
adipöse Menschen litten ja auch häufiger an OSA als schlanke.

Seit Beginn der 2010er-Jahre mehren sich Studien, die für einen Zusammenhang von OSA und Krebsinzidenz sprechen. Dabei hat sich gezeigt, dass wohl nicht jeder Surrogatparameter als Risikoindikator taugt. So sind die Ergebnisse zum Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI) widersprüchlich – mal korrelierte ein eher niedriger AHI > 15 mit dem Risiko, ein anderes Mal fand sich keine Korrelation zu einem AHI > 30. Einer Metaanalyse zufolge erhöht ein AHI > 30 vor allem das Risiko bei Patienten unter 65 Jahren (Odds Ratio knapp 4).

Einfluss der OSA abhängig von Tumorentität

Sehr eindeutig stellt sich der Zusammenhang mit der Zeit dar, in der die Sauerstoffsättigung 90 % unterschreitet. Werden mehr als 13 % des Schlafs mit verminderter Sättigung verbracht, vervierzehnfacht sich das Karzinomrisiko und auch die Krebssterblichkeit steigt deutlich an. Neu sind die Ergebnisse einer retrospektiven Kohortenstudie: Danach erhöht sich pro 5 % Zeit im Bereich unter 90 % Sauerstoffsättigung das Risiko, an einem Karzinom zu sterben, um 5 %. Umgekehrt sinkt pro 3 % Anstieg der Sättigung das Risiko um mehr als 20 %. „Die Sättigung ist in punkto Risiko viel aussagekräftiger als der AHI – das gilt übrigens auch für kardiovaskuläre Erkrankungen“, betonte Prof. Orth. Außerdem: Je mehr Zeit ein Patient im Leichtschlaf (Stadium 1) verbringt, desto höher sein Krebsrisiko.

Hinsichtlich der Krebsentitäten gibt es Unterschiede: So steigt das Prostatakarzinomrisiko bei Männern mit OSA auf etwa das 1,5-Fache, während bei OSA-Frauen das Brustkrebsrisiko auf das 2,5-Fache zunimmt. Kolorektale Karzinome kommen bei Patienten mit obstruktiver Schlafapnoe ungefähr dreimal so häufig vor wie in der Allgemeinbevölkerung. Außerdem beeinträchtigt die Schlafapnoe bei diesem Tumor die Prognose erheblich. Eine Krankheitskontrolle nach Erstlinientherapie erreichen nur 60 % der Patienten (95 % ohne OSA), das progressionsfreie Überleben sinkt von 20 auf 9 Monate und die Gesamtüberlebenszeit von 40 auf 22 Monate.

Karzinogen wirkt wohl nicht nur die OSA, sondern auch Schichtarbeit. Jedenfalls hat die International Agency for Research on Cancer  Schichtarbeit als „wahrscheinlich karzinogen“ eingestuft.

Licht bei Dunkelheit, Änderungen des Melatoninrhythmus und Defizite bei Schlafdauer und -qualität, d.h. eine Chronodisruption, dürften sich negativ auswirken. Hierfür ist die Datenlage aber viel weniger eindeutig als bei der OSA, obwohl manche Studien sogar eine Dosiswirkungsbeziehung nahelegen – je mehr Jahre jemand in Schichten gearbeitet hat, desto höher das Risiko, berichtete Prof. Orth.

Wahrscheinlich fördert auch Schlaflosigkeit die Krebsentstehung und Metastasierung. Jedenfalls gibt es mehrere Studien, die das vermuten lassen, darunter eine deutsche Arbeit mit über 11.000 brustkrebskranken Frauen, die über fünf Jahre beobachtet wurden.

Quellen:
62. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin