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Myositis Zügig abklären und Subtypen unterscheiden

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Myalgien und Muskelkrämpfe können für eine Polymyositis sprechen. Myalgien und Muskelkrämpfe können für eine Polymyositis sprechen. © David A Litman – stock.adobe.com
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Die Myositis kann sich auf sehr unterschiedliche Weise manifestieren, auch lebensgefährliche Organbeteiligungen sind möglich. Umso wichtiger ist eine zügige Abklärung. Experten erläutern, worauf es dabei aus neurologischer Sicht ankommt.

Oft beginnt es mit Schwierigkeiten beim Laufen und beim Aufstehen aus der Hocke. Auch Treppensteigen und Überkopfarbeiten sind alltägliche Bewegungen, bei denen erste Symptome einer Myositis auffallen können. Je nach Subtyp manifestiert sich die Muskelentzündung aber sehr unterschiedlich, schreiben Dr. Maren Fitzner und Prof. Dr. Jens Schmidt von der Universitätsmedizin Göttingen.

In der Anamnese sollte auf die zeitliche Entwicklung von Symptomen und körperlichen Einschränkungen eingegangen werden. Auch B-Symptomatik und Vormedikation sind zu erfragen. Die Myositis beginnt meist akut bis subakut und tritt symmetrisch in Armen und Beinen auf. Eine Ausnahme bildet die Einschlusskörpermyositis, bei der es zu einer langsam progredienten, schmerzlosen Schwäche mit asymmetrischer Verteilung kommt. Im Rahmen von Polymyositis und immunvermittelter nekrotisierender Myopathie können auch Myalgien und Muskelkrämpfe auftreten.

Fünf Myositis-Subtypen

  • Dermatomyositis
  • Polymyositis
  • Immunvermittelte nekrotisierende Myopathie
  • Myositis bei Overlap- Syndromen einschließlich Antisynthetase-Syndrom
  • Idiopathische Einschlusskörpermyositis

Im nächsten Schritt folgt die klinisch-neurologische Abklärung. Mithilfe der MRC*-Skala lässt sich die Muskelkraft objektivieren. Der manuelle Muskeltest MMT-8 zeigt, welche Gruppen betroffen sind. Die Muskeleigenreflexe sind bei der Myositis typischerweise normal oder leicht abgeschwächt. Das Verteilungsmuster der Paresen, das Ausmaß der Muskelatrophie und das Reflexniveau ermöglichen bereits eine erste Abgrenzung der primär muskulären von neurologischen Ursachen. Sensible Symptome schließen eine Myositis nicht sicher aus.

Auf extramuskuläre und Organmanifestationen achten

Häufig besteht zudem eine Dysphagie mit erhöhtem Aspirationsrisiko, die mittels standardisiertem Fragebogen erfasst werden kann. Bei der Untersuchung ist auf Zeichen einer extramuskulären bzw. Organmanifestation zu achten (z.B. Hautveränderungen, Gelenkbeteiligung, Luftnot,  kardiale Veränderungen).

Bei Myositiden steigt die Kreatinkinase oft bis zum 50-Fachen der Norm. Allerdings finden sich erhöhte Werte auch bei anderen myogenen und neurogenen Störungen. Umgekehrt schließt ein normaler Wert eine Muskelerkrankung nicht sicher aus. Weitere laborchemische Marker, die für einen Muskelzelluntergang sprechen, sind LDH, AST und ALT.

Zur genaueren Einordnung der Manifestationsform eignet sich die Bestimmung von myositisspezifischen und myositisassoziierten Antikörpern (MSA bzw. MAA). Sie erleichtert auch die Einschätzung des Risikos für extramuskuläre Organmanifestationen (z.B. interstitielle Lungenerkrankung). Einige Antikörper sind auch mit dem Auftreten von Tumorerkrankungen assoziiert.

Wenn sich klinische oder labordiagnostische Hinweise auf eine Muskelerkrankung ergeben, sollte eine ausführliche elektrophysiologische Diagnostik erfolgen. Mithilfe der Neurografie lassen sich andere neuromuskuläre Störungen wie eine schwere Polyneuropathie ausschließen. Bei der Elektromyografie (EMG) findet sich in Ruhe meist eine pathologische Spontanaktivität (positive scharfe Wellen, Fibrillationen) als Zeichen der Muskelfaserschädigung. Unter Willkürinnervation können klassische myopathische Veränderungen erfasst werden wie verkürzte, polyphasische und niedrigamplitudige Potenziale. Im Fall einer geplanten Biopsie ist zu beachten, dass eine EMG des Muskels, der zur Probenentnahme vorgesehenen ist, vermieden werden muss.

Myosonografie für die Verlaufsbeobachtung

Eine zunehmende Bedeutung hat die bildgebende Diagnostik mittels Myosonografie und MRT. Veränderungen der Echogenität weisen auf Umbauvorgänge im Muskel hin, weshalb die Sonografie für Screenings und die Verlaufsbeobachtung eingesetzt werden kann. Auch die Auswahl des Muskels für die Biopsie kann der Ultraschall erleichtern, vor allem wenn die MRT nicht zur Verfügung steht. Bei der Darstellung inflammatorischer Veränderungen bleibt jedoch die MRT überlegen. Die histologische Untersuchung der Biopsie gilt nach wie vor als Goldstandard. Die Probenentnahme sollte in einem Muskel erfolgen, der gesichert betroffen ist, was idealerweise durch die Bildgebung bestätigt wurde.

Wenn extramuskuläre Organbeteiligungen vorliegen, müssen diese ebenfalls genauer abgeklärt werden. Neben Hautveränderungen (Dermatomyositis, Myositis-Overlap-Syndrom) kommt es häufig zu einer Herzbeteiligung. Diese manifestiert sich beispielsweise in einer Peri- und Myokarditis, Rhythmusstörungen oder einer Kardiomyopathie und kann auch subklinisch verlaufen.

Mehr im Internet

Hilfe zur optimalen Diagnostik und Therapie bietet Myositis Netz e.V., ein Verbund von multiprofessionellen Klinikern, Wissenschaftlern und Patientenvertretern.

Von großer Bedeutung ist die interstitielle Lungenerkrankung aufgrund der beträchtlich erhöhten Mortalität. Deshalb sollten alle Patienten eine Lungenfunktionsdiagnostik erhalten. Aufgrund der Assoziation zwischen Myositis und Malignomen empfehlen die Autoren mindestens ein alters- und geschlechtsspezifisches Tumorscreening. TIF1-gamma- oder NXP-Antikörper erfordern eine intensivere Tumorsuche. Diese muss regelmäßig wiederholt werden, da die Myositis der Tumormanifestation um Jahre vorausgehen kann.

* Medical research council

Quelle: Fitzner M, Schmidt J. internistische praxis 2023; 67: 290-303