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80 % der Gerätetaucher hatten schon einmal Beschwerden in Ohr, Nase oder Rachen

Autor: Dr. Alexandra Bischoff

Taucht man zu schnell auf oder ist die eustachische Röhre blockiert, stehen das runde Fenster und die Membrana tympani massiv unter Druck (Pfeile). Taucht man zu schnell auf oder ist die eustachische Röhre blockiert, stehen das runde Fenster und die Membrana tympani massiv unter Druck (Pfeile). © fotolia/tigatelu
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So mancher klagt nach dem Tauchgang über Ohrenschmerzen, Schwerhörigkeit oder Nasenbluten. Eine Gruppe von HNO-Ärzten erklärt, warum es zu solchen Komplikationen kommt, wie man sie verhindern kann und wer besonders gefährdet ist.

Laut dem Scuba Diving Participation Report (2014) tauchten im Jahr 2013 3,1 Millionen US-Amerikaner mindestens einmal in ihrer Freizeit mit einer Gasflasche auf dem Rücken ab, 14 % mehr als im Jahr zuvor, schreiben Dr. Matt Lechner vom University College London und seine Kollegen. Studien zufolge klagen etwa 80 % der erwachsenen und 85 % der 6- bis 17-jährigen Taucher über Ohr, Nasen- oder Rachenprobleme. Somit ist davon auszugehen, dass die Zahl der Patienten mit Erkrankungen bzw. Verletzungen durch diese Sportart zunimmt.

Die otorhinolaryngologischen Risiken basieren auf den beiden physikalischen Gasgesetzen von Boyle und Henry. Ersteres besagt, dass bei konstanter Temperatur das Volumen eines Gases sich umgekehrt proportional zum Druck verhält, dem es ausgesetzt ist. Für den Taucher bedeutet das: Das Gasvolumen im Körper sinkt beim Abtauchen. Für den Druckausgleich sind dann sowohl die eustachische Röhre als auch die Sinus-Ostien gefragt.

Ohrenschmalz begünstigt Barotrauma des Außenohrs

Henrys Gasgesetz hingegen spielt eine Rolle, wenn der Auftauchvorgang zu schnell abläuft. Es besagt, dass die Menge eines in Flüssigkeit gelösten Gases bei konstanter Temperatur direkt proportional zum Partialdruck des Gases über der Flüssigkeit ist. Infolge der raschen Druckänderung können sich Gasbläschen im Gewebe oder Blut bilden, die dann schlimmstenfalls zur Lungengefäßruptur bzw. einer arteriellen Gasembolie führen (Dekompressionsunfall).

Fast jeder zweite erfahrene Taucher hat mindestens einmal in seiner Taucherkarriere eine Gehörgangsentzündung infolge Restfeuchtigkeit oder Mikroorganismen, die aufgrund des abgespülten Säureschutzmantels der Haut leichtes Spiel haben. Aufgequollenes Ohrenschmalz kann durch einen Verschluss des Gehörgangs ein Barotrauma des Außenohrs begünstigen, daher ist eine regelmäßige Ohrhygiene zu empfehlen. Wer mit den Füßen statt mit dem Kopf zuerst nach unten taucht, hat´s mit dem Druckausgleich leichter. Diese Taucherregel zu beherzigen lohnt sich, denn das häufigste medizinische Problem tritt während des Abtauchvorgangs auf – das kompressionsbedingte Mittelohrbarotrauma. Während des Abtauchens wird das Trommelfell durch das Wasser nach innen in Richtung Mittelohr gepresst.

Gelingt dem Taucher der Druckausgleich über die eustachische Röhre nicht oder erfolgt das Abtauchen zu schnell, kann es zu Schmerzen, Hörverlust und einer Perforation des Trommelfells kommen. Gelangt dabei kaltes Wasser ins Mittelohr, führt dies zu Schwindel und Erbrechen – unter Wasser eine gefährliche Situation. In den meisten Fällen regeneriert sich das Mittelohr von selbst.

Ein Barotrauma, das durch eine Dekompression entsteht, ist dagegen weitaus seltener. Ohrenschmerzen während des Auftauchvorgangs sowie Tinnitus, Schwindel und Hörverlust sind Hinweise auf eine Ruptur des runden Fensters. Eine einseitige Obstruktion der eustachischen Röhre kann zu einem Druckdifferenz-Schwindel bis hin zur Orientierungslosigkeit führen. In diesem Fall sollte ein Valsalva-Versuch erfolgen. Schädigungen des Innenohrs (beispielsweise Barotrauma, Dekompressionserkrankung) sind dagegen weitaus seltener als Mittelohrverletzungen. 

Hier gilt: Den Kopf über Wasser halten!

  • akute oder chronische Otitis media bzw. Otitis externa
  • akute virale Rhinitis
  • nicht ausreichend kontrollierte allergische Rhinitis
  • akute Sinusitis
  • aktive chronisch entzündliche und granulomatose Nasen­erkrankungen
  • akute Infektionen des Nasopharynx und des Larynx
  • noch nicht ausgeheilte Trommelfellperforation
  • Stapesplastik
  • Mastoidplastik
  • aktiver Morbus Ménière
  • nicht-korrigierte Laryngozele
  • nicht-korrigierte Subglottis­stenose
  • beidseitige Stimmbandlähmung

Blutspritzer in der Maske eher unkritisch

Rezidivierendes Nasenbluten tritt bei etwa 3 % der Hobbytaucher auf. Jeder zehnte erfahrene Taucher hatte bereits mindestens einmal während seiner Taucherkarriere ein Barotrauma der Nasennebenhöhlen, das durch Schmerzen während des Abtauchens im Bereich der Stirn und Wangen charakterisiert ist. Beim Auftauchen kann es dann zu einem explosionsartigen teilweise blutvermengten Schleimabgang in die Tauchermaske kommen – sieht im ersten Moment schlimm aus, verläuft in der Regel aber harmlos.

Quelle: Lechner M et al. JAMA Otolaryngol Head Neck Surg 2018; online first