Anzeige

Nagelmelanom Absicherung mit Klinik, Dermatoskopie und Biopsat

Autor: Dr. Anne Benckendorff

Melanonychien können durch ein Nagelmelanom entstehen, daher sollte man unbedingt genau hinschauen. Melanonychien können durch ein Nagelmelanom entstehen, daher sollte man unbedingt genau hinschauen. © Rytis – stock.adobe.com
Anzeige

Es ist oft nicht leicht, ein Nagelmelanom von anderen pigmentierten Nagelveränderungen zu unterscheiden. Das klinische Bild in Kombination mit der Dermatoskopie erlaubt eine erste Abschätzung des Malignitätsrisikos. Die histopathologische Absicherung gelingt aber nur mit dem richtigen Biopsat.

Nagelmelanome (NM) machen bei Europäern 0,18–2,8 % aller Melanome aus, Asiaten und Menschen afroamerikanischer Abstammung sind deutlich häufiger betroffen. NM treten typischerweise bei Älteren auf und werden häufig erst in fortgeschrittenen Stadien festgestellt. Die Differenzialdia­gnosen sind breit gefächert und umfassen subunguale Hämatome, Nagelmykosen, exogene Pigmentierungen und melanozytäre Läsionen wie Naevi und melanotische Maculae.

Die Melanome präsentieren sich als longitudinale Melanonychien, die von der Nagelfalz bis zur Nagelkante reichen, schreiben Claudia Darmawan­ von der Abteilung für Dermatologie am Seoul National University College of Medicine und Kollegen. Typisch sind irregulär geformte Streifen von heterogener Breite und Färbung. Insbesondere die Manifestation an nur einem Nagel, eine rasche Verbreiterung und/oder ein Hutchinson-Zeichen (periunguale Pigmentierung) weisen deutlich in Richtung NM. Letzteres ist einerseits besonders alarmierend, es kann andererseits in seltenen Fällen auch von Naevi, Traumen, Medikamenten oder Systemerkrankungen herrühren. Und Vorsicht: Zwischen 6 und 36 % aller Nagelmelanome sind amelanotisch!

Lokalisation der Biopsie genau überlegen

Unter dem Dermatoskop zeigen sich beim Nagelmelanom charakteristischerweise eine braune Hintergrundfärbung des Streifens sowie unregelmäßige Linien mit variablen Dicken und Abständen. Neben der Dermatoskopie der Nagelplatte lohnt sich auch ein Blick auf die Nagelkante: Bei einer Pigmentierung in der oberen Schicht der Nagelplatte befindet sich ihr Ursprung in der proximalen Nagelmatrix, bei Pigmentierung in der unteren Nagelplatte in der distalen Nagelmatrix. Diese Unterscheidung hilft, die richtige Stelle für die Biopsie zu wählen.

Doch nicht nur die Stelle, auch die Technik hat einen Einfluss. Wenn die longitudinale Melanonychie weniger als 3 mm breit ist, kann eine Stanzbiopsie verwendet werden, bei der zunächst eine größere Öffnung aus dem Nagel herausgestanzt wird, um durch sie eine kleinere Probe aus der Nagelmatrix zu entnehmen. Bei breiteren pigmentierten Streifen bietet sich eine Shave-Biopsie an. Es können aber auch longitudinale Nagelbiopsien verwendet werden. Wenn Verdacht auf eine Beteiligung der Dermis besteht, sollte eine longitudinale inzisionale Biopsie von der Matrix auf jeden Fall bis zum Nagelbett erfolgen, da die Invasion dort häufiger auftritt.

Zytologische Auffälligkeiten, die (wie beim kutanen Melanom) auf ein NM hindeuten, umfassen vergrößerte und/oder irregulär geformte Zellenkerne, Hyperchromasie und das Vorhandensein eines deutlich sichtbaren Nucleolus. Typisch für eine frühe Malignität sind zudem verteilte atypische Melanozyten in den basalen oder suprabasalen Schichten, die größer als die Keratinozyten sind. Mehr als 40 Melanozyten pro Millimeter entlang der epidermalen-dermalen Grenze deuten auf ein Melanom hin, wohingegen bei weniger als 30 Melanozyten eine benigne Ursache wahrscheinlicher ist. Der Nachweis eines Infiltrats von inflammatorischen Zellen weist ebenfalls auf Malignität, kann insbesondere in frühen Stadien aber auch fehlen.

Genetische Unterschiede zum kutanen Melanom

Untersuchungen zu Mutationsprofilen bei Nagelmelanomen konnten genetische Muster nachweisen, die für UV-Schäden typisch sind. Subunguale und interdigitale Melanome haben u.a. Mutationen in den typischen Onkogenen wie PIK3CA oder EGFR. Stellt man Nagelmelanomen den Nicht-Nagelläsionen gegenüber, finden sich u.a. häufiger CDK4- RICTOR- und KIT-Mutationen und seltener BRAF-Mutationen. Da die Charakterisierung von molekularen Veränderungen die Basis für potenzielle zielgerichtete Therapien darstellen kann, sind weitere Studien nötig, um Nagelmelanom-spezifische genetische Auffälligkeiten näher zu charakterisieren.

Die Therapie der Wahl beim Nagelmelanom besteht weiterhin in der chirurgischen Exzision. Bei nicht-invasiven Läsionen ist die funktionelle Chirurgie die Methode der Wahl, wobei der gesamte Nagelapparat (inkl. Periost) mit einem Sicherheitsabstand von 5 mm zu entfernen ist. Bezüglich der Mohs-Chirurgie sollten Schwierigkeiten bei der Tumorrandkontrolle nicht unterschätzt werden.

Bei invasiven Tumoren ziehen viele aufgrund der unmittelbaren Nähe zum Knochen eine Amputation vor. Die Entscheidung muss aber individuell nach Klinik, Expertise und Patientenwunsch gefällt werden. Bei fortgeschrittenen Tumoren mit vermuteter Knochenbeteiligung raten die Autoren jedoch zu einer Amputation auf Höhe des distal nächstgelegenen unbetroffenen Gelenks.

Aufgrund mangelnder Daten für das Nagelmelanom kann man sich bei der Wächterlymphknoten-Biopsie an der Vorgehensweise für das kutane Melanom (> 1 mm Dicke) orientieren. Ein Überlebensvorteil ließ sich in Studien aber bisher nicht belegen. Ebenfalls nur eingeschränkte Daten sind zur Wirksamkeit von zielgerichteten Immuntherapien bei fortgeschrittenen Nagelmelanomen verfügbar. Hier sind weitere Studien erforderlich.

Quelle: Darmawan CC et al. J Eur Acad Dermatol Venereol 2022; DOI: 10.1111/jdv.17975