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Dem Emphysem die Luft abdrehen – neue interventionelle Verfahren zur Lungenvolumenreduktion

Autor: Dr. Elke Ruchalla

Bei dieser COPD-Patientin wurde die Lungenvolumenreduktion mit Nitinol-Coils durchgeführt. Bei dieser COPD-Patientin wurde die Lungenvolumenreduktion mit Nitinol-Coils durchgeführt. © Case courtesy of Dr Hein Els, Radiopaedia.org, rID: 33248
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Die operativen Verfahren zur Lungenvolumenreduktion sind mit vielen Komplikationen behaftet. Inzwischen gibt es aber verschiedene endoskopische Methoden, die COPD-Patienten mit schwerem Emphysem hoffen lassen.

Bislang umfasst die Behandlung einer COPD Lebensstilveränderungen – vor allem den Rauchstopp – Medikamente, wie Bronchodilatatoren, Anticholinergika, Kortikosteroide, und ggf. Sauerstoff, ergänzt durch Präventionsmaßnahmen wie Impfungen gegen Pneumokokken und Influenza. Aber das war es fast schon und in späten Stadien kommt man damit nicht mehr sehr weit. Die verschlossenen peripheren Atemwege und das zerstörte, emphysematöse Parenchym führen zu einer stark überblähten Lunge, die Atemmuskulatur erschöpft sich und die pulmonale Funktion geht immer stärker in die Knie.

Anfang des Jahrtausends unternahmen Chirurgen erste Versuche, nicht nur die Symptome zu lindern, sondern an der Ursache anzugreifen: Sie resezierten die Lungenanteile mit dem ausgeprägtesten Emphysem, sodass die gesünderen Segmente buchstäblich mehr Luft bekamen. Das Vorgehen besserte zwar vor allem bei erkrankten Oberlappen die Beschwerden, aber die offene Thorakotomie war in dieser Hochrisikogruppe mit erheblichen Komplikationen verbunden und über die ersten drei Monate nach dem Eingriff starben mehr operierte als standardmäßig behandelte Patienten.

Interventionen auch bei Asthma

Standardtherapie des Asthma bronchiale ist die Gabe von inhalativen Kortikosteroiden sowie von Bronchodilatatoren. In schweren Fällen kommen auch Antikörper zum Zug, durch die man systemische Steroide einsparen kann. Von den interventionellen Therapien haben Wissenschaftler vor allem die bronchoskopische Thermoablation untersucht, wenn alle Medikamente nicht mehr helfen. Anders als beim Emphysem setzt man hier mit der Hitze an den Zellen der glatten Muskulatur der Atemwege an, die sich dadurch entspannt. Welche Asthmatypen genau auf die Maßnahme ansprechen, bleibt abzuwarten, schreiben die Experten. Auf alle Fälle ist ein multidisziplinärer Ansatz notwendig, bei dem Pneumologen und Endoskopiker eng zusammenarbeiten.

In den letzten Jahren wurden nun verschiedene endoskopische Techniken entwickelt, die das gleiche Ziel haben wie die OP, aber weniger belasten, erklären Dr. Neha P. Mandovra vom Institute of Pulmonology Medical Research and Development in Mumbai und ihre Kollegen – u.a. Professor Dr. Felix Herth von der Thoraxklinik Heidelberg gGmbH.

 

 

Einlage endobronchialer Ventile

Bronchoskopisch bringt der Arzt ein Ventil in die betroffenen Segmentbronchien ein. Darüber kann zwar Luft aus den erkrankten Lungensegmenten hinaus strömen, aber kaum noch hinein, die Überblähung geht zurück. Allerdings muss man vorher sicherstellen, dass keine kollaterale Ventilation der befallenen Segmente besteht – sonst ist das Ganze für die Katz, weil die Luft dann auf anderem Weg hineingelangt. Eine ganze Reihe von Studien hat gezeigt, dass solche Ventile wirksam und komplikationsarm sind: FEV1 und körperliche Belastbarkeit bessern sich signifikant und die Behandelten empfinden eine deutlich höhere Lebensqualität. Und auch bei den Kosten schneiden sie günstiger ab als andere verfügbare Behandlungen, etwa eine Lungentransplantation.

 

Einlage endobronchialer Spiralen

In sehr stark überblähte Segmente setzen Interventionalisten Nitinolspiralen (Coils) ein. Diese werden während der Implantation gestreckt, ziehen sich dann aber wieder zusammen und nehmen dabei das Lungengewebe mit. Daraus resultiert eine Volumenentlastung. Klinisch bessern sich Leistungsfähigkeit, Lungenfunktion und Lebensqualität. Das Verfahren funktioniert unabhängig von einer möglichen Kollateralventilation, weil man nur betroffene Abschnitte behandelt, die natürlichen Atemwege bleiben frei. Es kommt derzeit nur bei sehr starkem Emphysem infrage, scheint sich aber auch für Patienten mit Antitrypsin-1-Mangel zu eignen. Die aktuell laufende ELEVATE-Studie soll weiteren Aufschluss über Vor- und Nachteile bringen.

 

Bronchoskopische thermische Dampfablation

Bei dieser Methode appliziert man auf Segmentebene durch Wasserdampf erzeugte Hitze. Dadurch entsteht eine Entzündungsreaktion, die ihrerseits zu Fibrose, Narbenbildung und letztlich der erwünschten Schrumpfung des Emphysems führt. Die Studien dazu liefen allerdings bisher nur bei Patienten mit oberlappenbetonten Emphysemen.

 

Polymerische Volumenreduktion

Statt der Hitze ruft in diesem Fall ein Polymergelschaum die Inflammation hervor, mit ähnlichem Ergebnis wie beim Wasserdampf.

 

Gezielte Denervation

Das Verfahren zielt auf die pulmonalen Äste des Parasympathikus ab und legt sie lahm. Ähnlich wie durch Betamimetika und Anticholinergika will man so eine Bronchodilatation erreichen.

Bis auf die Einlage der Ventile und eingeschränkt der Spiralen sind alle diese Verfahren nicht rückgängig zu machen. Man muss daher die Indikation sorgfältig erwägen und mit dem Patienten Nutzen und Risiken diskutieren.

Quelle: Mandovra NP et al. Ther Umschau 2019; 76: 328-336; DOI: 10.1024/0040-5930/a001097