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Ernährungsmedizinische Betreuung Durch dick und dünn

Autor: Dr. Judith Besseling

Eine Mangelernährung ist bei Krebspatienten nicht selten und sollte ernst genommen werden. Eine Mangelernährung ist bei Krebspatienten nicht selten und sollte ernst genommen werden. © Maridav – stock.adobe.com
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Etwa ein Drittel der Menschen mit Krebserkrankung ist mangelernährt – auch wenn es nicht bei jeder Person gleich ins Auge fällt. Im Falle einer sarkopenen Adipositas zum Beispiel. Doch obwohl viele darunter leiden, ist der Aspekt Ernährung in der Tumortherapie nicht immer präsent. Ein Überblick.

Nach der Geriatrie, ist die Onkologie die Fachdisziplin, wo 30–40 % der Patient:innen bereits bei Erstdiagnosestellung Erscheinungen einer Mangelernährung aufweisen“, erinnerte Prof. Dr. ­Sebastian ­Theurich, LMU Klinikum, München. Allerdings bekomme das Thema Ernährung im klinischen Alltag häufig nicht die benötigte Aufmerksamkeit.

Bisher oft Eigeninitiative der Erkrankten notwendig

Er wies auf eine italienische Studie hin, in der 2.375 Onkolog:innen einen Fragebogen zugeschickt bekamen. Von den 135 Personen, die antworteten, gaben 28 % an, dass sie ein ernährungsmedizinisches Assessment und Support anbieten. Diese erfolgten aber in knapp der Hälfte der Fälle nicht automatisch, sondern wurden von den Betroffenen erfragt. Im Gegensatz dazu waren 131 der Umfrageteilnehmenden (97 %) der Meinung, dass der Ernährungsstatus wichtig für die Therapieentscheidung ist, betonte der Referent.

Prof. Theurich erinnerte anhand von Studiendaten daran, dass bei mangelernährten Krebskranken sowohl Toxizitäten einer Tumortherapie erhöht sind als auch das Gesamtüberleben signifikant schlechter ausfällt. In der prospektiven EFFORT-Studie wurde dagegen belegt, dass sich eine ernährungsmedizinische Intervention positiv auf das Outcome auswirkt. Der Vortragende machte deshalb noch einmal deutlich, dass auch die deutschen Leitlinien empfehlen, so früh wie möglich ein Screening auf Mangel­ernährung durchzuführen. Dabei sollen der aktuelle Gewichtszustand und -verlauf geklärt sowie Fragen zu Nahrungszufuhr und möglichen Einflüssen des Krankheitsverlaufs auf die Ernährungssituation gestellt werden.

Lässt sich beim Screening kein Risiko feststellen, ist an diesem Punkt jedoch nicht Schluss, warnte Prof. Theurich. Alle vier bis acht Wochen solle man die Betroffenen reevaluieren. Besteht jedoch ein Risiko, erhalten sie einen individualisierten Ernährungsplan.

„Auch übergewichtige oder adipöse Patient:innen können mangel­ernährt sein“, erläuterte der Experte weiter. In diesem Zusammenhang ging er auf die sarkopene Adipositas ein. Diese sei mit einer erhöhten Gesamtmortalität nach chirurgischen Interventionen und Systemtherapien assoziiert. Zudem könne Adipositas eine chronische Inflammation verstärken, die wiederum ein Risikofaktor für das Outcome von Krebserkrankten ist. 

Ernährung und Bewegung kombiniert angehen

Eine reduzierte Energiezufuhr zusammen mit einer chronischen Entzündung sei besonders kritisch, weshalb Leitlinien eine kombinierte Ernährungs- und Bewegungsintervention vorsehen. „Diese Art der Therapie ist bisher nicht klinisch abgebildet, weil sie auch nicht refinanziert ist“, gab Prof. Theurich zu bedenken. 

Bisher seien entweder Eigenmittel der Kliniken oder Drittmittel bzw. Eigenleis­tungen der Betroffenen notwendig, um solch eine Behandlung umzusetzen. Eine prospektive randomisierte Studie an elf deutschen Standorten – das INTEGRATION*-Programm – soll nun weitere wissenschaftliche Daten zur personalisierten Ernährungs- und Bewegungstherapie liefern. So soll das Konzept nach Möglichkeit in die Regelversorgung von Krebspatient:innen überführt werden, gab Prof. Theurich abschließend einen Ausblick.

* Kombinierte Ernährungs- und körperliche Aktivitätsinterventionen während einer onkologischen Therapie

Quelle: Theurich S. 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin