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Herzinsuffizienz und COPD: Mehr Mut zu Betablockern!

Autor: Dr. Alexandra Bischoffa

Die Leitlinienempfehlung für das Duo Herzinsuffizienz plus COPD wird nicht umgesetzt. Die Leitlinienempfehlung für das Duo Herzinsuffizienz plus COPD wird nicht umgesetzt. © iStock/justhavealook
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Herzinsuffizienten mit COPD werden zu selten Betablocker verschrieben. Dabei sind insbesondere die kardioselektiven sicher, sie senken die Mortalität und wohl auch die Exazerbationsrate.

COPD-Patienten leiden zwei- bis fünfmal häufiger an kardiovaskulären Komorbiditäten (z.B. KHK, Herzinsuffizienz oder Arrhythmien) als Lungengesunde. Mit zunehmender Atemwegsobstruktion steigt auch das Risiko für Mortalität und Morbidität deutlich an – etwa 20 % der Betroffenen sterben an kardiovaskulären Ursachen, schreibt Privatdozent Dr. Mathias M. Borst von der Medizinischen Klinik I am Caritas-Krankenhaus Bad Mergentheim. Umgekehrt litten einer Studie zufolge 35 % der Patienten mit manifester Herzinsuffizienz an einer begleitenden COPD.

Diagnostische Kriterien der stabilen Herzinsuffizienz

1. Klinisch:
  • Beschwerden (z.B. Dyspnoe)
  • klinische Zeichen (z.B. Ödeme)
2. Bestimmung der linksventrikulären Ejektionsfraktion (LVEF):
< 40 %: HFrEF, 40–49 %: HFmrEF, ≥ 50 %: HFpEF* 3. Falls LVEF ≥ 40 %:
  • erhöhte Spiegel der natriuretischen Peptide (Grenzwert unter stabilen Bedingungen für BNP 35 pg/ml bzw. NT-proBNP 125 pg/ml)
  • relevante strukturelle Herzerkrankung und/oder diastolische Dysfunktion

* HFrEF: Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion, HFmrEF: Herzinsuffizienz mit mäßig reduzierter Pumpfunktion, HFpEF: Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion

Im Klinik- und Praxisalltag wird Letztere als Komorbidität allerdings häufig übersehen. Denn die Frage, ob eine Dyspnoe kardial oder pulmonal bedingt ist, lässt sich insbesondere bei älteren Patienten mit Raucheranamnese oftmals nicht leicht beantworten. Die häufige Koexistenz geht aber mit einem ungünstigen Krankheitsverlauf einher. Eine genaue Differenzialdiagnostik hat daher große Bedeutung. Für beide Erkrankungen gibt es klare Kriterien (s. Kästen). Zudem empfehlen sowohl pneumologische als auch kardiologische Leitlinien aufgrund der hohen Komorbiditätsrate eine apparative kardiopulmonale Basisdiagnostik in einer stabilen Phase der COPD (EKG und Echokardiographie) bzw. Herzinsuffizienz (Spirometrie).

Diagnostische Kriterien der stabilen COPD

1. Klinisch:
  • Dyspnoe
  • chronischer Husten
  • Auswurf
2. Risikofaktoren:
  • genuine Faktoren (z.B. genetische Prädisposition)
  • exogene Einflüsse (z.B. Exposition gegenüber Tabakrauch, berufliche Noxen, Luftverunreinigung)
3. Spirometrie:
  • FEV1/FVC < 0,70 (bzw. unter dem unteren Grenzwert) postbronchodilatatorisch
In der Regel erfolgt zusätzlich eine Ganzkörperplethysmographie.

Die Grunderkrankung sollte man ohne Einschränkungen leitliniengerecht versorgen. Dieses Vorgehen hält der Autor auch im Fall einer Rechtsherzinsuffizienz infolge eines Lungenhochdrucks bei COPD und/oder konsekutiv nach Linksherzinsuffizienz für sinnvoll. Einer Kohortenstudie zufolge bringen Betablocker bei COPD und Rechtsherzinsuffizienz keine Nachteile, sondern wahrscheinlich sogar einen kleinen Überlebensvorteil. Die Behandlung der pulmonalen Hypertonie sollte spezialisierten Zentren vorbehalten bleiben. Insbesondere bei chronischer Herzinsuffizienz stellen Betablocker einen unverzichtbaren Therapiebaustein dar. Dennoch werden sie trotz ausdrücklicher Empfehlung nicht ausreichend verordnet, kritisiert der Experte. Besonders zurückhaltend agieren Kollegen bei der Verschreibung, wenn zusätzlich eine COPD vorliegt. Die Datenlage spricht jedoch dafür, dass die Therapie bei COPD-Patienten nicht wie befürchtet mehr akute Exazerbationen begünstigt, sondern sie möglicherweise sogar reduziert. Die Substanzen behindern auch nicht die Wirkung der betamimetischen Bronchodilatatoren. Vor allem die Gabe von kardioselektiven Betablockern gilt als sicher und wird in den aktuellen Leitlinien für Patienten mit obstruktiven Atemwegserkrankungen empfohlen. 

Quelle: Borst MM. klinikarzt 2019; 48: 420-427; DOI: 10.1055/a-1014-9860