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KI statt klassisches Staging: Bessere Prognosevorhersage des NSCLC

Autor: Dr. Miriam Sonnet

Die Künstliche Intelligenz berücksichtigt alle erfassten individuellen Faktoren des Patienten und errechnet u.a. die Prognose des lungenkrebsspezifischen Überlebens. Die Künstliche Intelligenz berücksichtigt alle erfassten individuellen Faktoren des Patienten und errechnet u.a. die Prognose des lungenkrebsspezifischen Überlebens. © dima_oris – stock.adobe.com
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Künstliche Intelligenz wurde bisher hauptsächlich dazu verwendet, radiologische Aufnahmen auszuwerten und histopathologische Bilder zu interpretieren. Doch sie kann auch die Prognosevorhersage und Therapieentscheidung verbessern.

Die Stratifizierung von Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (NSCLC) in verschiedene Prognosesubgruppen ist ein wichtiger Schritt der Therapieplanung. Das Problem: Die Überlebensraten innerhalb eines Stadiums variieren mitunter sehr stark. Cox-Regressionsmodelle, von denen sich z.B. das lungenkrebsspezifische Überleben (LCSS) ableiten lässt, sollen helfen, die Prognosevorhersage zu optimieren. Aber auch diese Modelle haben ihre Grenzen, denn es können weder Gesamtüberleben und progressionsfreies Überleben präzise evaluiert noch nicht-lineare Faktoren berücksichtigt werden. Künstliche Intelligenz (KI) mit Deep Learning, also einem neuronalen Netzwerk, könnte dieses Problem lösen, wie eine chinesische Studie vermuten lässt.

Ein akkurater Helfer

Künstliche Intelligenz mit Deep-Learning-Mechanismen kann die hochkomplexen und linearen bzw. nicht-linearen Assoziationen zwischen prognostischen klinischen Charakteristika und dem individuellen Sterberisiko lernen. Sie wurde bereits in Studien getestet und erreichte bei der Analyse der klinischen Daten des Registers „Surveillance, Epidemiology and End Results“ (SEER) eine 93%ige Akkuratheit, wenn es darum ging, Lungenkrebsstadien genau vorherzusagen.

Errechnete Werte identisch mit denen der Datenbank

Die Autoren um Dr. Yunlang She, Shanghai Pulmonary Hospital, Shanghai, wollten herausfinden, ob die neuronalen Netze helfen, eine individuelle Prognose und Therapieempfehlung für Lungenkrebspatienten zu erstellen. Sie nutzten dazu das Modell einer Deep-Learning-Architektur und verglichen dessen Ergebnisse mit denen des TNM-Staging-Systems und einer Datenbank. Insgesamt schlossen die Wissenschaftler 17 322 NSCLC-Kranke im Stadium I–IV ein und sammelten Informationen wie Geschlecht, Alter, Tumorcharakteristika, SEER-Code und Therapiedetails. Das von der KI errechnete Drei- und Fünf-Jahres-LCSS stimmte mit dem der Datenbank überein. Zudem sagte die Deep-­Learning-Maschine die Prognose der Patienten signifikant besser vorher als das TNM-Staging-System. Die Forscher stellten anschließend zwei Kaplan-Meier-Überlebenskurven grafisch dar: Erstens, die Kurve von Patienten, deren tatsächliche Therapie mit der empfohlenen übereinstimmte und zweitens die Kurve von Patienten, deren Behandlung von der empfohlenen abwich. Die erste Gruppe hatte im Vergleich zur zweiten signifikant bessere Überlebensraten (Hazard Ratio 2,99; 95%-KI 2,49–3,59; p < 0,001). Weiterhin wurden die Teilnehmer in folgende Subgruppen unterteilt: Empfehlung für eine Lobektomie bzw. sublobuläre Resektion. Personen mit Lobektomie-Empfehlung profitierten von diesem Eingriff tatsächlich stärker hinsichtlich LCSS, als wenn sie einer sublobulären Resektion unterzogen wurden. Im anderen Empfehlungsarm gab es keine Unterschiede zwischen den beiden Interventionen.

Nutzerfreundliche Oberfläche für Patientenkommunikation

Das Deep-Learning-Modell schnitt besser ab als das TNM-Staging-System, wenn es darum ging, das post­operative Outcome von NSCLC-Patienten vorherzusagen, resümieren die Autoren. Die KI ließe sich auch für Therapieempfehlungen verwenden. Gleichzeitig erlaube es die nutzerfreundliche Oberfläche, Patienten und Angehörigen komplexe Analysen, inklusive der Vorhersage einer Prognose sowie Therapieempfehlungen, zu vermitteln.

Quelle: She Y et al. JAMA Network Open. 2020; 3: e205842; DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2020.5842