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Hepatitis C Lähmung entlarvt Leberleiden

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Eine Monoparese in der Wade brachte den Patienten zum Arzt. Heraus kam er mit der Diagnose „Hepatitis C“. (Agenturfoto) Eine Monoparese in der Wade brachte den Patienten zum Arzt. Heraus kam er mit der Diagnose „Hepatitis C“. (Agenturfoto) © Angela – stock.adobe.com
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Eine chronische Hepatitis C kann mit einer schmerzlosen progredienten Lähmung assoziiert sein. In einem aktuellen Fall war sie sogar das erste Krankheits­zeichen. 

Ein 60-Jähriger wurde vom Hausarzt zur Abklärung einer seit sechs Monaten progredienten schmerzlosen Umfangsminderung der rechten Wade eingewiesen. Anamnestisch gab der Patient ein etwas unförmiges Gangmuster an, aber ohne Stolpern und Stürzen. Abgesehen von einer Hypertonie und einem Taubheitsgefühl an der rechten Fußaußenseite nach Diskusprolaps 20 Jahre zuvor bestanden keine Vorerkrankungen, schreiben Prof. Dr. Thorleif­ Etgen­ vom Klinikum Traunstein und Dr. ­Michael Winklmaier­, Hausarzt in Wald­kraiburg.

Die internistische Untersuchung verlief unauffällig, es bestanden weder Ikterus noch Leberhautzeichen. Neurologisch fand sich eine schmerzlose Monoparese des rechten Unterschenkels sowie eine leichte Fußheber-, Großzehenheber- und Fußsenkerparese. Die Muskel­eigenreflexe waren erhalten, ein neues sensibles Defizit bestand nicht. In der MRT zeigte sich eine ausgeprägte Atrophie mit einem diffusen Ödem des rechten M. triceps surae. Das Labor ergab erhöhte Leberwerte und eine positive Hepatitis-C-Serologie mit hoher Viruslast. Die Autoren diagnostizierten eine Hepatis-C-assoziierte Mononeuropathie des rechten Ischiasnerven mit besonderer Beteiligung des Nervus tibialis. Die klinisch erkennbare Fußheberparese sprach zudem für eine leichte Affektion des N. peroneus. 

In der erweiterten Anamnese fiel auf, dass der Bruder des Kranken schon seit Jahren an einer Hepatitis C litt. Der Patient selbst hatte mehr als 30 Jahre zuvor eine Bluttransfusion erhalten (Operation nach Skiunfall). Deshalb kommen ätiologisch sowohl eine maternale Infektion als auch die genannte Fremdblutgabe in Betracht. Eine zwölfwöchige Kombinations­behandlung mit Sofosbuvir und Velpatasvir führte zu einer anhaltenden Viruselimination. Eine Progression der Lähmung wurde während der einjährigen Nachbeobachtungszeit nicht verzeichnet. 

Bei Hepatitis C häufig periphere Neuropathien

Schmerzlose progrediente atrophische Monoparesen im Zusammenhang mit einer chronischen Hepatitis C wurden bisher nicht beschrieben, so die Autoren. Periphere Neuropathien sind jedoch häufig. In einer Studie war fast die Hälfte der 121 Teilnehmer betroffen, darunter nur ein einziger mit rein motorischer Manifestation. Auch Einzelfälle mit symmetrischen Paresen ohne sensible Beeinträchtigung sind bekannt. 

Periphere Neuropathien treten bei der chronischen Hepatitis C oft im Zusammenhang mit einer Kryoglobulinämie als Vaskulitis auf. ­Diese manifestiert sich an der Haut mit Purpura, Ulzera, vasomotorischen Symptomen und Livedo reticularis. Zusätzlich können sich Arthralgien und Arthritiden entwickeln. Bei einer peripheren Manifestation ist mit Parästhesien und Beinschmerzen zu rechnen. Das Fehlen derartiger Beschwerden spricht im vorliegenden Fall gegen eine kryoglobinassoziierte ­Vaskulitis.

Quelle: Etgen T, Winklmaier M. Dtsch Med Wochenschr 2022; 147: 613-616; DOI: 10.1055/a-1799-1850