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Lebertransplantation: Niedrige Rate durch mangelnde Spendenbereitschaft

Autor: Dr. Anja Braunwarth

Auch Patienten mit alkoholassoziierter Hepatitis profitieren von der Transplanta­tion einer gesunden Spenderleber. Auch Patienten mit alkoholassoziierter Hepatitis profitieren von der Transplanta­tion einer gesunden Spenderleber. © wikimedia commons/Suseno
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Nachdem die Zahl der Lebertransplantationen in Deutschland lange Zeit besorgniserregend abgefallen war, hat sie sich 2018 und 2019 stabilisiert. Trotzdem bleibt uns die rote Laterne im Länderranking.

Pro Million Einwohner lag die Zahl der Leberspender im Jahr 2018 bei 11,3, im darauffolgenden Jahr bei 11,2. Zum Vergleich: In Belgien verzeichnete Eurotransplant 2019 eine Rate von 30,4, in Österreich­ lag sie bei 23,8, berichtete Professor Dr. ­Henrik ­Petrowsky von der Klinik für Viszeral- und Transplantationschirurgie am Universitätsspital Zürich. Er bezeichnete die Entwicklung in Deutschland trotz der Stabilisierung als problematisch, denn in vielen anderen Ländern zeichnet sich ein positiver Trend hin zu mehr Organspenden ab. Dazu kommt, dass bei uns Lebendspenden seit Jahren praktisch keine Rolle spielen.

Die häufigste Indikation für eine Transplantation ist das chronische Leberversagen. Alkohol und Viren spielen dabei nicht mehr die größte Rolle, sondern metabolische Ursachen. In der Zukunft rechnen Experten damit, dass auch Tumoren immer mehr an Bedeutung gewinnen.

In vielen anderen Ländern gehen die Zahlen nach oben

Viele Punkte fließen in die Risikostratifizierung der Betroffenen ein, z.B. zirrhosebedingte Schäden oder extrahepatische Organinsuffizienzen. Prof. Petrowsky hob besonders die Sarkopenie hervor. Sie sei „das Gesicht der chronischen Leberkrankheit“. Malnutrition und Muskelabbau gehen mit Komplikationen nach der Transplantation einher. Über die Messung der Muskelquerschnittsfläche auf Höhe L3/L4 in Computer- oder Magnetresonanztomographie lässt sich der Skelettmuskelindex und damit das Ausmaß des Verlustes bestimmen.

In einer aktuellen Studie an vier amerikanischen Zentren wurde der Zusammenhang zwischen Sarkopenie und Mortalität nach Lebertransplantation untersucht. Eingeschlossen hatte man 126 kritisch Kranke mit dringlicher Evaluierung einer Lebertransplantation innerhalb von 30 Tagen. 63 % waren Männer. Von diesen starb jeder Vierte nach der Transplantation. Es zeigte sich ein klarer Einfluss des Skelettmuskelindex. Die Werte der Verstorbenen lagen deutlich unter denen der Überlebenden. Für Frauen ließ sich kein Zusammenhang zwischen Sarkopenie und Mortalität nachweisen.

Daten gab es auch zum besten Zeitpunkt für eine Transplantation bei alkoholassoziierter Hepatitis. Diese ist durch eine akute Hyperbilirubinämie bei akutem schwerem Alkoholkonsum gekennzeichnet. Spricht sie auf keine Therapie an, kann die Mortalität innerhalb von sechs Monaten bis zu 70 % betragen. Ein neues Organ wäre lebensrettend. Da die eigentlich geforderte Abstinenzperiode bei Patienten mit alkoholassoziierter Hepatitis aber nicht eingehalten werden kann, wird die Lebertransplantation in diesen Fällen kontrovers diskutiert.

In einem mathematischen Modell haben Forscher nun die Szenarien frühe und spätere Lebertransplantation bei alkoholassoziierter Hepatitis verglichen und drei hypothetische Formen von postoperativem Alkoholkonsum/-verhalten simuliert:

  • anhaltender Konsum nach der Transplantation
  • Abstinenz
  • gelegentlicher Konsum nach bereits erreichter Abstinenz

Die Simulation ergab für alle Varianten ein signifikant besseres Überleben durch die frühe Transplantation. Ein anhaltender Alkoholkonsum reduzierte die günstigen Effekte der Operation, eliminierte sie aber nicht.

Quelle: 9. Hepatologie-Update-Seminar*

* Online-Veranstaltung