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Lungenembolie: Mit Triage-Tools die Hospitilationspflicht beurteilen

Autor: Manuela Arand

In diesem Fall stellt sich die Frage nach einer ambulanten Therapie der Lungenembolie sicher nicht. In diesem Fall stellt sich die Frage nach einer ambulanten Therapie der Lungenembolie sicher nicht. © Science Photo Library/Zephyr
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Nicht jeder Patient mit Lungenembolie muss stationär versorgt werden, soviel ist Konsens. Doch was hilft zuverlässiger bei der Entscheidung, ob der Betroffe­ne ins Krankenhaus muss – HESTIA-Kriterien oder sPESI­-Score?

„Unsere Krankenhäuser sind überlaufen mit Lungenembolie-Patienten“, erklärte Professor Dr. Filippo Crea, Katholische Universität Rom. Es sei daher wichtig, unter den hämodynamisch stabilen schnell jene zu identifizieren, die früh entlassen werden können.

Noch vor 15 Jahren galt es als ausgemacht, dass eine Lungenembolie ausschließlich stationär behandelt werden sollte, erinnerte Studienleiter Professor Dr. Pierre-Marie Roy von der Universitätsklinik Angers. Doch seither hat sich einiges getan.

So können mittlerweile nicht-bettlägerige Patienten mit niedrigem Risiko, deren Medikation weder intravenös verabreicht noch immer wieder angepasst werden muss, früh wieder nach Hause. In Europa werden diese Kranken bevorzugt mithilfe des simplifizierten Pulmonary-Embolism-Severity-Index (sPESI) identifiziert, in Amerika dagegen mit den HESTIA-Ausschlusskriterien (siehe Kästen).

sPESI-Score

Keine ambulante Therapie möglich, wenn mindestens einer der folgenden Parameter vorliegt:
  • Alter > 80 Jahre
  • chronische Herzinsuffizienz oder Lungenerkrankung
  • Krebs in der Anamnese
  • arterielle Sauerstoffsättigung < 90 %
  • systolischer Druck < 100 mmHg
  • Herzfrequenz ≥ 110 bpm

Die Frage, die es in HOME-PE zu klären galt, lautete: Welche der beiden Triagestrategien ist die bessere? Dabei ging es einerseits um die Sicherheit der Patienten, andererseits um die Frage, mit welcher Methode es gelingt, mehr Patienten binnen 24 Stunden nach Hause zu entlassen. Knapp 2000 Patienten wurden nach der Aufnahme randomisiert mit der einen oder der anderen Strategie beurteilt. Sowohl bei HESTIA als auch bei sPESI mussten alle Kriterien negativ sein, damit der Patient zu Hause weiter behandelt werden konnte (Score = 0). Wichtig: In beiden Studienarmen konnte der zuständige Arzt die Triage „überstimmen“, wenn er das Gefühl hatte, dass medizinische oder soziale Gründe gegen eine ambulante Weiterbehandlung sprachen. Das Follow-up dauerte 90 Tage, wobei die entscheidenden Endpunkte nach 30 Tagen gewertet wurden.

HESTIA-Kriterien

Keine ambulante Therapie möglich, wenn mindestens eines der folgenden Kriterien erfüllt ist:
  • hämodynamische Instabilität
  • Lyse oder Thrombektomie erforderlich
  • aktive Blutung oder hohes Blutungsrisiko
  • Sauerstoffgabe für mehr als 24 Stunden
  • Lungenembolie trotz Antikoagulation
  • starke Schmerzen (Analgetika i. v. für mehr als 24 Stunden nötig)
  • medizinische oder soziale Gründe gegen die Entlassung
  • Kreatinin-Clearance < 30 ml/min
  • schwerer Leberschaden
  • Schwangerschaft
  • heparininduzierte Thrombozyto­penie

sPESI-Ergebnis wird vom Arzt häufiger ignoriert

Nach den HESTIA-Kriterien konnten 39 % der Patienten in ambulante Therapie entlassen werden, nach sPESI-Score 48 %. Aber: In der HESTIA-Gruppe entschied sich der Arzt nur bei 3 % der Patienten doch für die stationäre Behandlung, in der sPESI-Gruppe in 29 % der Fälle. Am Ende kamen beide Gruppen auf vergleichbare Entlassraten von 38 % bzw. 37 %. Auch beim Sicherheitsendpunkt unterschieden sich die Gruppen nicht. Thromboembolierezidive, schwere Blutungen oder Tod traten in beiden Gruppen in weniger als 4 % der Fälle ein. Interessant ist noch die Beobachtung, dass man mit HESTIA mehr Patienten über 80 Jahre, Krebs- und Lungenkranke und Patienten mit hoher Herzfrequenz nach Hause schickte. Festzuhalten bleibt, dass beide Triagestrategien mehr als ein Drittel der Patienten identifizierten, die komplikationsarm früh entlassen oder direkt ambulant betreut werden konnten.

Quelle: ESC* Congress 2020 – The Digital Experience

* European Society of Cardiology