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Malignität von Pigmentflecken über Spannungsberechnung einschätzen

Autor: Dr. Susanne Gallus

Haut unter Strom: Die EIS-Impedanzmessung gibt Sicherheit, dass kein malignes Melanom übersehen wird. (Agenturfoto) Haut unter Strom: Die EIS-Impedanzmessung gibt Sicherheit, dass kein malignes Melanom übersehen wird. (Agenturfoto) © iStock/Benjamin Toth
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Die elektrische Impedanzspektroskopie erfasst über Spannungswiderstände die Zellgefüge der Haut und erlaubt die Unterscheidung von benignen und malignen Veränderungen. Schnell und ohne Biopsie kann man damit bei einem Patienten Entwarnung geben oder die Alarmglocken läuten.

Das Verfahren kommt zwar ursprünglich aus der Physik und wird hauptsächlich zur Messung von Leitungswiderständen eingesetzt. Aber auch in der Medizin hat man die elektrische Impedanzspektroskopie (EIS) für sich entdeckt. Und das bereits in den 1940er-Jahren, als zunächst Kardio­logen die Technik verwendeten.

Seit 2000 wird sie zunehmend auch von Dermatologen für Hautanalysen eingesetzt, berichtete Professor Dr. Markus­ Braun­-Falco­ von der Dermatologie und Allergologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München. In ersten Studien wurde gezeigt, dass es über die Wechselstrommessung möglich ist, sowohl hellen Hautkrebs von benignen Läsionen zu unterscheiden als auch maligne Melanome zu detektieren.

Einsatz bei atopischer Dermatitis denkbar?

Mit der EIS lässt sich auch die epidermale Barrierefunktion respektive der transepidermale Wasserverlust messen, berichtete Prof. Braun-Falco. Etwas, das man zukünftig vielleicht bei Atopikern, z.B. im Rahmen von Therapiemonitoring oder -kontrolle, als Alternative zur Pappain/Trypsin-Reizung oder dem Atopie-Patchtest einsetzen könnte. In diesem Fall wird der Score umgekehrt gewertet. Wie in ersten Untersuchungen gezeigt, ist der EIS-Score bei Atopikern im Vergleich zu Hautgesunden bereits generell erniedrigt. Ekzemartig veränderte Haut weist einen noch geringeren Wert auf.

Gerade an den „weicheren, sehr empfindlichen oder sehr flexiblen Stellen wie Bauch, Wange oder Ohr kann es schwierig sein, genug Druck auszuüben“, erklärte er. Dadurch komme es zwar nicht zu Fehlmessungen im Sinne falscher Werte, „aber zu Messungen, die das Gerät als solche nicht annimmt und die man wiederholen muss“. Subunguale Herde lassen sich ebenfalls nicht beurteilen. Außerdem kann es durch die notwendige Befeuchtung immer auch zu Ungenauigkeiten kommen, wenn diese z.B. nicht richtig erfolgte. Generell sieht er das System nicht als Konkurrenz zur ABCD-­Einteilung oder Dermatoskopie, sondern als Additivum. Gerade bei problematischen Befunden sei jede zusätzliche Information von Vorteil. Er riet zu folgendem generellen Diagnosealgorithmus:
  • Selbstkontrolle des Patienten
  • „Ugly-Duck-Sign“
  • Berechnung Dermatoskopie-Punktwert nach ABCD-Regel
  • Dermatoskopie (ABCD, 7-Punkt)
  • sequenzielle digitale Dermatoskopie (SDD)
  • EIS-Impedanzmessung
  • SDD + EIS
Damit komme man dann doch in einen relativ sicheren Bereich, so der Referent.

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Gemessen wird über eine Sonde, die auf einem 5 x 5 mm großen Feld mit kleinen, dreieckigen, 150 µm langen Goldspikes bestückt ist. Diese werden durch festen Druck acht Sekunden auf die zuvor befeuchtete Hautstelle gedrückt, ohne die Haut zu verletzen. Die Sonde schickt dann elektrische Ströme bis 150 mV (75 µA) in 35 unterschiedlichen Frequenzen durch das Messfeld und erreicht über zehn verschiedene Messungen insgesamt vier Tiefen. Über Abweichungen im elektrischen Widerstand je nach Zellgefüge lassen sich so Entartungen des Zellwachstums identifizieren.

Pigmentierungsgrad für Messung nicht relevant

Verrechnet werden die einzelnen Messungen im System zu einem Score mit einer Skala von 1–10. Der Wert 1 repräsentiert dabei maximal unbedenkliche Zellstrukturen. Allgemein durchgesetzt hat sich in der klinischen Interpretation ein Cut-off von 4,0. Bei allem, was darunter liegt, kann man mit 99%iger Sicherheit davon ausgehen, dass es sich um eine gutartige Veränderung handelt. „Das Gerät gibt einem also die Sicherheit, dass kein malignes Melanom übersehen wird“, sagte der Experte. Etwas, das vor allem im Bereich amelanotisches Melanom – ja oder nein? – „sehr, sehr interessant“ sei, da der Pigmentierungsgrad für die Messung keine Rolle spielt. Auch weißer Hautkrebs lässt sich über das Verfahren mit bisweilen 100%iger Sensitivität erkennen. Entsprechend würde sich die EIS beispielsweise dazu eignen, zukünftig über Voranalysen die Resektionsränder zu definieren. Allerdings liegt die Spezifität im Mittel nur bei 38 %. Dies ließ sich selbst bei den neuen Geräten noch nicht wirklich verbessern. Für einen positiven prädiktiven Wert bedeutet das: Umso höher der Score, desto eher kann und muss man davon ausgehen, dass es sich um ein malignes Melanom handelt. Dabei stellt sich jedoch die Frage, was man in dem etwas „schwammigen“ Mittelbereich macht. Jenem Bereich, in dem sich auch der größte Teil der falsch-positiv bewerteten Muttermale befinde. Bei Scores zwischen vier und sieben Punkten – und wenn keine anderen Indizien für eine Exzision sprechen – empfahl der Referent eine sequenzielle dermatoskopische Bildanalyse, kombiniert mit einer EIS.

Gerät nicht als Konkurrenz zu bisherigen Verfahren sehen

Generell ist die Impedanzspektroskopie nicht nur aus Kostengründen kein Ersatz für das herkömmliche Hautkrebsscreening, betonte Prof. Braun-Falco.

Ein EIS mit Sonde, bitte!

Generell lässt sich die EIS-Messung über die GOÄ-Ziffer 840A abrechnen. Entsprechend GOÄ §6 (2): „Elektrische Impedanzspektroskopie der Haut zum Ausschluss Melanomverdacht“. Bei einem 2,3-fachen Satz erhält man daraus 93,84 Euro, erklärte Prof. Braun-Falco. Eine Kombination mit den Ziffern 612 oder 750 sei ebenfalls möglich. Allerdings liegen die Sachkosten u.a. für die Goldsonde, die man von Patient zu Patient wechseln muss – berechnet gemäß GOÄ §10 – bei 41,65 Euro (PZN-Nummer Sachkosten 11732404). Der Preis für das Gerät selbst liegt laut Prof. Braun-Falco „so um die 6000 Euro“.